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Jack Lloyd Folge 39

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Ein unerwarteter Gast

Am frühen Morgen klopfte es an Jacks Zimmertür. Der junge Kapitän, der zwar bereits wach war, aber noch im Bett lag, richtete sich auf und rief laut: »Ja bitte?«

Mit den Worten Senior de Mendoza? war hinter der Tür die leise Stimme der Tochter des Besitzers des Goldenen Schwans zu hören. Offenbar war es ihr peinlich, zu dieser Zeit an die Tür des Gastes zu klopfen.

Jack sprang aus dem Bett, warf sich einen Umhang über und ging zur Tür. Er schob den Riegel zurück und öffnete einen Spalt weit. »Was kann für Euch tun, Seniora?« Sein Blick war fragend, aber freundlich. Er wollte die junge Frau nicht noch mehr in Verlegenheit bringen.

»Unten ist ein Gast, der verlangt, Euch zu sehen, Senior.«

»Zu dieser Stunde?«

»Er besteht darauf«, murmelte die junge Frau entschuldigend.

»Wer ist es?«

»Der Comte de Canero.«

Jack verstand, warum die junge Frau und ihr Vater den Mann nicht einfach abgewimmelt hatten. Man ließ einen Freund des Gouverneurs nicht unverrichteter Dinge wieder abziehen. Seufzend öffnete er seine Tür ein Stück weiter. Dann murmelte er: »Richtet ihm aus, dass ich in wenigen Minuten bei ihm sein werde.«

»Er bittet darum, von Euch hier in Eurem Zimmer empfangen zu werden, Senior«, flüsterte die junge Frau, den Blick nach unten gerichtet.

Jack musste lächeln. Die Unsicherheit seiner Gesprächspartnerin war regelrecht greifbar. »Dann werde ich ihn in wenigen Minuten empfangen. Er kann heraufkommen.«

Mit einem Knicks entfernte sich die Tochter des Hausherrn und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg in den Schankraum, um dem frühen Gast Jacks Worte zu überbringen.

Der Kapitän kleidete sich schnell an, schnallte seinen Gürtel mit dem kleinen Dolch daran um und fuhr sich mit gespreizten Händen mehrfach durch die Haare.

Schon wenige Augenblicke später klopfte es erneut an seiner Tür.

Jack setzte sich auf einen der beiden Sessel, die rund um einen kleinen Tisch vor dem Fenster aufgestellt waren. Dann rief er laut: »Die Tür ist offen!«

Die Klinke wurde nach unten gedrückt und die Tür schwang auf.

Jack sah dem Comte mit gelassenem Blick entgegen. In seinem Inneren arbeitete es jedoch angestrengt. Was wollte der Mann zu dieser Stunde bei ihm? Waren sie etwa doch aufgeflogen? Aber dann wäre der Comte nicht persönlich zu ihm gekommen, er hätte Männer mit Waffen geschickt, die sie festgenommen hätten.

Der Spanier betrat den Raum und ging direkt auf Jack zu. Der Kapitän erhob sich von seinem Stuhl und reichte seinem Gast eine Hand entgegen. Dieser schlug lächelnd ein. Dann deutete Jack auf den Stuhl ihm gegenüber. Die beiden Männer nahmen Platz.

Nach einem Moment des Schweigens begann Jack: »Ich habe nicht erwartet, Euch schon so früh wiederzusehen, Comte. Was führt Euch zu dieser Stunde in mein vorübergehendes Heim?«

»Zum einen genau dieser Umstand. Wie lange habt Ihr vor, hier im Goldenen Schwan zu residieren?«

»Solange, bis ich eine andere passende Bleibe gefunden habe, die meinen Anforderungen gerecht wird.«

Der Comte lächelte verstehend. »Ich weiß zufällig, dass etwas außerhalb der Stadtmauern ein altes Herrenhaus derzeit zum Verkauf steht. Ein Freund von mir, der einige Jahre hier gelebt hatte, will in wenigen Tagen in die Heimat zurückkehren. Er ist gewillt, sein Anwesen für einen angemessenen Preis zu verkaufen. Bedienstete und Einrichtung könntet Ihr solange übernehmen, bis Ihr Euch selbst eingerichtete habt. Was sagt Ihr zu diesem Vorschlag?«

»Dass ich mir Euren Freund und sein Anwesen unbedingt ansehen sollte. Habt Dank, dass Ihr in dieser Sache an mich gedacht habt.«

»Immerhin habt Ihr mir berichtet, dass Ihr beabsichtigt, Euch die nächsten Jahre hier in Caracas niederzulassen.«

»In der Tat.«

»Der Goldene Schwan ist eine gute Adresse. Aber nicht für einen längeren Aufenthalt.«

»Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr ein Treffen organisieren könntet.«

»Das sollte sich einrichten lassen.«

»Aber sagt mir, Comte, warum seid Ihr wirklich hier? Den Vorschlag, das Anwesen Eures Freundes zu erwerben, hättet Ihr mir doch auch am heutigen Abend im Rahmen des Essens beim Gouverneur unterbreiten können.«

»Das ist wahr, mein junger Freund. Es gibt tatsächlich noch etwas …«

Jack sah den Comte verwirrt an, als dieser abrupt abstoppte und mit den Blicken den Boden abzusuchen schien.

»Ja?« Jack sah seinen Besucher fragend an. Ihm war nicht ganz klar, was der Mann von ihm wollte. Sie kannten sich erst seit einigen Stunden. Dass der Comte ihn in irgendeiner wichtigen Angelegenheit ins Vertrauen ziehen würde, erschien Jack sehr unwahrscheinlich. Umso eigenartiger war das Verhalten des Adligen.

»Nun, Ihr müsst wissen, im Laufe der Zeit habe ich in der gesamten Karibik meine Ohren und Augen offen gehalten. Und dabei halfen mir immer die verschiedensten Informanten, die mir Neuigkeiten und wichtige Entwicklungen mitteilten, lange bevor diese ernsthaft offiziell wurden.«

»Und was haben Euch Eure Augen und Ohren nun geflüstert?«

Der Comte beugte sich etwas nach vorn und veränderte dabei seine Stimme zu einem vertraulichen Flüstern.

Jack bekam das Gefühl, Teil einer perfekten Inszenierung zu sein.

»Man munkelt, ein englischer Pirat würde beabsichtigen, die Silberflotte zu überfallen.«

Fortsetzung folgt …

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