Archive

Sabine Trinkaus – Mutter Seelen Allein

Sabine Trinkaus – Mutter Seelen Allein

Katharinas junge Familie scheint eine Vorzeigefamilie zu sein. Ihr Mann Patrick ist Augenarzt und verdient genug Geld, um seiner Frau und seinem Sohn Timo ein sorgenfreies, glückliches Leben zu bieten. Timo, der fünfjährige Sohn, sieht mit seinen blonden Locken aus wie ein Engel und ist der Sonnenschein seiner Eltern.

Katharina hatte zuerst überlegt, abzutreiben, als sie mit ihm schwanger war. Sie ließ sich dann aber von Patrick überzeugen, das Kind zu bekommen. Seitdem kümmert sie sich rührend um den Jungen, der durchaus nicht so pflegeleicht ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Er bekommt Tobsuchtsanfälle und schlägt in solchen Phasen um sich. Auch wirft er sich auf den Boden und tritt mit den Füßen nach seiner Mutter. Nach und nach erfährt der Leser, dass auch Katharina nicht so perfekt ist, wie man zunächst annimmt. Sie schlägt nämlich ihren Sohn, wenn er solche Anfälle hat.

Und auch Patrick, der treusorgende Ehemann, hat seine Fehler. Er geht nämlich mit seiner alten Liebe Sarah fremd, die einst bei einem Autounfall sein Kind verlor, die er aber immer noch liebt, wohl auch mehr, als seine eigene Frau. Dennoch hat er Sarah deutlich gesagt, dass er Katharina und Timo nicht verlassen wird. Er kann allerdings auch nicht von Sarah lassen und kehrt immer wieder zu ihr zurück, auch wenn sie sich manchmal voneinander trennen.

Sarah allerdings weiß, dass sie Patrick liebt und merkt auch, dass er nicht von ihr lassen kann. Als sie allerdings – wie auch eine ältere Freundin der Familie namens Adele – bemerkt, dass Katharina ihren Sohn schlägt, wird sie böse und will versuchen, dies zu unterbinden. Ihr Mitbewohner, der um Jahre jüngere Jakob, sieht das genauso und hat offenbar eine ganz besondere Beziehung zu Timo und seiner Mutter, die er heimlich beobachtet.

Adele hingegen, die Frau von Patricks Amtsvorgänger Erich, die von ihrem Mann ständig betrogen wurde, als sie noch jünger waren, mag Katharina und Timo sehr gern und ist oft als Babysitterin für Timo tätig, wenn seine Mutter keine Zeit für ihn hat. Dann aber erfährt Adele, dass sie fortgeschrittenen Krebs hat und nicht mehr lange leben wird. Eines Abends betrinkt sie sich und fährt zu Katharina, die in dieser Situation äußerst ablehnend auf sie reagiert. Adele ist völlig am Ende.

Und schließlich passiert das, was für alle Eltern der Welt wohl der Albtraum schlechthin ist. Timo wird entführt, und die Entführer verlangen von Katharina per Handy, die Wahrheit zu sagen. Eine aufregende und spannende Geschichte nimmt ihren Lauf.

Die Autorin beschreibt in Mutter Seelen Allein gleich mehrere schwierige Charaktere und deren Psyche. Das geht manchmal bis zur Psychopathologie. Und diese Charaktere haben dann miteinander zu tun und handeln zum Teil wesentlich anders, als es weniger kranke Leute tun würden.

Ob Sabine Trinkaus die krankhaften Seelen ihrer Figuren richtig beschreibt und ob sie die wahren Gründe für deren Verhalten letztlich korrekt wiedergibt, vermag ich nicht zu beurteilen. Eines aber kann man ihr ganz sicher zugestehen, nämlich, dass sie auf diese Weise eine Spannung erzeugt, die den Leser bis zur letzten Seite ihres Romans fesselt.

Die Kürze ihrer Kapitel und der Wechsel zwischen den einzelnen Schauplätzen der Handlung und den psychologischen Eigenarten der jeweils handelnden Personen tragen dazu bei, dass die Spannung im Laufe des Beschriebenen immer weiter wächst. Man kann das Buch besonders dann, wenn man sich dem Ende der Geschichte nähert, nicht mehr aus der Hand legen.

Diese Eigenschaft haben natürlich auch andere gut geschriebene Kriminalromane. Das Besondere an der vorliegenden Geschichte allerdings ist, dass die Spannung in diesem Buch allein auf den psychischen Eigenarten der handelnden Personen basiert, nicht aber auf perfiden Mordtaten pathologischer Killer wie in anderen Thrillern.

Die Emotionen der Charaktere allein machen diese Story so fesselnd, dass sie ohne großes Blutvergießen auskommt und trotzdem den Leser schweißgebadet zurücklässt.

Fazit:

Sabine Trinkaus ist mit dem vorliegenden Krimi eine Geschichte gelungen, die sich von den blutigen und mit kranken Mördern gespickten Thrillern anderer Autoren unterscheidet. Durch geschickte Schilderung von psychischen Problemen der handelnden Personen und die mit ihren Handlungen einhergehenden Emotionen gelingt es der Autorin, den Leser trotz – oder gerade wegen – fehlender blutiger Exzesse bis zum Schluss gut zu unterhalten.

Ob die Psyche der Betroffenen und die Gründe für deren krankhafte Züge zu hundert Prozent korrekt beschrieben sind, ist deshalb am Ende nicht so wichtig.

Ich kann diesen Roman demjenigen Leser empfehlen, der Interesse an ohne viel Blut erzeugter Spannung hat und verspreche ihm, dass er am Ende trotzdem auf seine Kosten kommt.

Die Autorin:

Sabine Trinkaus zu wurde im Mai 1969 in Gießen geboren. Sie wuchs in Schleswig-Holstein auf, studierte in Bonn Bibliothekswesen und lebte nach dem Abschluss einige Jahre in Frankreich und den USA. Seit 1997 lebt und arbeitet sie in Alfter bei Bonn.

Sie veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten, bevor sie 2012 ihr Kriminalroman-Debüt gab. Sie ist Mitglied im Syndikat, einer Vereinigung deutschsprachige Krimischriftsteller und gewann mit ihren Arbeiten diverse Preise.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Emons Verlag GmbH.
  • Foto der Autorin. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Emons Verlag GmbH.

(ww)