Perry Rhodan Band 3000 – Mythos Erde
Wim Vandemaan, Christian Montillon
Mythos Erde
Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 15. Februar 2019, 68 Seiten, € 2,20, Titelbild: Arndt Drechsler, Innenillustration: Swen Papenbrock
Der neue Serienabschnitt beginnt mit einem Zeitsprung, dem Aufbruch in eine fremd gewordene Milchstraße und vielen Reminiszenzen. Der Titel selbst ist ein Wiederaufgreifen von Formulierungen des Seriengründers Scheer, und auch das Datum: Wenn Perry Rhodan als Einziger an Bord der RAS TSCHUBAI aus der Suspension erwacht, jenem in Energiemuster aufgelösten Zustand, in dem allein sich die Strahlung der Ferntriebwerke der RAS TSCHUBAI überstehen lassen, so schreibt man den 08. September. An diesem Datum, allerdings im Jahre 1961, erschien mit Unternehmen Stardust, der legendäre Band 1 der Serie, dessen Geschehnisse Andreas Eschbach gerade in seinem 850 Seiten umfassenden Hardcover aufgegriffen hat. Als die Semitronik ANANSI endlich erwacht ist, findet sie schnell heraus, dass man aktuell das Jahr 5632 bzw. 2045 NGZ schreibt, dass die Besatzung demzufolge 500 Jahre später zurückkam, als sie aufgebrochen ist.
Was passiert nun im Einzelnen? Der Roman wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet. Rhodan bemerkt gleich nach dem Erwachen, dass die unbekannte Frau, die sich samt einer Art Koffer an Bord befindet, ihn schon mal aufgeweckt hat, ihm den Zellaktivatorchip entnahm und wieder einsetzte – zu Untersuchungszwecken, wie sie ihm erklärt. Dabei stellt Zemina Paath sich nicht als Vertreterin einer Macht vor oder als Agentin, sondern als Kundschafterin, die nicht viel mit den neuen Machthabern der Milchstraße zu tun hat. Ihr Vielzweckkoffer heißt Paau, ihr Sternenschiff Nashadaan. Als die beiden die Innereien der menschenleeren RAS TSCHUBAI durchstreifen, kommen sie an diesem sechseckigen, 300 Meter langen Zylinder vorbei, der in einer Andockmulde des 3500 Meter durchmessenden Fernraumschiffs ruht.
Zum technischen Standard von Zeminas Ausrüstung reicht es, zu sagen, dass sie damit die in Zeit und Raum schlingernde RAS TSCHUBAI entdeckt und stabilisiert hat. Noch dazu konnte sie ungehindert ins Schiff eindringen. Dabei leidet die große, ziemlich menschenähnliche Frau mit den fast blendend blauen Augen unter Gedächtnisverlust, was sie als »porös« bezeichnet: Unbekannte haben Teile ihres Gehirns gestohlen, weshalb sie sich nicht völlig auskennt. Ihr Nashadaan hat eine Firnis um das riesige Fernraumschiff gelegt, die vor der Entdeckung durch die Mentalsonden der Cairaner schützt.
ANANSI hat sich verändert, die übersprungene Zeit ging nicht spurlos an ihrem bisherigen Kinderavatar vorbei, doch ihre Effizienz ist gleich geblieben. Sie macht das Schiff zur Verteidigung bereit und hat Hyperfunksprüche aufgefangen, die einen Überblick über die aktuelle, verwirrende Lage geben. Das Wichtigste: Die Milchstraße ist in die Cairanische Epoche eingetreten. Die Cairaner betrachten sich als friedenswirkende Kraft. Ens ihrer Augenschiffe ist im Hintergrund des Titelbildes zu erkennen. Ein weiteres, bislang unbekanntes Volk sind die Ladhonen, die aber als besiegt gelten.
Die Liga Freier Galaktiker gibt es noch, das Solsystem gibt es noch, aber die Erde gilt als Mythos, der von jenen Terranern erfunden wurde, die Unruhe stiften wollen. Erleichtert erfährt Rhodan, dass Reginald Bull noch zu leben scheint. Als Resident befindet er sich in der Zentralgalaktischen Festung, wobei auch dies manchen als Mythos gilt.
Bald nach der Aktivierung der Schiffssysteme, vor der Paath gewarnt hat, wird die RAS TSCHUBAI von Sonden der Cairaner geortet. Drei ihrer ellipsenförmigen Schiffe materialisieren in der Nähe. Der Wortführer der MAIDAC ODAIR erklärt, im Auftrag des Halo-Konsuls Aionguma Baldaraise zu handeln und das Territorium zu schützen. Sie haben lange auf die RAS TSCHUBAI gewartet, sagt er. Der Kontakt endet nicht in gegenseitigem Einvernehmen.
