Im Gespräch mit Olaf Brill zu Perry Rhodan Mission SOL 2 Band 6
Olaf Brill
Perry Rhodan
Mission SOL 2, Band 6
Das Licht in der Tiefe
Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 29. Mai 2020, 64 Seiten, € 2,50, Titelbild: Arndt Drechsler
Alexandra Trinley: Olaf, dies ist die zweite Miniserie über das Fernraumschiff SOL, an der du mitschreibst. Wann hast du die SOL kennengelernt, welcher Roman, welches Ereignis ist dir im Gedächtnis geblieben?
Olaf Brill: Ich weiß gar nicht, in welchem Roman ich zum ersten Mal von dem legendären Raumschiff SOL gelesen habe. Ich habe früher zuerst einige Einzelromane gelesen und dann versucht, zusammenhängende Abschnitte der Serie zu sammeln und zu lesen.
Richtig los als »aktueller Leser« ging es für mich dann mit Perry Rhodan 1000 und zeitgleich Atlan Nr. 500. Und da ging es in beiden Serien ja gleich um die SOL! Atlan startete damals mit dem Zyklus Die Abenteuer der SOL und erzählte, was passierte, bevor die SOL in der Perry Rhodan-Serie wieder auftauchte.
Und bei Perry Rhodan galt die SOL zunächst einmal als verschollen – wie früher oder später ja noch des Öfteren –, spielte aber im Hintergrund schon eine geheimnisvolle Rolle. Ich fand dieses Crossover total fesselnd und spekulierte fleißig mit, wie das alles miteinander zusammenhing. In den damaligen Heften muss es etliche Leserbeiträge von mir geben, vor allem bei Atlan.
Bevor wir letztes Jahr mit der Mission SOL anfingen, habe ich zur Einstimmung noch einmal die beiden Romane gelesen, in denen zum ersten Mal die SOL auftauchte: Perry Rhodan 700 Aphilie und 701 Sprung in die Freiheit, außerdem Marianne Sydows Perry Rhodan 1001 Die Jäger von Chircool, den ich übrigens großartig fand. Viele Leser mochten ja die Betschiden-Bände nicht, weil sie so weit weg waren von der aufregenden neuen Handlung um die Kosmische Hanse. Aber allein dieser Roman von Sydow ist phantastische, abenteuerliche Science-Fiction, wie ich sie gern lese. Er handelte von ein paar primitiven Planetenbewohnern, die aus der Besatzung der SOL hervorgegangen sind. Sie lebten auf einem Planeten weitab vom Schuss der damaligen Haupthandlung. Aber die Spannung für den Leser entstand dadurch, dass er ja bereits wusste, welch bedeutende Rolle die SOL spielen würde: Bei Atlan fieberten wir mit, wie es schließlich dazu kommen würde, dass die Betschiden auf Chircool landeten. Und bei Perry Rhodan wollten wir wissen, wie es danach mit der SOL weiterging.
Alexandra Trinley: Nun gibt es Mission SOL 2. Würde ein potenzieller Leser dich fragen, was davon man wissen muss, um die aktuelle Handlung zu verstehen, was würdest du sagen?
Olaf Brill: Die Handlung der neuen Miniserie kann verstanden und genossen werden, ohne dass man zuvor etwas von der SOL gelesen haben muss. Das ist ja das Konzept der Miniserien! Auch die Handlung der ersten Staffel Mission SOL muss man nicht kennen.
Tut man es doch, tun sich allerdings einige weitere Zusammenhänge auf. Es ist eher andersrum: Die neue Miniserie Mission SOL 2 soll neugierig darauf machen, weitere SOL-Geschichten in der Perry Rhodan-Serie oder Mission SOL 1 nachzulesen.
Alexandra Trinley: Dein Roman trägt den Titel Das Licht in der Tiefe. Wer hat das formuliert?
Olaf Brill: Das war Ping-Pong in einem Chat zwischen Exposee-Autor Kai Hirdt und mir. Ich glaube, Kai hatte einen Titel vorgeschlagen, der mir nur zum Teil gefiel, und dann probierten wir ein bisschen hin und her, und am Ende hatten wir den Titel Das Licht in der Tiefe, der uns beiden sehr gut gefiel.
Alexandra Trinley: Ich frage, weil ich aktuell den Viererband in der Erstauflage nachgeholt habe. In Ceres geht es auch in die Tiefe, es gibt die TESS QUMISHA passend zur Tess Qumisha der Miniserie und andere Parallelen mehr. Wie entsteht diese Verzahnung mit der Erstauflage?
