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Am Ufer der Träume

Im Jahr 1846 kommt es in Irland zu einer schrecklichen Hungersnot. Die Farmer können ihre Abgaben an die Engländer nicht leisten, woraufhin sie von ihrem Land vertrieben und ihre Hütten niedergebrannt werden. So ergeht es auch den Campell-Frauen Molly und Fanny sowie ihrer Mutter Rose. Der Versuch, sich allein in der Wildnis durchzuschlagen, scheitert trotz der Hilfe, die sie von Bryan, der ein ähnliches Schicksal erlitten hat, erfahren, und so gehen die Frauen ins Arbeitshaus. Bryan begleitet sie, denn im Frühjahr wollen sie gemeinsam nach Amerika auswandern, um dort ein neues Leben in Freiheit zu beginnen.
In Amerika angekommen, ist Bryan jedoch spurlos verschwunden und so müssen sich Molly und Fanny eine Arbeit suchen. Der schlecht bezahlte Job und die dürftige Unterkunft sind nicht das, was sie sich von der neuen Freiheit erträumt hatten, doch Molly gibt die Hoffnung nicht auf, dass Bryan zurückkommt, um mit ihr in den Westen zu gehen, um sich dort eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Fanny hingegen träumt von einer großen Karriere als Schauspielerin … Außer diesen Hoffnungen haben die Frauen nichts, doch wird das für ein besseres Leben reichen?

Dieses Buch zu lesen ist ein Stück Geschichte erleben. In lebendigen Bildern beschreibt Thomas Jeier die Zustände in Irland zur Zeit der Hungersnot, später die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Einwanderer in New York ihr Dasein fristen müssen. Anhand der Einzelschicksale eröffnet sich dem Leser eine ganze Epoche düsterer Geschichte.
Besonders die Zeit, die die Frauen im Arbeitshaus verbringen, zeigt auf, wie unmenschlich die Zustände in Irland wirklich gewesen sein müssen. Aber wo Schatten ist, muss auch Licht sein, und das heißt in diesem Buch Bryan. Durch ihn lernt insbesondere Molly, dass es sich lohnt, zu hoffen und zu kämpfen.
Molly ist es auch, die man als Leser auf ihrer Reise in ein neues Leben begleitet. Durch sie bzw. mit ihr erlebte ich das Geschehen beinahe hautnah mit. Ich las nicht nur Beschreibungen von Orten und Handlungen, sondern ich war mittendrin. Vielleicht lag das auch mit daran, dass ich Parallelen zu einer anderen literarischen Figur ziehen konnte, die sowohl im Buch als auch in der Verfilmung eine große Faszination auf mich ausübt: Scarlett O’Hara.
Eine ebenso eigenwillige und starke Frau wie sie verkörpert auch Molly, und auch ihre große Liebe scheint unter keinem guten Stern zu stehen …
Am Ufer der Träume wird vom Verlag als Jugendbuch angeboten. Das erklärt den Schluss, den ich mir ein wenig anders gewünscht hätte. Meiner Meinung nach hätte man da die Geschichte noch ein wenig weiter ausbauen können, damit es nicht ganz so abrupt endet.

Insgesamt ist Am Ufer der Träume ein wunderbar bildhafter Roman über eine starke Frau in einer schweren Zeit, die trotz aller Rückschläge nie die Hoffnung verliert und die Leser an ihrem Leben, an ihren Gefühlen und Erfahrungen teilhaben lässt.

Copyright © 2012 by Anke Brandt

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Thomas Jeier
Am Ufer der Träume
Historischer Roman, Hardcover
Ueberreuter Verlag, Berlin
Mai 2012
320 Seiten, 14,95 Euro
ISBN: 9783800056880