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Hanns Heiling … – Teil 9

Friedrich Wilhelm Bruckbräu
Hanns Heiling, vierter und letzter Regent der Erd-, Luft-, Wasser- und Feuergeister und sein Kampf mit den Teufeln der Hölle
Eine höchst merkwürdige, abenteuerliche und wundervolle Ritter-, Räuber-, Geister- und Teufelsgeschichte
Verlag der J. Lutzenberger’schen Buchhandlung, Altötting, 1860

Verbannt

Nach 9 Jahren, als der Hanns Heiling getaufte Knabe 15 Jahre alt und ein bildschöner Jüngling geworden war, stellte ihm die nun 27-jährige Hofdame Gisela zudringlich nach, aber vergebens, da von dem Burgkaplan eine religiöse und moralische Erziehung genossen hatte, weshalb sie aber auch den größten Hass auf ihn warf und sich grimmig zu rächen gelobte. Kurze Zeit darauf starb die Markgräfin Ludmilla. Nach dem Ende des Trauerjahres heiratete der Markgraf das Ritterfräulein Gisela, die schon lange ihr Netz gegen ihn ausgeworfen hatte. Gisela benutzte nun die Macht, an dem schuldlosen Jüngling sich zu rächen, indem sie sich beklagte, dass er ihr schon öfter unziemliche Anträge gemacht habe.

Ungeachtet seiner Liebe, zu der ihn die unwürdige Gisela betört hatte, glaubte der Markgraf doch nicht an die Schuld des sittlichen guten Jüngling; aber des lieben Hausfriedens wegen willigte er ein, dass er vom Hof zu Horgatz entfernt und auf die markgräfliche Burg Ullitsch gesendet werde, an dessen Vogt Gisela ihm ein Schreiben mitgab.

Während sie auf der Jagd war, nahm Hanns Heiling von dem Markgrafen Abschied, wobei dieser Tränen der Rührung vergoss.

»Die Verleumdung treibt mich von Euch fort, gnädigster Herr!«, sagte Hanns Heiling, »aber ihr werdet Euch bald überzeugen, dass ich unschuldig bin, und sehne ich mich nach dem Augenblick, wo Ihr mir dann Eure Gunst wieder schenken werdet.«

Dies versprach ihm der Markgraf, der ihn überaus liebgewonnen hatte.

Als der Burgvogt von Ullitsch das Schreiben Giselas gelesen hatte, sagte er dem Jüngling, dass er in der Burg als Stallknecht dienen müsse. Dies war aber eine Bosheit Giselas, welche ihr Gemahl gewiss nicht geduldet hätte. Dennoch hielt er ein Jahr lang aus und verrichtete seine Dienste pünktlich zur vollen Zufriedenheit des Burgvogtes, obwohl die übrigen Stallknechte wegen seines vornehmen Betragens ihn täglich spöttelten und auslachten.

Eines Abends übernachtete ein Bauer im Stall und erzählte, dass am vorigen Tag der Markgraf vom Söller der Burg aus einen Buhlen seiner Gemahlin Gisela mit seiner Armbrust erschossen habe, in dessen Armen liegend er sie sah im Zwinger unten. Entschlossen sei sie aufgesprungen und auf einem ungesattelten Ross davongesprengt.

Jetzt wird der Markgraf wieder an meine völlige Unschuld glauben, dachte sich Hanns. Ich will zu ihm eilen!

Gedacht, getan! Als er am anderen Morgen mit den übrigen Stallknechten die Rosse spazieren ritt, blieb er etwas zurück, band sein Ross an eine Birke und flüchtete tief in den Wald hinein.