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Der Konstanzer Hans Teil 29

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Neunundzwanzigstes Kapitel

Hans bekommt ein besseres Los.

Die vielen Verdienste, welche sich Hans um die Verminderung der Gaunerei erworben hatte, bestimmten den Oberamtmann in Sulz, darauf hinzuwirken, dass die Lage desselben erleichtert und verbessert würde. Die Stelle eines Hatschiers aber, die jener ihm verschaffen wollte, vermochte Hans wegen seiner geschwächten Gesundheit nicht anzunehmen. Sein sehnlichster Wunsch war, wenn er je einer Gnade teilhaftig werden und die Freiheit wiedererhalten sollte, unter die sogenannten freiwilligen Armen in dem Waisenhaus, das mit dem Zuchthause verbunden war, aufgenommen zu werden. Dieser Wunsch wurde 1788 erfüllt. Tränen des Dankes und der Freude entquollen seinen Augen, als man ihm dies nach seiner Rückkehr von Münsingen eröffnete. So war er also nur vier Jahre unter den Züchtlingen gewesen und erhielt nun mehr Freiheit. Doch schien er dieselbe nicht lange genießen zu sollen, denn er wurde von einem schweren Glieder- und Nervenfieber befallen, dessen Schmerzen oft ganze Nächte hindurch keinen Schlaf in seine Augen kommen ließen. Er glaubte seinen Tod nahe, dem er ohne Grauen entgegensah. Seinem Seelsorger sagte er in dieser Zeit: »Ich weiß, dass manche mir Schuld geben, meine Umkehr zum Guten und meine Gesinnungen seien nur Heuchelei. Aber Gott weiß es, dass es mir nur um meine Besserung und Seligkeit ernstlich zu tun ist.«

Hans erholte sich wieder und der Gebrauch des Wildbades befreite ihn von manchen Beschwerlichkeiten, obwohl das Übel nicht ganz gehoben wurde. Bald nach seiner Rückkehr von Wildbad, am Martinimarkt, erhielt er auf sein Ansuchen die Erlaubnis, auf den Markt zu gehen, wo er sich einiges einkaufen wollte. Ein Mann, den er im Wildbad kennen gelernt hatte, lud ihn zu sich in das Wirtshaus ein. Er ging und trank so viel, dass er ganz betrunken wurde. Hierauf besuchte er noch ein Weinhaus und trank sich einen solchen Rausch hin, dass er ganz bewusstlos nach Hause gebracht wurde. Am anderen Tag, als er sich seiner wieder bewusst war, begab er sich sogleich zum Vorsteher des Hauses, bekannte reuevoll sein Vergehen und bat flehentlich um Verzeihung, die er auch in Anbetracht der Umstände, jedoch mit einer ernstlichen Ermahnung erhielt.