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Deutsche Märchen und Sagen 86

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

108. Bertolf von Zähringen

Eines Tages wandelten ein paar Männer in der Gegend des Berges Giber, der, irren wir nicht, in Sizilien liegt und ein gewaltiger Vulkan ist, und hörten eine Stimme, die rief: »Macht den Ofen zurecht!« Dieser Ruf wurde noch zweimal wiederholt.

Nach dem dritten Mal fragte eine andere Stimme: »Wofür denn?«

Und die erste Stimme antwortete: »Unser guter Freund kommt, der Herzog von Zähringen, der uns so viel Dienste schon bewiesen hat.«

Das machte die Männer aufmerksam und sie zeichneten den Tag und die Stunde auf, wo sie die Stimme gehört hatten, und meldeten alles dem Kaiser Friedrich, zugleich fragend, ob Herzog Bertolf vielleicht um die Zeit gestorben wäre. Bald darauf hörten sie, dass das in der Tat so war.

Bertolf aber war ein unmenschlicher Tyrann und so geizig, dass keiner ihm darin gleich kam. Als er am Tode lag, trug er seinen Vertrauten auf, all seine Reichtümer auf einen Haufen zu werfen und zu verbrennen. Da fragten ihn mehrere, warum er das wolle. Er antwortete: »Wenn ich all die Schätze so lasse, wie sie sind, können sich meine lachenden Erben leicht darin teilen. Sind sie aber zusammengeschmolzen, dann schlagen sie sich tot darum.«

Eine ähnliche Geschichte noch erzählt Caesarius von einem Schulzen von Lechenich, einem Dorf bei Köln. Einige Flämige, die über Meer zogen, hörten an demselben Berg die Worte: »Ach, da kommt unser Freund Siward, der Schulz von Lechenich!« Sie merkten Namen, Wohnort, Tag und Stunde an und erfuhren später, dass der Mann in demselben Augenblick gestorben sei.