Olaf Brill: In meinem Roman geht es nicht um die aus der Perry Rhodan-Serie bekannte »Tiefe«, gemeint sind die tiefen Stollen in einem Minenplanetoiden.
Eine enge Verzahnung einer Miniserie mit der Erstauflage, so wie es damals mit Perry Rhodan ab Band 1000 und Atlan ab Band 500 war, wäre in der Tat mal eine feine Sache! Ich glaube tatsächlich, dass Kai Hirdt einige Absprachen mit den Expokraten der Erstauflage trifft. Zum Beispiel geht Perry Rhodan in Band 2998 ja durch den Shod-Spiegel und landet dabei, wie wir in den Miniserien erfahren, auf der SOL. Was da noch alles an Querverbindungen kommt, müsstest du mal Kai fragen – oder warten, bis du es selbst in den Romanen entdeckst.
Alexandra Trinley: Hm. Da ist einiges sichtbar. Ich bin gespannt, was noch kommt. Übrigens, der Obelisk auf deinem Titelbild erinnert mich an die Miniserie Terminus, wo es ein toter Cyno gewesen wäre. Was hat es mit diesem hier auf sich?
Olaf Brill: Ich wusste sofort, dass Arndt Drechsler aus dieser Szene im Roman ein tolles Titelbild zaubern würde. Dabei hat er ein Objekt wie das abgebildete tatsächlich schon für das Cover zu Hermann Ritters SOL-Roman gemalt: Es ist eine abgestürzte Skapalm-Bark, ein Medo- und Experimentierschiff der Kolonnen-Anatomen.
Alexandra Trinley: Dein Kolonnen-Anatom heißt Feyauk. Was hat es mit ihm auf sich?
Olaf Brill: Oh, man darf bei mir nicht zu viel Bedeutung in die Namensgebung hineinlesen. Ich weiß ja, dass manche Kollegen da viele mehr oder weniger subtile Anspielungen unterbringen. Ich mach das in der Regel nie, schon um niemanden zu beleidigen. Ich suche auch nicht lange nach einem passenden Namen. Ich mach es so: Wenn ich einen Namen brauche, denke ich mir möglichst schnell einen aus, der gut klingt. Dann eine schnelle Suche bei Google und Perrypedia, ob der Name anderswo schon mal an bedeutender Stelle auftaucht. Dabei findet man überraschend häufig heraus, dass es schon eine Figur im Fantasy-Spiel World of Warcraft gibt, die so heißt, oder dass es ein türkischer Vorname ist oder eine Insel im Pazifik. Aber irgendwann passt es dann. Ich versuche, diesen Vorgang so kurz wie möglich zu halten (anders als diese Antwort, hehe).
Alexandra Trinley: Erzähle mir von der Erzkratzerin Cin.
Olaf Brill: Cin ist eine zierliche, befellte Kreatur mit spitzen Ohren und drei großen Augen, die als Minenarbeiterin auf dem Planetoiden Doliuto ein schweres Leben führt. Aber sie hat auch eine besondere Gabe und ist sehr mutig. Ihr gehört unser aller Herz (hoffe ich).
Alexandra Trinley: Laut Personenkasten agiert dein Einsatzteam in einem fremden Universum. Wie, denkst du, fühlt sich Strangeness an?
Olaf Brill: Darf ich kurz und drastisch antworten? Zum Kotzen.
Allerdings hat es in dieser Miniserie mit der Strangeness eine besondere Bewandtnis. Wenn ich nicht irre, wird das bereits in Hermann Ritters Roman geschildert: Beim Gang durchs Sphärenlabyrinth entstehen überraschenderweise keinerlei Strangeness-Effekte!
Alexandra Trinley: Dabei ist es schon strange, dass sich auf so einem Planetoiden eine Zivilisation entwickeln konnte, oder?
Olaf Brill: Ja, wir machen uns da die Tatsache zunutze, dass in einem »anderen Universum« andere Naturgesetze gelten (die wir bei einem kurzen Besuch für einen einzigen Roman nicht genauer spezifizieren müssen). Da können dann auch Dinge funktionieren, die fürs Heimatuniversum zu strange wären.
Alexandra Trinley: Was ich ebenfalls strange fand: Chefredakteur Klaus N. Frick ist bekannt dafür, dem Erzählen in der Gegenwart, im Präsens, sehr ablehnend gegenüberzustehen. Wie hast du es geschafft, die entsprechenden Teile des Romans durchzubekommen?
