Secret Service Band 1 – Kapitel 8
Francis Worcester Doughty
Secret Service No. 1
Old and Young King Brady Detectives
Black Band
Oder: Die zwei King Bradys gegen eine unnachgiebige Bande
Eine interessante Detektivgeschichte aus dem Jahr 1899, niedergeschrieben von einem New Yorker Detektive
Kapitel 8
Dune bekommt Besuch
Aber was ist mit Old King Brady?
Der alte Detektiv hatte Young King Brady in Ruhe gelassen, um sein Treffen mit Jayne fortzusetzen, da er keinen Verrat vermutete, während er sich auf ein ganz anderes Unternehmen einließ.
Es war eine Reise nach White Plains.
Er war bestrebt, die Bande zu verfolgen, die James Whittridge gefangen hielt. Er glaubte, dass sich nun, da Jayne in New York war, eine gute Gelegenheit bieten würde, Whittridge zu befreien.
Und das wollte er auch tun.
Es wäre, als würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Er hatte genügend Vertrauen in die Fähigkeit von Young King Brady, mit Jayne und seiner Bande fertig zu werden.
Er dachte nicht im Traum daran, dass die Bande bereits von Hector Reids Identität mit Young King Brady wusste.
Wäre er sich dessen bewusst gewesen, hätte er einen ganz anderen Weg eingeschlagen.
Also machte er sich auf den Weg nach White Plains.
Die Taverne von Jed Dune in diesem Teil von Westchester County war ein altes Relikt aus der Kolonialzeit.
Es hieß, sie sei einst das militärische Hauptquartier Washingtons gewesen, womit die lange Liste dieser bemerkenswerten Orte um einen weiteren ergänzt wurde.
Wie dem auch sei, Dunes Taverne war eine merkwürdige alte Hütte.
Sie wurde sicher nicht offen gehalten, um Sommergäste zu bewirten, und was das Reisen anging – das war leicht.
Nein, man munkelte, dass Dune nicht um derartige Gunst buhlte. Dass sein Lokal nur dem Namen nach eine Taverne war.
Aber es war erwiesen, dass große Gruppen von Männern dort zu verschiedenen Zeiten gesehen wurden.
Es wurde auch berichtet, dass an diesem Ort in aller Stille Schießereien, Hundekämpfe und sogar Faustkämpfe ausgetragen wurden.
Es wurde auch geflüstert, dass Dune mit der Black Band in Verbindung stand und dass ein Teil der gestohlenen Beute zuweilen bei ihm zu finden war.
Bislang hatten die Detektive Dune und seinen Ort seltsamerweise nicht beachtet.
Selbst jetzt wurde Old King Brady nur durch den Bericht, dass Whittridge dort eingesperrt war, dazu bewogen, dorthin zu gehen.
Andernfalls wäre es ihm nicht in den Sinn gekommen, den Ort zu besuchen.
So geschah es, dass es eines dunklen Abends an der Tür von Dunes Taverne klopfte.
Im Hauptraum des Lokals saß der Besitzer selbst mit vier oder fünf übel aussehenden Gestalten. Sie hatten geraucht und sich unterhalten.
Das Klopfen an der Tür war nicht von der sanftesten Sorte.
»Wer ist da?«, brüllte Dune. »Macht euch aus dem Staub und kommt nicht wieder, um den Frieden zu stören.«
»Ahoi!«, war eine raue Stimme zu hören. »Aufmachen! Ich will ein Bett für die Nacht.«
»Ach so, ja?«, kicherte Dune. »Na, dann mach es dir doch selbst.«
»Mach auf, bevor ich die Tür eintrete.«
Mach auf, bevor ich die Tür eintrete.«
Dunes Zornesröte stieg auf.
»Du meine Güte!«, keuchte er. »Tritt die Tür ein! Tritt meine Tür ein und lebe, um davon zu erzählen! Was ist das nur für ein Mensch, möchte ich wissen?«
Wütende Schläge prasselten gegen die Tür.
Dunes Kumpane zückten gefährlich aussehende Messer, und einer von ihnen sagte: »Sag ein Wort und wir erledigen ihn, Dune!«
»Wartet!«, sagte Jed mit einem Fluch. »Ich bin neugierig, den Kerl zu sehen.«
Daraufhin trat er zur Tür und entriegelte sie. Sie wurde ihm direkt vor der Nase zugeschlagen, und eine riesige Gestalt fegte ihn weg wie eine Fliege.
