Im Gespräch mit Ben Calvin Hary zu Perry Rhodan Mission SOL 2 Band 8
Ben Calvin Hary
Perry Rhodan
Mission SOL 2, Band 8
Das Gelbe Universum
Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 26. Juni 2020, 64 Seiten, € 2,50, Titelbild: Arndt Drechsler
Die PERRY RHODAN Online Woche (PROW), veranstaltet von der PRFZ und dem Wiener PERRY RHODAN-Stammtisch, hat uns alle ein bisschen beschäftigt. Hier nun das Interview zu Band 8 der aktuelle Miniserie.
Einige Aufzeichnungen von PROW finden sich hier.
Ein erster Conbericht findet sich in der Juli-Ausgabe des Corona Magazine. Und nun geht es um Das Gelbe Universum.
Alexandra Trinley: Ben, was sieht man auf dem Titelbild?
Ben Calvin Hary: Ach Gott, da muss ich selbst schauen (lacht). Es ist verblüffend, wie schnell man seine eigenen Romane nicht mehr präsent hat, sobald man mit dem Kopf schon wieder beim nächsten Projekt ist.
Also das ist eine kleine Raumschlacht. Ein Kugelraumer, ein Traitank, ein Stern und ein Planet. Es hat ein bisschen Überzeugungsarbeit gebraucht, Arndt Drechsler auszureden, einen Sternenhintergrund einzuziehen. Ohne zu spoilern: Das hätte nicht zum Roman gepasst.
Alexandra Trinley: Wie kamst du auf den Titel?
Ben Calvin Hary: Normalerweise befruchtet der Inhalt ja das Titelbild. Allerdings kenne ich das von meiner Arbeit für Bastei auch andersrum, dass da manchmal ein Redakteur zu dir kommt und sagt: »Ich hab da ein tolles Titelbild gekauft, schreib mal einen Roman dazu.« Das erinnert dann gelegentlich ein bisschen an Aufgaben im Deutschunterricht, aber ein Stück weit ist man als Autor ja Verlagsdienstleister, insofern hat mich das nie gestört.
Hier wars nun so, dass die ersten Titelbilder schon raus waren, als das Exposee in mein Postfach flatterte. Arndt stellt seine Miniserien-Staffeln ja stets unter ein farbliches Motto: Bei OLYMP wars beispielsweise Rot, hier ist es jetzt Gelb. Der Titel Das Gelbe Universum kam zustande, nachdem ich die ersten Cover gesehen hatte, der Gelb-Aspekt des Romans ebenso. Ich fand, das passt zusammen.
Alexandra Trinley: Dein Held, Ennyas Anchi ist ein recht unbedarfter Jugendlicher, der durch die Handlung stolpert und damit sogar Erfolg hat. Kannst du dich mit ihm identifizieren?
Ben Calvin Hary: Erinnert dich das denn an mich? (zwinkert) Ernsthaft, Anchi hat den Vorteil, dass er eine greifbare Figur ist und eine, die mir erzähltechnisch entgegenkommt, weil der innere Konflikt so klar definiert ist. Charakterlich ähnelt er einem Figurenarchetyp, der gern auch mal durch meine eigenen Romane geistert, hauptsächlich denke ich an Professor Koshkin. Vielleicht steckt dahinter Vergangenheitsbewältigung. Menschen, die sich aufblasen, um sich selbst und die Welt von ihrer Angst vor der eigenen Minderwertigkeit abzulenken, waren mir schon seit frühster Kindheit zuwider. Ich glaube aber auch, dieses sogenannte Impostor-Syndrom kennt fast jeder Mensch.
Alexandra Trinley: Anchi als Perspektivfigur bewirkt, dass eher beobachtet als reflektiert wird. Was ist der Vorteil, was ist der Nachteil?
Ben Calvin Hary: Der Roman schildert ja eine Handlung, die die Figuren vor sich hertreibt. Auch von daher bleibt wenig Zeit zur Reflexion. Ich finde aber, Ennyas Anchi reflektiert schon sehr viel, es ist eben nach innen gewandt und destruktiv. Er sucht förmlich nach Gründen, sich selbst doof finden zu können und hofft gleichzeitig, dass es sonst niemandem auffällt. Die »externe« Reflexion, wenn du so möchtest, also dass er am Ende zum Helden wird, kommt nicht von ihm selbst. Mahlia Meyun muss ihm diesen Gedanken eingeben. Es ist eben Anchis innerem Konflikt nicht gegeben, anders abzulaufen.
Von Vor- oder Nachteilen würde ich gar nicht zwangsläufig sprechen, höchstens vielleicht: Figuren mit anderen Konflikten erzeugen unterschiedliche Geschichten. Romane erschließen sich dir als komplexe Tautologien, sobald man gelernt hat, Figuren als Axiome zu betrachten. Aber wir werden jetzt sehr erzähltheoretisch.
Alexandra Trinley: Auf der Reise begegnen unsere Helden vielen skurrilen Gestalten. Welche waren vom Exposee vorgegeben, welche hast du frei gestaltet?
Ben Calvin Hary: Vereinfacht kannst du sagen: Alles, was im Gefängnis auf Nygnard erstmals auftaucht, stammt von mir. Der restliche Roman hangelt sich sehr eng am Exposee entlang, wenn ich das so sagen darf.
Alexandra Trinley: Nun möchte ich nicht fragen, welches Verhältnis zu Salat du hast. Zerbone, Kuum … welchen Protagonisten empfindest du als den negativsten?
