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Aus dem Wigwam – Nisowassa

Karl Knortz
Aus dem Wigwam
Uralte und neue Märchen und Sagen der nordamerikanischen Indianer
Otto Spamer Verlag. Leipzig. 1880

Nisowassa

ie Indianer, welche früher die Umgegend von Milwaukee bewohnten, hatten sich einst, um ihren beständigen Feindseligkeiten ein Ziel zu setzen, zu einem allgemeinen Verbrüderungsfest versammelt. Ein Häuptling jedoch, der nur mit vieler Mühe zur Teilnahme bewogen werden konnte, glaubte nicht an einen günstigen Ausgang und wünschte ihn offenbar auch nicht, denn er steckte heimlich ein scharfes Messer zu sich, trotzdem ein jeder unbewaffnet den Ort der Verhandlung betreten sollte.

Seine einzige Tochter, Nisowassa, bemerkte dies aber, schlich ihm heimlich nach und verbarg sich hinter ihm, als er seinen Platz im Rat einnahm. Sie hoffte auf eine allgemeine Versöhnung der feindlichen Stämme und lauschte den Worten der Redner mit sichtlicher Begeisterung.

Als nun der letzte Redner hervortrat und sich hauptsächlich an ihren Vater wandte, griff derselbe hastig nach seinem verborgenen Messer, um die Brust des Redners zu durchbohren. Nisowassa, welche dies bemerkte, fasste ihn unverhofft um den Hals, entriss ihm die Waffe und senkte sie in sein eigenes Herz.

Als er so entseelt zu ihren Füßen in seinem Blut lag, trat sie stolz in den Kreis der Krieger und erklärte, dass sie nur der innigste Wunsch nach dauerndem Frieden zu diesem Mord bewogen und sie, da sie ihren Vater über alle Maßen geliebt, sich nur mit schwerem Herzen entschlossen habe, das einzige Hindernis aus dem Weg zu räumen. Danach verließ sie die Versammlung. Ihr Name aber wurde von den Rothäuten noch lange in Ehren gehalten.