Ein Mann von bemerkenswertem Aussehen betrat die Taverne.
Er hatte große, dicke Augenbrauen, einen buschigen Bart und ungekämmtes Haar. Seine Augen leuchteten wie Diamanten.
Er war in grobe und etwas zerlumpte Kleidung gekleidet und hatte einen schweren Rucksack über der Schulter hängen.
Er betrat den Raum und warf sein Bündel mit einem Klappern mitten auf den Boden. Darin befand sich billiges Blechgeschirr.
Er blickte sich im Zimmer um.
»Feine Idee, einen Mann in einer Nacht wie dieser abzuweisen!«, brüllte er. »Wozu habt ihr eine Taverne?«
Jed Dune war verblüfft.
Er starrte den ungehobelten und dreisten Menschen an, der es gewagt hatte, in seine Behausung einzudringen.
Dann schaute er zu seinen Kumpanen.
Sie waren ebenso erstaunt.
»Was!« begann Dune wütend. »Wisst Ihr überhaupt, auf welchen Baum Ihr Euch da setzt?«
»Ich werde es euch gleich zeigen, wenn ihr mir nicht etwas Proviant besorgt«, brüllte der fremde Gast. »Mein Name ist Jack Hemstraw und mein Geld ist so gut wie das von jedem anderen.«
»Aber das hier ist keine Taverne«, warf Dune schwach ein.
»Das ist keine Kneipe?«, brüllte Hemstraw und zog ein paar gefährlich aussehende Revolver aus seinen Stiefelschäften. »Nein, nicht wahr? Dann mache ich es mit deiner Erlaubnis zu einer.«
In ihrem ganzen Leben waren Dune und seine Bande noch nie so verblüfft gewesen.
So brutal sie auch waren, dieser Jack Hemstraw hatte sofort ihren Respekt und ihre Furcht gewonnen.
Instinktiv erkannten sie in ihm einen Meister. Seine Revolver sahen grässlich aus, und Dune beeilte sich, einen Kompromiss zu schließen.
»Alles klar, Nachbar?«, rief er. »Ihr könnt etwas zu essen haben, aber ich mache kein Geschäft daraus. Wo in Moses’ Namen kommst du denn her?«
Hemstraw steckte seine Revolver weg und lachte krächzend.
»Wenn ich das sagen würde, würdet ihr es wissen. Ich komme von überall und nirgends. Aber ich bin Jack Hemstraw und das reicht.«
Dann deutete er auf geheimnisvolle Weise mit einem Finger auf Dunes Gesicht und flüsterte: »Du würdest deine Seele für einen Kupfercent verkaufen, und ich verwette meine Dukaten darauf. Ich kann es in deinem schlauen Gesicht sehen!«
Dune errötete wütend. »Pass auf!«, knirschte er. »Wir sind ein Dutzend zu eins!«
»Das ist mir scheißegal! Du tust mir nichts, und ich tue dir nichts. Wir sind vom gleichen Schlag. Siehst du? Vielleicht kann ich dir mal zeigen, wie man bequem zehntausend klauen kann.«
Dunes Gesicht hellte sich auf.
Seine Kumpane murmelten Zustimmung.
»So ist es«, rief einer von ihnen. »Wir sollten uns nicht mit unseren eigenen Leuten streiten.«
»Dann ist das klar?«, fragte der Besucher. »Wir reisen mit demselben Wagen?«
»In Ordnung«, stimmte Dune zu.
Eine schlaksige Frau brachte nun etwas zu essen herein.
Hemstraw verschlang es mit einem Heißhunger. Als er sich vollgestopft hatte, sagte er: »Kameraden, ich bin kein gemeiner Mann. In meinem Rucksack ist gutes, flüssiges Zeug, und ich habe etwas Staub dabei. Seht ihr?«
Er hielt eine große Handvoll Geldscheine hoch.
Die Augen der Raufbolde glitzerten.
»Ich habe eine gute Beute gemacht, und ich gebe euch die Chance, etwas davon zu gewinnen. Holt eure Scheine, was meint ihr?«
»Ich bin dabei!«, rief Dune.
»Ich sage«, rief einer aus der Bande, »du bist der Lebhafteste, der seit Langem auf dieser Ranch war.«
Hemstraw lachte nur.
»Hätten wir gewusst, dass du aus dieser Art von Holz bist, hätten wir dich gar nicht erst vor die Tür gesetzt«, sagte Dune.