Ben Calvin Hary: Meinst du negativ im Sinne von »moralisch böse«? Ich bin mir nicht sicher, ob es mir immer gelingt, das rüberzubringen, aber solche Dualismen versuche ich eigentlich zu meiden. Ich empfinde Figuren dann als rund, wenn sie gute Seiten ebenso haben wie Macken, an denen die anderen sich reiben, damit dadurch der Plot vorangetrieben werden kann – da sind wir wieder bei Axiomen und Tautologien. Insofern habe ich keinen »Bad Boy« und daher kommt es, dass viele meiner Figuren oft ambivalent und keine strahlenden Heldenfiguren sind. Diese Sachen sind bei mir sehr technisch in der Anlage. Es ist aber klar, dass die Motivationen von Figuren in einem zweiwöchentlich oder wöchentlich erscheinenden Heftroman oft weniger tief gehen als in einem Roman, an dem der Autor monatelang gefeilt hat. Grundsätzlich führe ich aber keine Punktelisten, wer jetzt der Böseste ist, meine Figuren haben einfach alle Dreck am Stecken. Die Frage muss also lauten: Mit welchen Macken welcher Figur kannst du als Leser dich am vorteilhaftesten identifizieren?
Beantwortet das deine Frage?
Alexandra Trinley: Ich meine mit »negativ« nicht »moralisch böse«. Welche stößt dich am meisten ab?
Ben Calvin Hary: Wirklich abstoßend fand ich eigentlich keine der Figuren. Wenn ich mich auf eine festlegen müsste, würde ich sagen: Der Kuum, weil er sich zum Nutznießer der Situation macht, ohne Verantwortung für seine Untaten zu übernehmen – bzw. dafür, dass andere ihm solche anreden, er selbst wird sich ja im Recht gewähnt haben. Ein solcher Mangel an Selbstreflexion, ich erwähnte es weiter oben, ist mir zuwider.
Alexandra Trinley: Die Geschichte der SOL ist weit umfangreicher als die Miniserie. Stellen wir uns vor, du könntest in einer beliebigen Zeit in einer beliebigen Identität einige Zeit auf ihr verbringen.
Ben Calvin Hary: Schwierig. Die Natur der Handlung setzt voraus, dass das Leben auf der SOL zu jeder Zeit, von der wir wissen, von Katastrophen, Dramen und Tragödien gezeichnet war.
Alexandra Trinley: Eine Woche oder ein Jahr?
Ben Calvin Hary: Ich würde auf eine der »Lücken« zwischen PR 999 und ATLAN 500 bzw. zwischen »Chronofossilien«- und »THOREGON«-Zyklus setzen. Aus dieser Zeit wissen wir fast nichts über die SOL. Ich spekuliere, dass es da ein oder zwei ereignislose Jahrhunderte gab, in denen ich mein Leben unbehelligt hinter mich bringen könnte.
Alexandra Trinley: Hast du in letzter Zeit etwas für PERRY RHODAN NEO geschrieben?
Ben Calvin Hary: Ja, zwei Romane. Band 227 ist erschienen, Band 235 ist gerade im Lektorat. Der erscheint im September 2020. Ich darf jetzt schon verraten, dass das nicht der letzte war.
Alexandra Trinley: Worum ging es da?
Ben Calvin Hary: Im ersten Roman schildere ich ein Abenteuer im Arkon-System, wo Perry Rhodan und seine Mitstreiter auf ein Geheimnis des neuen Imperators stoßen. Über den zweiten will ich noch nichts verraten, da er noch nicht erschienen ist. Der Titel lautet Das Mausbibergrab. Nein, darin kommen keine Ilts zu Tode. Zumindest nicht viele. Oder sagen wir, keine berühmten. Oder doch? Ach, ihr werdet den Roman wohl selbst lesen müssen.
Alexandra Trinley: Du betreust den YouTube-Kanal der PERRY RHODAN-Redaktion. Welche Projekte liegen da an?
Ben Calvin Hary: Wir denken da mehr von Folge zu Folge, wobei ich den »Spoiler-Alarm«, also unsere Rubrik mit Handlungszusammenfassungen, bis Band 3100 schon komplett durchkonzeptioniert habe. Auf dem Papier zumindest, in Stein gemeißelt ist das alles nicht. Von daher kann man nicht von anstehenden Projekten sprechen. Was wir aber demnächst durchaus mal ausprobieren könnten, ist, auch mal nach anderen SF-Franchise oder Astronomie-Themen zu schauen, uns also thematisch etwas breiter aufzustellen. Da gibts Überlegungen zwischen der Redaktion und mir, aber bislang nicht mehr als das.
Alexandra Trinley: Du hast an der von der PRFZ und dem Wiener Stammtisch veranstalteten Online Woche teilgenommen. Was ist der Vorteil eines virtuellen Cons und was geht nur bei einem Con mit Anwesenheit?
Ben Calvin Hary: Direkt im Anschluss auf die Couch oder ohne Ablenkung weiterzuarbeiten, das geht beim »echten« Con natürlich nicht. (lacht) Ernsthaft, ich finde diesen Online-Con eine gute Sache und hoffe, dass wir sowas bald öfter bekommen. Von der technischen Hürde abgesehen ist die Hemmung, bei so einem Event teilzunehmen, viel geringer. Das Fandom braucht frisches Blut und die Romane jederzeit neue Leser, diese Veranstaltungen können der Serie also nur guttun. Ich glaube auch, dass ihre Existenzberechtigung von echten Cons unabhängig ist. Langfristig haben diese Dinger in meinen Augen das Potential, ein ganz anderes, viel breiteres und diverseres Publikum anzuziehen. Das fände ich großartig.
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(at)