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Tod vor Ort – Teil 2

A. Boyd Correll
Tod vor Ort
Eine Mystery-Story
Illustration von Joe Tillotson

Der Flüchtige aus Frankenstein

Ich schwang mich in einen Bademantel, rannte die Treppe hinunter und hinaus über den Rasen. Dann hörte ich einen Moment lang auf zu leben. Eine Gestalt, die im Mondlicht glitzerte, war vom Strand des Sees aufgestiegen und lief auf mich zu. Ich wich hinter einem Busch aus und wartete, bis die Gestalt auf gleicher Höhe war, dann schnappte ich mir ihre Beine. Es war Bill Drake. Er ächzte und fing an zu kämpfen, dann erkannte er mich.

»Was soll die ganze Schießerei?«, fragte er.

»Schwimmen Sie immer um diese Zeit, morgens vor Tagesanbruch?«, fragte ich ihn.

Er nickte. »Ja. Ich konnte nicht schlafen. Ich war am Strand und meinte, Schüsse gehört zu haben.«

»Ein Flüchtiger wie aus Frankenstein schleppte ein Mädchen an meinem Fenster vorbei. Ich feuerte einen Schuss auf ihn, und er ließ sie in der Nähe des Sees fallen.« Ich führte ihn zurück zum Teich. »Da ist sie ja«, fügte ich hinzu, als eine Gestalt auf dem Gras im Mondlicht sichtbar wurde.

Drake zündete ein Streichholz an. »Mein Gott! Es ist Betty!«, sagte er.

Auf dem Gras, ihre Kleidung halb von ihrem Körper gerissen, lag Betty Williams wimmernd da. Ich sank neben sie und legte meine Hand an ihren Hals. Einen schneller Pulsschlag konnte ich fühlen. »Sie ist o.k. Nur keine Panik.«

Drake hob sie hoch und sie stöhnte. »Alles ist in Ordnung«, sagte er. »Hier ist Bill.«

»Bring sie zurück zum Haus und gib ihr einen Schluck Brandy«, sagte ich. »Ich werde mich nach dem kleinen Exemplar von King Kong umsehen.«

Ich lud frische Patronen in die .32 und richtete diese auf das schweren Unterholz, wo ich das Monster verschwinden sah. Ein paar gebrochene Büsche zeigten, wohin es geflohen war; aber der Weg war bald in der Dunkelheit nicht mehr auszumachen. Ich ging weiter zum See, aber nach einer halben Stunde Suche wurde der Boden so sumpfig, dass es fast unmöglich war, weiterzugehen.

Ich drehte um, bog scharf nach rechts ab und kam zur Hütte von Middings, dem Hausmeister. Als ich klopfte, bekam ich keine Antwort. Jedoch schien Licht durch ein Fenster. Ich versuchte es an der Tür. Sie war offen. Als ich eintrat, stockte mir der Atem.

Auf dem Boden, mit Lippen, die in einem abscheulichen Grinsen des Todes fest zusammengepresst waren, lag eine alte Frau. Ihre Augen, die fast aus ihrem Kopf hervortraten, schienen direkt auf meinem Gesicht fixiert zu sein. Ich erwartete halbwegs, dass ein Schrei des wahnsinnigen Lachens aus diesem schrecklich grinsenden Mund herausgerissen würde. Etwas hatte ihr die Kehle aufgerissen. Das Blut strömte immer noch sanft aus der schrecklichen Wunde in einen immer größer werdenden Kreis auf dem verschlissenen Teppich.

Ich blickte in den schlecht beleuchteten Raum und zog den .32, als ich eine Gestalt sah, die in einer Ecke hockte. Dann beruhigte ich mich. Es war ein Mädchen von etwa achtzehn Jahren. Ein raues Baumwollkleid, verblasst und zerrissen, hing an ihrem Körper. Sie war barfuß. Ihr Gesicht, auf wilde Weise wunderschön, war von krassem Terror gezeichnet. Ich ging auf sie zu.

»Was machst du hier?«, fragte ich.

»Ich und Maw kamen herüber, um Jake zu sehen«, stammelte das Mädchen.

»Um fünf Uhr morgens?«

»Nein, Sir. Wir kamen gestern Abend vorbei. Wir leben ein Stück den Bach hinunter. Als wir nach Hause kamen, wurde Maw skeptisch und wir ginen zurück. Jake ließ uns hier schlafen und sagte, er würde die Gerätschaften hinter das Haus bringen.«

Ich zeigte auf die Leiche. »War sie deine Mutter?«

Das Mädchen behielt mich im Auge. »Ja, Sir. Sie ist nicht meine echte Mutter, aber ich lebe mit ihr, seit ich denken kann.«

Ich studierte das Mädchen. Ein Produkt des Sumpfgebietes, schön, halbwegs mäßig, mit einer Masse aus schwarzem Haar, das ihr ovales, olivgrünes Gesicht umrahmt. Sie zitterte wie ein nervöser, schlafender Hund.

»Wo ist Jake Middings jetzt?«, fragte ich.

Sie hob ihre wohl gerundete Schultern an. »Ich schätze, er ist zum großen Haus hochgegangen. Ich wachte auf, als jemand schoss. Ich dachte, es wären Miss Morgans Freunde, die Opossums jagen. Ich muss wieder schlafen gegangen sein. Das Nächste, was ich mitbekam, war, dass die Lampe brannte und etwas Schreckliches über Maw hing. Es hatte einen Alligatorenkopf. Ich war darüber so erschrocken, dass ich ohnmächtig wurde, denn das Nächste, was ich bemerkte, war, dass du hier warst und Maw auf dem Boden lag …«

Sie fing an zu zittern, als ob sie am Rande einer Hysterie stünde. Ich zog sie auf die Beine. »Komm schon, wir gehen zum Haus. Ich rufe den Sheriff an und besorge mir einen Suchtrupp. Wie war der Name deiner Mutter?«

Das Mädchen kauerte sich nah an mich heran, als wir durch die Tür gingen. »Die Leute nannten sie einfach Maw Tober. Ich bin Lissa.« …


Wie es mit der Story weitergeht, erfahrt ihr, wenn ihr morgen wieder auf unsere Webseite schaut. Viel Spaß beim Lesen!