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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXXII

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXXII. Sombrero als Büffeljäger. Schneesturm.

Sobald wir Abrechnung gehalten hatten, nahm ich einen Associé und ging auf die Büffeljagd, ein Geschäft, welches sich in diesem Winter sehr gut bezahlte. Wir hatten aber auch viel unter Stürmen zu leiden. Wir schafften uns einen leichten Wagen mit zwei Pferden an, Proviant für einen Monat und alles Nötige, was zwei Jäger und Krieger auf der Prärie gebrauchen.

Bald fanden wir einen Platz, um unser Hauptquartier aufzuschlagen. Es war eine Schlucht mitten in der Prärie, durch welche ein kleines Bächlein floss, mit einigen Baumwollbäumen und Weiden bewachsen. An einer Seite der Schlucht gruben wir unser Haus mit Feuerplatz, Kamin und anderen Bequemlichkeiten. Unser Wagentuch diente als Dach, eine Kiste war der Tisch, Stühle lieferten die Büffelschädel, das Buffett war eine alte Blechkanne. Da mein Partner eine Violine besaß und ich eine feine Salto mortale Stimme zum Singen, so schafften wir uns kein Pianino an, verbrachten aber dennoch die Abende in furchtbar musikalischer Unterhaltung. Nachdem alles eingerichtet war, machten wir uns ans Jagen, wobei wir miteinander abwechselten. Einmal ging ich voraus und sagte, während Joe mit dem Wagen nachfuhr und sich gleich daran machte, dem erlegten Wild das Fell abzuziehen. Wenn ich zwanzig bis dreißig Büffel geschossen hatte, was man oft in sehr kurzer Zeit zu Wege bringt, so half ich ihm dabei.

Am nächsten Tag ging Joe ans Jagen und ich blieb beim Wagen. Wir brachen meistens schon vor Tagesanbruch auf und kamen oft vor neun Uhr abends nicht nach Hause. Die Büffelhäute wurden, sobald sie abgezogen waren, zusammengerollt und in den Wagen geworfen, zu Hause dann zum Trocknen aufgespannt. Daneben stellten wir fortwährend Gift auf und vergifteten jede Nacht eine Anzahl Wölfe, deren Fell uns gut bezahlt wurde. Oft kam es vor, dass man sich einem gefallenen Büffel näherte, welcher wieder aufsprang. Da galt es, sich lebhaft zu sputen, um nicht aufgespießt zu werden. Mein Kamerad hatte einmal gerade den Ladestock im Gewehr, um es auszuwischen, als ein verwundeter Büffel auf ihn zukam. Er hatte nicht viel Zeit, vergaß den Ladestock und schoss die ganze Geschichte durch den Büffel. Den Ladestock fanden wir nicht wieder; der Jäger musste deshalb nach Kit Carson, um einen neuen zu kaufen. So oft wir eine gute Ladung Häute hatten, spannten wir an und fuhren zum Städtchen Kit Carson, wo wir unsere Felle verkauften, frische Vorräte anschafften und das übrige Geld, was oft eine bedeutende Summe war, teilten, um uns dann in der Stadt ein paar Tage Erholung zu gönnen. Es trafen immer einige hundert Jäger in der Stadt zusammen, dazu noch Hunderte von Fuhrleuten, die zu den verschiedenen Frachtzügen gehörten. Da jedermann viel Geld hatte und jeder es los werden wollte, ehe er wieder hinausging, so war hier ein Leben, wie man es selten sieht.

Die Trink- und Spielhäuser waren zum Ersticken voll und Tausende von Dollars wechselten Hände und blieben zuletzt in der Bank des Pharo-Spielers liegen. Besonders interessant waren die Spielhäuser und Tanzhallen. Die verschiedenen Kostüme und Bewegungen der Jäger und Mexikaner waren ein famoser Anblick. Hier tanzte ein Mexikaner in seinen besten Kleidern, neben ihm ein Jäger in schmierigem Buckskin-Anzug, das Haar durch die Krone des Hutes wachsend; dann einer in Hemdsärmeln mit Indianerschuhen an den Füßen usw. Dabei hatte jeder wenigstens einen Revolver und ein großes Jagdmesser im Gürtel hängen, was der Versammlung etwas Pikantes verlieh.

Weil die Büffelherden viel wandelten, so waren wir oft genötigt, unser Hauptquartier wochenlang zu verlassen, um den Büffeln zu folgen. Kamen Stürme im Norden, so zogen die Büffel südlich, und wurde das Wetter wieder schön, so wanderten sie nach Norden hinauf. Einmal, als sie südlich zogen und in der Nähe unseres Lagers sich schon seit einigen Tagen kein Büffel hatte sehen lassen, beschlossen wir, zum Horse Creek zu gehen, wo sie in großen Mengen sein sollten. Wir nahmen für einige Wochen Proviant und machten uns auf den Weg; den Fluss konnten wir aber bei Sonnenuntergang nicht mehr erreichen, darum hielten wir für die Nacht auf der hohen offenen Prärie etwa drei Meilen vom Horse Creek.

