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Jack Lloyd Folge 33

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Fahrt ins Ungewisse

Jack und Elena hatten geplant, die Swallow und die Jungfrau von Cartagena in Curacao zu lassen und an Bord irgendeines Schiffes zu gehen, das nach Caracas fuhr. Dort gedachten die beiden auf die Schatzflotte zu warten, um ihren heiklen Plan in die Tat umzusetzen. Die Informationen Elenas spielten dabei eine große Rolle. Wenn sie falsch lag, dann hatten die spanischen Schiffe den Hafen längst passiert und waren schon auf dem Weg auf das offene Meer. Aber in Curacao wusste man noch nichts davon, dass die Silberflotte die Insel passiert hätte und allein das war bereits ein gutes Zeichen. Jack konnte sich zwar noch immer nicht erklären, warum die Flotte den nicht ungefährlichen Umweg über Cartagena machen sollte, aber Elena war sich sicher, dass ihr Vater einmal diesen Umstand erwähnt hatte. Der Grund seien einige wichtige Dokumente, die vom Gouverneur von Cartagena zur spanischen Krone gebracht werden müssten und die von so großer Wichtigkeit waren, dass die bis an die Zähne bewaffnete Silberflotte den Schutz der Schriftstücke sicherstellen musste. Die gesamte Mission der beiden beruhte allein auf der Hoffnung, dass dieser Plan nicht geändert wurde.

Der Plan hatte beinhaltet, dass der größte Teil der beiden Mannschaften in Curacao bleiben sollten, während Jack, Elena und sieben weitere Männer den Weg nach Caracas zum Teil getrennt voneinander angetreten hätten. Doch die Geschehnisse rund um Dick in Curacao hatten die beiden dazu bewogen, ihren Plan zu überdenken. Elena und Jack waren an Bord der Jungfrau von Cartagena gegangen. Das Schiff selbst sollte unter spanischer Flagge segeln, den Hafen von Caracas anlaufen, die kleine Truppe dort absetzen und den Hafen dann wieder verlassen. Die White Swallow würde noch zwei Tage in Curacao bleiben und dann auf der See kreuzen, bis man sich einige Tage später in Curacao wiedertreffen wollte.

Die Jungfrau von Cartagena hatte Curacao plangemäß verlassen und die Fahrt nach Caracas war gut verlaufen. Jack, Elena, Joe, Pablo und vier andere Männer gingen an Land. Dort wurde die Gruppe von einigen spanischen Soldaten in Empfang genommen.

»Woher kommt Ihr?«

»Ich komme aus Spanien«, erklärte Jack so gelassen wie möglich. Er sprach ausgezeichnetes Spanisch, auch wenn er einen leichten Dialekt hatte. Elena hatte sich schon mehrfach gefragt, woher diese Sprachkenntnis ihres Kapitäns stammte. Aber auch Joe hatte ihr auf ihre Frage lediglich vertröstend gesagt, dass Jacks Vergangenheit nur wenige Menschen kennen würden. Wenn er meinte, dass Elena sie kennen sollte, würde er sie von sich aus berichten. Er wollte nur so viel sagen: Jack kannte sich in einigen spanischen Handelsstädten besser aus, als ihm selbst lieb war.

»Wir wissen nichts von einem Schiff aus Spanien, dass heute erwartet werden würde. Aus welchem Hafen kommt ihr Senior?« Das Misstrauen der Hafenwachen war spürbar. Jack wurde klar, dass es wesentlich schwerer werden würde, das Vertrauen der Spanier zu erlangen, als er dachte. Wahrscheinlich lag es an der baldigen Ankunft der Silberflotte.

»Meine Überfahrt endete in Havanna. Dort traf ich diese junge Dame und ihren Vater, der mir einige Empfehlungsschreiben für den hiesigen Gouverneur gab.«

»Ihr habt Dokumente für den Gouverneur?« Zu Jacks Erleichterung klang der Soldat schon wesentlich weniger abweisend als noch vor wenigen Augenblicken.

»Wenn er Zeit hätte, mich zu empfangen, wäre ich überaus dankbar. Und Euch, Senior, wäre ich ebenso dankbar, wenn Ihr dass in die Wege leiten könntet.« Jack setzte ein gönnerisches Lächeln auf. »Und damit wir uns richtig verstehen, Senior. Meine Dankbarkeit lässt sich in barer Münze messen.«

Die beiden spanischen Soldaten sahen sich einen Augenblick an. Dann nickten sie langsam.

»Wir werden unseren Vorgesetzten informieren. Wo wird man Euch finden, wenn der Gouverneur bereit ist, Euch zu empfangen?«

»Könnt Ihr eine Unterkunft in Caracas empfehlen?«

»Ich glaube, das einzige Haus, das Euren Wünschen angemessen wäre, ist der Goldene Schwan.« Jetzt glaubte Jack beinahe schon, Ehrfurcht in der Stimme des Soldaten zu hören. Er machte sich nichts vor, es würde wesentlich schwerer werden, einen Mann von Rang und Namen von seiner Geschichte zu überzeugen.

»Dann werdet Ihr mich und die Meinen dort finden können.«

»Mein Kamerad hier wird Euch den Weg weisen, Senior. In der Zwischenzeit werde ich meinen Vorgesetzten informieren.«

»Habt Dank, mein Freund«

»Man wird wissen wollen, wie der Name des Mannes ist, der den Gouverneur zu sprechen wünscht.«

»Martinez de la Mendoza. Mein Onkel, der Comte de Mendoza, ist ein enger Vertrauter seiner geheiligten Majestät.«

Elena dachte für einen Augenblick, Jack hätte es nun endgültig übertrieben. Den Namen, den hatten sie abgesprochen. Die Anmaßung, einen Onkel zum Comte zu ernennen und ihn an den spanischen Königshof zu verschieben, dem hätte die junge Spanierin nie zugestimmt. Doch auf den Soldaten verfehlten diese Worte ihre Wirkung nicht. Der Mann wurde von einem Moment auf den anderen kreidebleich. Seine ohnehin schon zuvorkommende Haltung bekam plötzlich etwas ganz und gar Unterwürfiges. Jacks Lächeln hingegen wurde immer breiter. Als einer der beiden Soldaten sich schließlich an die Spitze der kleinen Gruppe begab und sie durch die Stadt in das Viertel der besser Betuchten führte, um ihnen dort den Goldenen Schwan zu zeigen, hatte Jack zum ersten Mal seit ihrer Abfahrt aus Port Royal das Gefühl, dass dieser Plan auf jeden Fall funktionieren würde. Hätte er sich die Zeit genommen, einen Seitenblick auf Elena zu werfen, wäre ihm klar geworden, dass ihre Zuversicht im gleichen Maße geschmolzen war, wie die seine gewachsen.

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2011 by Johann Peters