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Luna – Wolfsmond

Ian McDonald
Luna – Wolfsmond

Science-Fiction-Roman, Taschenbuch, Heyne, Mai 2017, 496 Seiten, 14,99 Euro, ISBN: 9783453317963, Übersetzung aus dem Englischen von Friedrich Mader

Der Kampf um die Rohstoffe des Mondes ist voll entbrannt. Vor anderthalb Jahren wurde die Mächtigste der fünf Familien, die sich auf dem unwirtlichen Mond mit seinen bizarren Kuppelstädten und seinem Hyperkapitalismus den Markt teilen, nahezu vernichtet. Das Familienoberhaupt Adriana Corta ist tot, die Corta Helio Corporation ist zerschlagen. Die vier verbliebenen Drachen, wie die einflussreichen Clans auf dem Mond genannt werden, versuchen das Machtvakuum zu füllen und nehmen dabei wenig Rücksicht auf ihre Gegner. Hinter jeder Ecke kann ein menschlicher oder maschineller Attentäter warten. Kidnapping oder Zwangsheirat auf Zeit – alles scheint in den liberalen Mond-Gesetzen irgendwie erlaubt zu sein, um an die Spitze zu kommen. Doch einer der überlebenden Cortas gibt nicht auf und flüchtet auf die Erde, deren höhere Schwerkraft seinen Körper fast zerbricht. Dort nimmt er Kontakt zu den verblieben Erdmitgliedern seiner Familie auf und schmiedet mithilfe der vom Mond abhängigen Erdstaaten einen Plan für die Rückkehr der Cortas auf den Mond.

Im zweiten Teil seiner epischen Luna-Trilogie setzt Ian McDonald genau dort wieder ein, wo die Katastrophe im Vorgängerband die fragile Clangesellschaft des Mondes auseinanderbrechen ließ. Was nun noch an Resten vorhanden ist, insbesondere beim Personal, muss sich neu sortieren, ersinnt Rachpläne und Intrigen, um an der Macht zu bleiben oder sich erneut hochzuarbeiten. Das umfangreiche Figurenensemble sowie die zahlreichen fremdsprachigen Begriffe und Bezeichnungen für Zeiteinheiten oder Verwandtschaftsbeziehungen sind die Leser bereits aus dem Vorband gewohnt – trotzdem helfen Personenverzeichnisse und Glossar ein ums andere Mal weiter, wenn es der eigene Kopf oder das eigene Sprachgefühl nicht mehr tun.

Als Mittelteil einer Trilogie ist Luna – Wolfsmond ein Roman in Lauerstellung, der für ausführliche Charakterisierungen und das Auspuzzeln neuer Allianzen Platz lässt. Auch hier gelingt es dem Autor wieder, atemberaubend spannende Szenen mit höchst dramatischen Ereignissen zu schildern, bei denen die Gefahren des unwirtlichen Mondes in Kombination mit den rücksichtslos egoistischen Geistern seiner Einwohner ein grausames Potenzial bergen. Insbesondere im letzten Romandrittel kommt es außerhalb der Städte auf der Mondoberfläche zu Kämpfen, bei denen jeder Fehltritt tödlich enden kann.

Ian McDonald schafft es meisterhaft, sein Science Fiction-Epos weiter auszubauen. LUNA – WOLFSMOND ist dabei inhaltlich ein wenig bodenständiger als sein Vorgänger, weil die Exotik des Settings bereits dort gut eingeführt wurde und hier langsam weiter ausgeschmückt werden kann. Die Figuren haben sich im Kopf des Leser etwas gefestigt, und man fragt sich nun nicht mehr bei jedem Namen, wie nun genau seine Verbindung zu anderen Häusern ist und wie die jeweiligen Sympathien untereinander verteilt sind. Das macht die Lektüre etwas einfacher, aber nicht weniger aufregend. Fordernd ist sie aber weiterhin – nicht nur wegen des Sprachmischmaschs, sondern auch wegen der Gravitas, die McDonald gerne in seine Formulierungen legt. Wer das üppige Szenario des ersten Bandes mochte, wird hier nicht enttäuscht und kann sich danach auch gleich auf den inzwischen erschienenen Abschlussband LUNA – DRACHENMOND stürzen, der – wie die gesamte Trilogie – einfach wahnsinnig gute Science-Fiction-Literatur ist.

(sv)