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Oberhessisches Sagenbuch Teil 30

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Der Pfiffer

In der steilen Schlucht, die zwischen Wächtersbach und Wittgenborn hinzieht, geht der Pfiffer um, ein riesengroßer Waldmann, und treibt da mittags sein Wesen mit Pfeifen, Holzschlagen und allerlei Rumoren. Meist ist er grau und grün gekleidet. Ein Köhler im Wald hörte ihn wieder einmal, als seine Gesellen sich gerade zum Schlaf hingelegt hatten. Er wollte dem Ding auf die Spur kommen, allein er blieb aus und blieb aus und kam nicht. Am dritten Meiler fanden sie ihn endlich nach langem Rufen und Suchen. Er starb ihnen gleich unter den Händen. Vor seinem Ende tat er die Aussage, der Waldmann sei ihm in so furchtbarer Gestalt erschienen und habe ihn so heftig angefasst, dass er wohl gemerkt hatte, es werde sein Letztes sein. Mehr war aus dem Mann nicht herauszubringen.


Die Kornmännchen

In Rixfeld und sonst noch im Gebirge glaubt man, dass kleine Männchen, die aber uralt aussehen und gar boshaft sind, im reifen Korn wohnten und namentlich den Kindern, die sich hineinwagen, allerlei Possen spielen. Die Frauen brauchen die Kinder gar nicht davor zu warnen; sie haben so schon Respekt genug vor ihnen.


Kobold im Heegkopf

Der Wald zwischen Hirzenhain und Usenborn, der Heegkopf genannt, wird von einem unverschämten Kobold bewohnt. Er springt unversehens den Leuten auf den Buckel, und sie müssen ihn tragen bis zur Eichbaumwiese. Dort springt er von ihnen. Er sieht schwarz aus, wie ein Geißbock, und hat langes und lollichtes (straff niederhängendes) Haar.


Kobold im Märzenstrauch

Hart am Weg zwischen Niedermoos und Metzlos steht der Märzenstrauch, ein Gebüsch, an welchem man zur Nachtzeit nicht gerne vorbeigeht. Ein boshafter Geist wohnt darin und springt den Vorübergehenden unvermerkt auf den Rücken. Ist er auch zentnerschwer, müssen sie ihn doch hockeln, so schnell sie laufen können, sonst drückt er ihnen die Kehle zu. Die Ermatteten und vor Todesangst halb Ohnmächtigen lässt er erst vor dem Dorf wieder los. Es könnte mancher ein Stücklein davon erzählen.


Kobold an der Odersbach

Bei der sogenannten Runden Wiese zwischen Liederbach und Romrod sind immer spukhafte Dinge vorgegangen. Manch einsamer Wandersmann hat da zur späten Nachtzeit etwas erlebt, woran er sein Lebtag gedenken musste. Wenn man nämlich von da nach der Odersbach kommt, immer kurz vor Mitternacht, sieht man etwas sich entgegenlaufen, das sieht von Weitem aus wie ein Tier, in der Nähe wie ein herumschweifender Mülleresel. Es ist aber ein boshafter Kobold und übler Plagegeist, der an den verrufenen Ort gebannt ist und den armen erschrockenen Leuten mit einem Sprung auf dem Rücken hockt, sie ängstigt und irreführt, dass sie fast von Sinnen kommen wollen, bis die Grenze da ist, über die er nicht hinaus darf, oder die Stunde zu Ende schlägt, die er zu solch unheimlichem Tun einhalten muss.