»Das ist schon in Ordnung«, sagte Hemstraw. »Ich habe hier vor Ort in der Stadt eine Spur gelegt. Ich wusste, dass ich hier fündig werden würde.«
»Aus welchem Teil des Country kommst du eigentlich?«, fragte einer der Raufbolde.
Hemstraw verschränkte die Arme und strich sich einen Moment lang nachdenklich über seinen dichten Bart.
»Ich würde diese Frage beantworten, wenn es nicht zu lange dauern würde«, sagte er. »Wenn ihr mir erklärt, dass ich aus dem ganzen Country komme, könnt ihr es verstehen.«
»Dann bist du ein Reisender?«
»Ja, ich habe so ziemlich jeden Teil der Vereinigten Staaten betreten.«
»Du verkaufst dieses Zeug?« Sie zeigten auf das Zinngeschirr.
Hemstraws Lippen schürzten sich. »Hm!«, sagte er. »In diesem verfluchten Gewerbe muss man einen Sack dabeihaben. Es gibt so viele verfluchte Detektive, die einem auf den Fersen sind!«
»Du hast recht!«, stimmten alle ein.
»Verdammt, wenn sie mich in Ruhe lassen würden, könnte ich ein ehrliches Leben führen. Früher konnte ich sehr gut mit Betrügereien umgehen. Aber das ist jetzt vorbei. Jeder Ladenbesitzer hat die Tricks in petto.«
Die Menge brüllte.
»Es gibt einen Sohn seiner Mutter, hinter dem ich her bin«, sagte Hemstraw bissig. »Und wenn ich ihn in die Finger kriege, ist es aus mit Old King Brady«, sagte Hemstraw.
Sogar Dune stimmte in den zustimmenden Ausruf ein.
»Aber wir haben jetzt einen Schlachtplan«, rief Dune. »Unser Boss hat sich eine tolle Sache ausgedacht. Du kannst darauf wetten, dass Old King Brady uns nicht mehr verfolgen wird.«
»Ach nein?«, knurrte Hemstraw. »Darauf würde ich gerne wetten!«
»Ich gehe mit!«
»Abgemacht!«
Hemstraw schnaufte und prustete, dann fragte er nach: »Was für eine Art von Spiel ist es?«
Dune nickte verständnisvoll. »Mach dir nichts draus«, sagte er geschickt.
»Moment mal!«, brüllte Hemstraw. »Ich will wissen, wie ihr Old King Brady fertigmachen wollt?«
»Du möchtest das, ja?«
»Ja.«
»Das wäre jetzt geklärt.«
»Nun, das ist es nicht.«
Hemstraw starrte Dune an. Dann griff er nach vorn und packte ihn am Kragen, wie eine Katze ein Kätzchen hochhebt.
Er warf ihn über den Tisch und brüllte: »Sag’s mir, oder, bei Gott, ich reiß dir den Arsch auf! Raus damit! Wie willst du Old King Brady erledigen?«
Dune schnaufte, stöhnte und versuchte, sich zu befreien.
Die anderen Mitglieder der Bande sahen einander bedrohlich an, bis Hemstraw ihnen zuzwinkerte.
Das vermittelte ihnen den Eindruck, dass alles ein großer Scherz war, und sie grinsten nur und sahen zu.
»Ja, ja, verflixt, lasst mich los«, flehte Dune. »Ich erzähle es dir, in Ordnung.«
Hemstraw ließ den kleinen Schurken herunter und sagte: »Aber belüge mich nicht, denn wenn du das tust, ist es aus mit dir. Ich will die Wahrheit wissen.«
»Na gut!«, stotterte Dune. »Wir haben uns einen Köder ausgedacht.«
»Ein Lockvogel? Ha, ha! Das wird nicht funktionieren.
»Nein, nicht?«
»Nee. Man kann Old King Brady nicht ködern, er ist zu schlau.«
»Mach dir nichts vor«, sagte Dune listig. »Er wird nicht allzu clever sein für diesen Köder, darauf kannst du wetten.«
»Was ist es?«
»Das weiß ich selbst nicht«, antwortete der Wirt. »Das ist ein Spiel, das Jayne, einer aus unserer Bande, ausgeheckt hat.«
»Jayne – ein junger Kerl?«
»Jawohl.«
»Hm!«, rief Hemstraw aus. »Ich habe schon von ihm gehört. Na gut, wir reden später darüber.«