Die mittlerweile aufgeweckten Besatzungsmitglieder lernen neue Begriffe: »Raptus« scheint die Wegnahme von Terra und Luna sein. »Posizid« bezeichnet eine galaxisweite Informationskatastrophe. Es folgte eine »Datensintflut« aus korrumpierten Daten. Jetzt kennt sich keiner mehr aus.
Weil die Cairaner fähig sind, die an einem Ort versammelten ÜBSEF-Konstanten von Rhodan und Atlan zu messen, fliegt der Arkonide die reparaturbedürfte RAS TSCHUBAI zu einer Werft. Perry Rhodan hingegen bricht mit seiner Enkelin Farye und Zemina Paath auf der BJO BREISKOLL ins Ephelegonsystem auf, zu Bull … auf einem Umweg. Diese Handlungsebene wurde von Wim Vandemaan auf seine charakteristische Weise gestaltet.
Die konkrete Situation der Milchstraßen-Terraner lernen wir über Giuna Linh kennen, die wie alle anderen glaubt, dass der Heimatplanet ihres Volkes erfunden wurde. Sie arbeitet auf einer Transmitterstation der sehr mächtig gewordenen Akonen und geht heimlich an deren Datennetze. Ihr Mann Lanko Wor wurde von den Cairanern wegen einer Kleinigkeit seiner Existenz beraubt, indem sie ihn auf die Ausweglose Straße schickten. Das sind furchtbare Orte, an denen die Gefangenen permanent gejagt und mit Vital-Suppressoren ihrer Lebenskraft beraubt werden.
Giuna will Lanko befreien. Zu diesem Zweck hängt sie sich an den barnitischen Händler Kondayk-A1, der mit seinem Schiff TREU & GLAUBEN unterwegs ist, einem Kugelraumer der DANTON-Klasse mit 1200 Meter Durchmesser. Er und sein terranischer Begleiter Cyprian Okri haben viele Geheimnisse. Durch sie kommt Giuna an den Nachrichtendienst Ephelegon (NDE), den Nachfolger des TLD. Die beiden interessieren sich ebenfalls für eine Technologie der Cairaner und für die Ausweglose Straße.
Die Handlungsebene um Giuna hat Christian Montillon gestaltet, der bei der Jubiläumsveranstaltung im Münchner Haus der Literatur am 9. Februar 2019 unter anderem darüber berichtete, wie er, am Ufer sitzend, die Fluchtszene schrieb, in der wir die junge Terranerin kennenlernen.
Überraschenderweise begegnen wir auch Reginald Bull, der auf dem Planeten Rudyn im Ephelegonsystem auf seine Frau und sein Kind wartet, die sich in die Stadt Allerorten zurückgezogen haben. Er wartet auch auf Perry Rhodan. Er hat die Solare Residenz, den Leibwächter und Sekretär Ganud, einen Posbis sowie mächtige Freunde. Der tefrodische Machthaber Vetris-Molaud nennt ihn jetzt »Reg«.
Wie es zu all diesen Verschiebungen kam, werden wir wohl über kurz oder lang erfahren. Die Ausgangsbasis für den neuen Zyklus ist eingeführt. Es gilt, den Rahmen, der in diesem ruhig erzählten, aber von Ansätzen überquellenden Roman aufgespannt wurde, mit Erlebnissen und Hintergründen zu füllen.
Beilagen
»Willkommen in einer neuen Zeit!« titelt die redaktionelle Beilage, die Christian Montillon zusammenstellte. Sie enthält neun, jeweils eine Seite lange Geschichte, in der neun Teamautoren Aspekte der neuen Zeit veranschaulichen. »Mythos Organit« stammt von Kai Hirdt, »Mythos Odemas« von Uwe Anton, »Mythos Reisen« von Oliver Fröhlich, »Mythos Atlantis« von Verena Themsen und »Mythos Glaube« von Susan Schwartz. Michelle Stern schrieb »Mythos Märchen«, Leo Lukas verfasste »Mythos Fans«, Hubert Haensel erfand den »Mythos Rhodan«. Der »Mythos Terrania« von Montillon selbst schließt den Reigen.
Die Leserkontaktseite stellt dieses Mal eine Auswahl von Fans der Serie vor, darunter Andreas Brandhorst, Andreas Eschbach und Tanja Kinkel.
Die Lese- und Hörprobe ist hier.
(at)