Linus Geschke – Und am Morgen waren sie tot
Linus Geschke – Und am Morgen waren sie tot
Im Oktober 1997 machen zwei junge Pärchen einen Motorradausflug in die Eifel. Am Abend zelten sie im deutsch-belgischen Grenzgebiet, wobei sie die Zelte ein wenig entfernt voneinander aufstellen, damit jedem Pärchen ein wenig Privatsphäre bleibt.
Zwei Tage später findet man eins der jungen Paare tot im Wald, wobei die Frau zuerst vergewaltigt und dann ermordet wurde. Das zweite Pärchen allerdings wird von den Tätern offenbar nicht an Ort und Stelle ermordet, sondern die beiden jungen Leute, ebenfalls ein Mann und eine Frau, verschwinden spurlos.
Die Polizei klärt weder die Morde, noch das Verschwinden des zweiten Paares auf, und so werden die Fälle zunächst als ungelöst zu den Akten gelegt, bis Jan Römer, Journalist beim Nachrichtenmagazin Die Reporter, im Jahr 2016 über den Fall in seiner Rubrik Ungelöste Kriminalfälle berichtet und zudem Anstalten macht, selbst in diesem Fall zu ermitteln.
Als der erste Artikel in dieser Sache erschienen ist, ruft plötzlich ein Mann namens Frank Ginster in der Redaktion an und bietet Jan Römer Informationen darüber, was tatsächlich in der Nacht im Oktober 1997 passiert ist. Er weist darauf hin, dass die Redaktion – wie alle anderen Redaktionen auch – über einen größeren Betrag verfügt, den sie für solche Informationen ausgeben darf und fordert, dass Römer ihn trifft und Geld mitbringt. Römer soll zum ihm nach Euskirchen kommen.
Bevor Römer tatsächlich nach Euskirchen fährt, trifft er sich noch mit seiner Ex-Kollegin Stefanie Schneider. Sie hat eine Erbschaft gemacht, anschließend beim Magazin aufgehört und wird von allen nur Mütze genannt, weil sie ständig wechselnde Kopfbedeckungen trägt. Sie ist die Vertraute und gute Freundin des Journalisten, ohne mit ihm ein Verhältnis zu haben und hilft ihm bei Recherchen und bei seinen Ermittlungen, wenn er versucht, einen Fall selbst zu lösen.
Endlich fährt Jan Römer nach Euskirchen zu der angegebenen Adresse, um Frank Ginster zu treffen und seine Informationen zu erlangen. Ginster, ein Mann Mitte 40, klein und ausgezehrt, bittet Römer in seinem Garten, wo er alles Wichtige vorbereitet hat.
Der Journalist folgt ihm, und Ginster berichtet, dass er Krebs und nur noch vier oder fünf Monate Zeit hat, die er nutzen will, wofür er viel Geld braucht. Er spricht von einer großen Reise.
Schließlich reicht Ginster Römer einen braunen Umschlag, in welchem sich offenbar Fotos befinden, die beweisen können, was damals in der Eifel geschah. Als er das erste Foto betrachtet hat, das die vier jungen Leute im Jahr 1997 vor zwei leichten Geländemaschinen zeigt, wird dem Journalisten kalt. Er geht zum Auto, das er vor dem Haus geparkt hat, um seine Jacke zu holen.
Zwei Minuten später ist er zurück, und die Hölle bricht los. Irgendjemand schießt aus dem angrenzenden Waldgebiet mit einer automatischen Waffe auf Römer und seinen Gastgeber. Während Römer, der den Anschlag überlebt, den Notarztwagen und die Polizei ruft, stirbt Frank Ginster in seinen Armen.
Der vorliegende Kriminalroman von Linus Geschke ist schon ein Krimi der etwas härteren und brutaleren Art. Der Autor beschreibt die Vergewaltigungs- und Sexszenen sehr deutlich und auch die Gewaltszenen sind in seinem Buch durchaus hart geschildert.
Die Geschichte, von solchen Beschreibungen durchzogen, ist allerdings nicht nur gut durchdacht und stimmig, sie enthält zudem eine Reihe spannender Elemente und einen verwickelten Plot, sodass die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite des Buches gegeben ist und man die Lektüre als Leser nur ungern aus der Hand legt.
Zudem hat Linus Geschke die historischen Hintergründe der Story sehr gut recherchiert und sehr geschickt in seinem Roman verarbeitet. Auch die historischen Orte, genauer gesagt die erhaltenen baulichen Monumente aus der Nazizeit, die es in der Eifel gibt, beschreibt der Verfasser sehr genau und gibt außerdem gekonnt die düsteren Stimmungen wieder, die solche Monumente beim heutigen Betrachter auslösen.
Ferner beschreibt der Autor in seiner Geschichte sehr intensiv einen Neonazitrupp und dessen Anführer. Dabei weist er darauf hin, dass solche Gruppierungen und ihre Bosse heute durchaus nicht mehr aus unzufriedenen Skinheads und Unterprivilegierten bestehen. Vielmehr haben sie heute die Schicht der Gymnasialabsolventen erreicht und verdienen durchaus mit ihren Geschäften viel Geld, was sie umso gefährlicher für die Gesellschaft macht.
Hierbei scheint mir jedoch die Betrachtung des Anführers der Nazitruppe nicht ganz gelungen. Sowohl die Beschreibung seiner psychologischen Überlegenheit als auch seine Unantastbarkeit durch Recht, Gesetz und Justiz werfen meines Erachtens Fragen auf.
Fazit:
Wer gerne harte Krimis liest und es außerdem mag, wenn historische und politische Themen in einem Thriller verarbeitet werden, ist bei Linus Geschkes Und am Morgen waren sie tot genau an der richtigen Adresse.
Beklemmend bleibt für den Leser in diesem Zusammenhang die Frage, wieviel Böses in der deutschen Provinz abseits der Metropolen schlummert und wie man dieses Böse in den Griff bekommen kann, wenn Recht und Gesetz dort fast nicht durchsetzbar sind.
Linus Geschke wurde 1970 in Köln geboren. Heute arbeitet er als freier Journalist für bekannte deutsche Zeitungen und Magazine, zum Beispiel für Spiegel Online, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und das Manager Magazin.
Er ist zudem passionierter Taucher und schreibt deshalb auch Tauch- und Reisereportagen, unter anderem für das Magazin unterwasser. Für solche Reportagen erhielt er bisher einige Journalistenpreise. Er lebt in Köln.
Quellen:
- Linus Geschke, Und am Morgen waren sie tot, Ullstein Taschenbuch, Berlin, 4. Auflage, 2018.
- www.ullstein-buchverlage.de
- www.dtv.de
- www.krimi-couch.de
Bilder:
- Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Ullstein Buchverlage.
- Foto des Autors. Copyright: Marc Hillesheim. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Ullstein Buchverlage.
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