John Sinclair Band 2062 – Inugami – die Rückkehr
Ian Rolf Hill
John Sinclair Band 2062
Inugami – die Rückkehr
Horror/Grusel, Romanheft, Bastei Lübbe AG, Köln, 16. Januar 2018, 66 Seiten, 1,90 Euro, Covermotiv: Néstor Taylor
www.john-sinclair.de
www.florian-hilleberg.net
»War das ein Tier, das da zwischen den Stützen der Arbeitsstraße hindurchlief? Schwarzes, wallendes Fell, das ständig in Bewegung zu sein schien und mit dem Schatten unter der Anlage verschmolz. Rote Augen glühten in dem Schädel des Viehs.«
Das Auftauchen menschlicher Leichenteile in einer Tierkörperbeseitigungsanstalt bedeutet einen neuen Fall für Chefinspektor Tanner und sein Team. Als noch ein menschlicher Kopf mit den Bissspuren eines Hundes auftaucht, ruft Tanner John Sinclair und Suko zu Hilfe. Ein Mitarbeiter der Anlage will außerdem einen großen schwarzen Hund gesehen haben, der plötzlich verschwunden ist. Die Beobachtung weckt bei Tanner Erinnerungen an den Inugami-Fall (siehe JS 2019 Inugami – die Bestie) der ein knappes Jahr zurück liegt.
Die Toten werden als Handlanger von Freddy Iron Man Beauchard identifiziert. Und noch bevor John und Suko dort eintreffen, hat der Inugami das Anwesen des Unterweltbosses erreicht und verwandelt das Haus in ein Schlachtfeld. Den Yard-Beamten gelingt es, den Inugami fürs Erste zu verscheuchen, doch der Auftrag des Dämons ist noch nicht erledigt. Im Haus der Conollys stellen John Sinclair und Suko dem Geist eine Falle.
»Ich aber machte mich auf den Weg und konnte nicht verhindern, dass eine Gänsehaut über meinen Rücken rieselte und sich die feinen Härchen im Nacken aufrichteten. Ich hatte die Jacke zwar im Haus gelassen und trug nur meinen dicken Pullover, doch dass ich erschauerte lag nicht an der Kälte, sondern an dem latenten Gefühl der Bedrohung. Der Inugami konnte jederzeit und überall zuschlagen.«
In John Sinclair 2062 holt Ian Rolf Hill den Inugami zurück, jenen Rachedämon aus der japanischen Mythologie, der nur von den Angehörigen bestimmter Familien beschworen werden kann. Hill versetzt die Figur in ein komplett neues Umfeld, bewahrt trotzdem die Wurzeln aus Teil 1. Großartige Leistung.
Dass Chefinspektor Tanner anhand einer eher vagen Zeugenaussage vom ersten Tatort gleich den Inugami wieder trapsen hört, ist vielleicht etwas vorschnell, doch muss man das hinnehmen. Danach entwickelt der Fall rasch eine treibende Dynamik, die sowohl dem Sinclair-Team als auch dem Leser kaum eine Verschnaufpause lässt. Ganz richtig klopfen die Beamten zuerst bei Chiko Yamamoto an, die aufgrund ihrer familiären Abstammung einen Inugami beschwören könnte, finden jedoch die Wohnung leer vor. Ein Umstand, der alles andere als beruhigend ist. Zwar liegen die Beamten mit ihrem Verdacht richtig, doch sieht Chikos Beteiligung anders aus, als zunächst vermutet. Ein schöner Story-Twist, der Inugami – Die Rückkehr nicht zu einer plumpen Wiederholung von Teil 1 werden lässt.
Weiterhin gelingt es dem Autor hervorragend, die Zwiespältigkeit von Freddy Beauchard herauszuarbeiten, so dass man selbst als Leser hin und her gerissen ist. Die Nerven des Iron Man liegen blank, seit der Yakuza-Boss Inoshiro Nagasaki ihm unverhohlen mit einem Inugami-Geist gedroht hat, sollte er nicht seinen Platz in der Nahrungskette für den Japaner frei machen. Beauchards Verzweiflung und Hilflosigkeit entladen sich in Wut und Gewalt gegenüber seiner Lebensgefährtin Natascha, die ihrerseits ihren kleinen Sohn um jeden Preis zu schützen versucht.
Im Finale mündet die Story mit der Verschanzung in der weitläufig einsehbaren Conolly-Villa in einen nahezu klassischen Western-Showdown. Als wäre das nicht genug, hält das Ende des Romans noch einen heftigen Paukenschlag bereit. Moralisch nicht sauber und damit umso wirkungsvoller.
Fazit:
Starker Fall der Woche, der auf einem vergangenen Abenteuer aufbaut und auf dieser Basis eine komplett neue Geschichte erzählt. Sehr stark, was die moralischen Grautöne angeht. Fehlt eigentlich nur noch das Rezept für Sheila Conollys weltberühmte Mini-Pizzen.
(eh)