Olaf Brill: Oh, das ist eine wunderschöne Frage. Vielen Dank dafür! Die Gegenwartsform – auch noch in Verbindung mit der Ich-Erzählung – entstand beim Schreiben ganz automatisch, als ich das erste Kapitel des Danton-Handlungsstrangs schrieb. Da reflektiert Roi Danton zu Beginn über das Lügen und dessen Bedeutung in seinem bisherigen Leben – ein nicht unbedeutender Gedankengang, weil wir in Band 3 Dantons wahre Intentionen die ganze Zeit vor dem Leser versteckt haben. Da fühlte es sich in Band 6 einfach richtig an, auf Ich und Präsens zu gehen. Ich war selbst verblüfft darüber. Dann hab ich so weitergeschrieben, und überraschenderweise funktionierte das!
Als Kai Hirdt das gelesen hat, war er ebenso verblüfft wie ich: Wir waren beide der Meinung, dass so etwas normalerweise nicht passt, in diesem Roman aber aus irgendeinem Grund funktionierte.
Über Klaus Fricks Reaktion zu diesem Detail weiß ich nichts. Er hat sich nicht beschwert. Und ich glaube, der Roman hat ihm sehr gefallen.
Alexandra Trinley: War das der Grund, warum Band 3 durchgehend aus einer anderen Perspektive geschrieben ist?
Olaf Brill: Ja, genau. Wir wollten in Band 3 absichtlich verbergen, dass Danton das ganze Kommandounternehmen hauptsächlich aus dem Grund vorantreibt, seine alte Schuld zu begleichen. Also konnten wir nicht in seine Perspektive gehen, und ich habe mich entschlossen, die ganze Handlung aus der Perspektive des Neulings Ennyas Anchi zu schildern. Das hat dem Roman eine besondere Geschlossenheit gegeben: Die Handlung geht ständig aus Sicht genau einer Figur völlig linear voran.
Band 6 hat eine andere Struktur: Zwei Handlungsstränge werden abwechselnd aus wechselnder Perspektive erzählt, und der Leser ahnt von Anfang an, dass beide schließlich aufeinandertreffen. Einer dieser Stränge ist eben Dantons Sicht. Und da bin ich dann eben vollkommen auf seine Binnenperspektive gegangen, bis hin zur Ich-Form. Diesmal verraten wir dem Leser nämlich, was Danton während Band 3 die ganze Zeit gedacht hat.
Alexandra Trinley: Eine Materialfrage. Jene umkippende Kuppel – als Spoilerschutz möchte ich das nicht präzisieren – zerbricht nicht. Warum?
Olaf Brill: Die wird wohl aus einem anderen Material als Glas oder so bestehen. So etwas zählt einfach zu den geheimnisvollen Besonderheiten eines anderen Universums. Wir müssen ja auch die Handlung vorantreiben und können nicht jede Kleinigkeit erklären.
Alexandra Trinley: Zum Abschluss eine grundsätzliche Frage: Die im Bergwerk spielende Handlung erinnert an andere untertags angesiedelte Rhodan-Romane, wie zum Beispiel Vlceks Das Blut der Veronis (PR 2205). Anders geht es bei einer über so viele Romane erzählten Geschichte wohl auch gar nicht. Mit welchen Strategien verhindert man, in zu hohem Maße abzukupfern?
Olaf Brill: Oha, Das Blut der Veronis habe ich garantiert damals gelesen. Ich habe mich aber weder beim Schreiben daran erinnert noch den alten Roman nochmal hervorgeholt. Normalerweise wäre nämlich genau das meine Strategie gewesen: Ähnliche Romane noch einmal lesen, um eben nicht abzukupfern und es anders zu machen.
Alexandra Trinley: Noch eine Abschlussfrage: Mit zwei Romanen für Mission SOL 2 hast du das übliche Soll an Autorenaktivität pro Miniserie erfüllt. Wann geht es weiter?
Olaf Brill: Wenn ich nicht irre, habe ich zuletzt jeden fünften Miniserien-Roman oder so geschrieben, richtig? Wohin führt das? Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass es bei Perry Rhodan bald wieder etwas von mir zu lesen gibt.
Alexandra Trinley: Gut ausgewichen. Danke für die Antworten, Olaf.
Olaf Brill: Gerne.
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