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Deutsche Märchen und Sagen 64

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

66. Zwerge auf dem Hopfensöller

Die Erdmännlein oder Zwerge sind nicht alle einer Art. Einige sind gütig und traulich, werden darum Hausgeister genannt. Diese halten sich nachts gewöhnlich auf dem obersten Stock auf und scheinen Dienstbotenwerk zu verrichten. Man soll meinen, sie kletterten die Treppe herunter, öffneten die Türen, legten Feuer an, holten Wasser und deckten den Tisch, doch tun sie im Grunde nichts von dies allem. Da sie aus einigen Zeichen wissen, was noch geschehen wird, so hört man sie häufig lange voraus das tun, was später eintreffen soll.

Dies Letzte habe ich selbst in meiner Jugend in meinem elterlichen Haus zu Grane sehr oft erfahren. Wenn auf unserem Speicher viel Hopfen in Vorrat lag, hörten wir die Nacht vor dem Tag, wo Kaufleute kamen, um Hopfen zu kaufen, Hopfensäcke in Menge die Treppe herabwerfen. Wir waren stets erfreut darüber und sagten es unseren Eltern, denn wir konnten sicherlich darauf rechnen, dass wir am anderen Tag einen guten Handel machten.

67. Das Zwergloch zu Weingarten

Bei Weingarten in der Eifel sieht man auf der Höhe eines kleinen Hügels eine Höhle. Da haben in früheren Zeiten die Zwerge gewohnt. Die Höhle geht auch zwei Stunden weit unter der Erde fort bis in das Kloster Schwarzenbroich, wo sie im Keller einen Ausgang hat. Wenn es die Zwerge nach gutem Wein gelüstete oder sie ihren Freunden von solchem geben wollten, dann stahlen sie denselben aus dem Klosterkeller, wo er in Menge lag.

Auf dem Sommerhäuschen einer bei Weingarten gelegenen Burg sieht man noch heutzutage eine buntgemalte Figur und das ist das Bild von einem der Zwerge.

Wenn die Bauern aus der Umgegend an dem Zwergloch vorübergehen, dann werfen sie einen Stein hinein. Dadurch ist der Eingang nun so eng geworden, dass man nur mit großer Mühe noch durch kann.