Das Wetter war schön, sodass wir es für unnötig hielten, unser Zelt aufzuschlagen. Wir legten es daher auf den Boden, machten unser Bett auf die eine Hälfte und benutzten die andere als Bettdecke. Es mochte ungefähr zehn Uhr sein, als ein furchtbarer Wind- und Schneesturm ausbrach. Da wir so schön auf der offenen Prärie lagen, so hatten wir das Benefice davon. Ich sprang auf, nahm die Koppeln von den Pferden, damit sie fortgehen und Schutz vor dem Sturm suchen konnten, und kroch dann schnell wieder zurück ins Bett. Der Wind wurde immer kälter, der feine Schnee blies, dass man seine Decken festhalten musste, um nicht das Bett voll Schnee zu bekommen. So lagen wir die ganze Nacht hindurch und am Morgen bis elf Uhr, als ich herauskroch und versuchte, ein Feuer zu machen. Ich konnte aber bei der schneidenden Kälte ein Zündholz nicht lange genug halten, um es ordentlich anbrennen zu lassen. Dabei musste ich immer hin und her laufen, um meine Füße vom Erfrieren zu bewahren. Nachdem ich eine Schachtel Zündhölzer verbrannt hatte, ohne etwas auszurichten, kroch ich eiskalt zurück ins Bett, wo ich mich auch nicht mehr erwärmen konnte. So blieben wir den Nachmittag über und die zweite Nacht hindurch liegen. Am nächsten Tag gegen zehn Uhr hatte sich der Sturm etwas gelegt. So stand mein Kamerad auf, um sein Glück zu probieren. Es gelang ihm auch nach vielen misslungenen Versuchen endlich ein Feuer in unserem eisernen Kessel anzubrennen, das er, sobald es tüchtig brannte, auf die Erde warf und eine Portion Holz, das wir im Wagen hatten, und Buffalo Chips darauf legte. Bald loderte ein helles Feuer auf. Joe hatte sich dabei zwei Finger und ein Ohr erfroren. Sobald das Feuer tüchtig brannte, machte auch ich meine Erscheinung. Wir schoben unseren Wagen zum Schutz gegen den Wind vor, spannten unser Zelttuch herum, schmolzen Schnee und nun hatten wir bald einen Kessel Kaffee, den wir heiß hinunter tranken. Dadurch wurde uns neues Leben eingeflößt. Den Tag verbrachten wir am Feuer sitzend und Fleisch essend, denn wir hatten das Versäumte nachzuholen.

Am nächsten Morgen war das Wetter schön, die Sonne schien, und wir machten uns auf den Weg; Joe, um die Pferde zu suchen. Ich ging zum Horse Creek, borgte ein paar Pferde von bekannten Jägern und holte meinen Wagen zum Fluss, wo ich mich häuslich einrichtete. Nach acht Tagen kam Joe mit den Pferden zurück. Während des Sturmes kampierten zwei Büffeljäger ungefähr eine Meile von uns entfernt. Vier Meilen weiter war eine Hütte aus Baumstämmen gebaut, in welcher ebenfalls Jäger wohnten. Erstere hatten ein Zelt ausgeschlagen, welches aber gleich zu Beginn des Sturmes weggeblasen wurde. Dadurch wurden ihre Decken so sehr von dem feinen Schnee bedeckt, dass sie die Kälte nicht mehr aushalten konnten, sondern beschlossen, nach der vier Meilen entfernten Hütte zu eilen. Der eine lief zu Fuß und erreichte die Hütte mit erfrorenen Ohren, während der andere auf ein Pferd sprang, um schneller das Ziel zu erreichen. Als er aber hinkam, musste er vom Pferd gehoben werden. Erst nachdem man ihn einige Zeit mit Schnee eingerieben hatte, kam er wieder ins Leben zurück, war aber so erfroren, dass er kurze Zeit darauf im Hospital von Fort Lyon starb. Von allen Gegenden brachten die Jäger Kameraden herbei, welche Hände, Füße usw. erfroren hatten und übergaben sie den militärischen Hospitälern, die einzigen in der Nähe.

Inzwischen trieb uns der Sturm die Büffel wieder herunter und wir machten kurze Zeit lang noch sehr gute Geschäfte. Als aber auf einmal der Preis für Häute über die Hälfte herunterging, zogen wir nach Kit Carson. Auf diesem Weg hatten wir noch einen kleinen Sturm zu bestehen. Als ich mich abends zur Ruhe begab, deckte ich ein frisches Büffelfell, das eben erst abgezogen war, über mich. Weil frisch, war es natürlich sehr schwer und legte sich so an meinen Körper, dass ich während der Nacht in Schweiß geriet Als ich mich aber umdrehen wollte, konnte ich mich nicht rühren, denn das Fell lag wie angegossen um mich, und war so hart gefroren wie ein Felsen, Am Morgen befreite mich mein Kollege aus meinem Gefängnis. Ein Glück war es, dass ich nicht allein war, sonst hätte ich warten müssen, bis mich das warme Wetter aufgetaut hätte.

Am nächsten Tag schossen wir noch einige Büffel. Joe näherte sich einem derselben, um ihm die Haut abzuziehen. Da stand das Tier wieder auf, schaute Joe an und schüttelte voll Wut den Kopf. Jo wollte ihn schnell noch einmal schießen, konnte aber keine Patrone finden, da ich dieselben sämtlich neben mir im Wagen liegen hatte. Er suchte in aller Eile in seinen Taschen nach einer Patrone, jeden Augenblick erwartend, dass er von dem Büffel aufgespießt werde. Für mich, der sich im Wagen befand, war seine Aufregung höchst spaßig. Endlich stürzte der Büffel vorwärts und verendete, was aber Joe nicht bemerkte, denn sobald der Büffel eine Bewegung machte, lief er davon, erreichte in einigen Augenblicken den Wagen, lief aber erst einmal um denselben herum, immer denkend, dass der arme Büffel, welcher schon längst tot war, ihm dicht auf den Fersen folge. Als er sich endlich doch umsah und bemerkte, dass er von nichts verfolgt war, nahm er es mir ganz übel, dass ich so fürchterlich lachte.

Wir erreichten Kit Carson, verkauften unsere übrigen Felle und lösten die Firma auf. Joe schloss sich anderen Jägern an, während ich erst eine Woche in der Stadt verbringen wollte, ehe ich mich wieder auf die Prärie begab.