Mythos Schwert
Wann immer man bei einem Plausch dieses Wort in die Runde wirft, assoziieren es die meisten sofort mit dem Namen der wohl gebräuchlichsten Waffe des Mittelalters.
Ist ja eigentlich auch logisch, nur, warum übt ausgerechnet das Schwert so viel Faszination bei uns aus und nicht die anderen Waffen des Mittelalters wie Armbrust, Schild oder Langbogen?
Diese Klinge aus Eisen, Stahl oder Bronze ist ein Mythos, der seit Jahrhunderten in den Gedanken der Menschheit verankert ist.
Ein Umstand, der neugierig macht, folgen wir also dem meist kriegerischen, manchmal aber auch überraschend friedlichen Weg des Schwerts durch die Menschheitsgeschichte.
Vor vier oder fünf Jahrzehnten hätte man vermutlich noch gesagt, dieses Thema ist nur etwas für kleine und große Jungs, die gerne Ritter spielen.
Aber weit gefehlt, die Geschichte dieses Tötungswerkzeugs, das sich von den Kelten über die Mittelalterhistorie bis hin in unsere moderne Welt zieht, wischt jeden Klischeegedanken zur Seite.
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Kaum jemand ist sich heute noch darüber bewusst, dass diese anfangs noch einschneidige Hieb- und Stichwaffe, Sax genannt, einem ganzen germanischen Völkerverband, dem der Sachsen, einst seinen Namen gab.
Aber nicht nur sie huldigten dieser Waffe.
Bei den Kelten zum Beispiel galt das Schwert nicht nur als Erkennungszeichen einer Kriegerkaste, sondern auch als Emblem der Macht und Begleiter ins Jenseits.
Interessanterweise ist das Schwert auch keine reine Männerdomäne. Altgriechische Vasenmalereien lassen vermuten, dass die kriegerischen Amazonen diese Waffe ganz selbstverständlich benutzten. Auch die beiden schwerttragenden Nibelungenbräute Kriemhild und Brünhild dürften nicht gänzlich ins Reich der Legenden gehören, denn das um 1300 entstandene Tower Fechtbuch dokumentiert in Wort und Bild detailliert, wie sich mittelalterliche Burgdamen mit der Hieb- und Stichwaffe übten.
Doch zurück zum Ursprung des Schwerts.
Am Anfang standen der Faustkeil, die Axt und dann Pfeil und Bogen, die zunächst für die Arbeit und dann für die Jagd entwickelt wurden.
Schwerter sind das erste reine Kriegsgerät des Menschen, obwohl die ältesten noch heute in Ausstellungen zu betrachtenden Exemplare nicht unbedingt danach aussehen
Ein im Stuttgarter Landesmuseum ausgestelltes kurzes Bronzeschwert, dessen Herkunft irgendwo zwischen dem 17. und 19. vorchristlichen Jahrhundert liegt, dokumentiert das ziemlich deutlich.
Die meisten Besucher bezeichnen das gute Stück als einen etwas zu groß geratenen Tortenheber und damit liegen sie nicht einmal so falsch. In Forscherkreisen firmiert dieses Modell noch unter dem Begriff Vollgriffdolch.
Aber das sollte sich bald ändern.
Von diesen frühen keltischen Funden bis über den Gladius der römischen Legionäre wurden daraus bald Schwerter unterschiedlicher Länge wie das des sogenannten Bidenhänders, einem Zweihandschwert von 1,80 Meter Länge.
Die Waffenschmiede standen in einem ständigen Wettkampf mit anderen Errungenschaften der Kriegsindustrie, die immer tödlichere Waffensysteme hervorbrachte. Als die Ritterrüstungen im Spätmittelalter zum Beispiel immer robuster wurden, antworteten die Schwertschmiede mit langen Spitzklingen, die auch den stabilsten Panzer zu durchdringen vermochten.
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Abschließend lässt sich sagen, dass es keine andere Waffe gibt, die unsere Mythologie, unsere Gedanken und unsere Träume so beherrscht wie das Schwert. Gerade in unserer Zeit scheinen die Menschen dafür besonders empfänglich zu sein, was aber zum größten Teil an den Medien wie Film, Fernsehen und Buch liegt.
Damit meine ich nicht die wenigen, die sich mit Sagen und Mythen beschäftigen und bei dem Wort Schwert an Gram oder Balmung denken, oder bei der Erwähnung von Excalibur in Entzücken geraten, sondern die breite Masse, die wie gebannt die Erzeugnisse der Unterhaltungsindustrie verfolgt.
Freunde der Tolkienschen Fantasy werfen sofort Namen wie Narsil oder Stich in die Runde, Harry Potter Fans denken an Gryffindors Schwert und die Anhänger von Star Wars an die Laserschwerter der Yedi-Ritter.
Die Älteren schwärmen von Arya aus Game of Thrones und der blonden Rächerin aus Kill Bill, die ihre Schwerter im Minutentakt kreisen lassen.
Aber die Geschichte des Schwertes ist mehr.
Queen Elizabeth benutzt es heute immer noch, wenn sie jemanden in den Adelsstand erhebt.
Nicht zu vergessen St. Martin, der es gebrauchte, um seinen Mantel zu teilen.
Für alle, die dieses Thema interessiert, hier noch ein Hinweis.
Das Landesmuseum der Stadt Stuttgart hat zu diesem Thema eine Sonderausstellung auf die Beine gestellt, die noch bis zum 29. April 2019 zu sehen ist.
Zu der Ausstellung gibt es ein Begleitprogramm mit diversen Kursen zum Thema Fechten und historischer Schwertkampf, eine Spielshow, in der man sich dank modernster Videotechnik zum Ritter schlagen lassen kann, vor dem Felsen steht, in dem Excalibur, das Schwert König Artus’ steckt, oder Darth Vader in die Augen sieht, wenn dieser sein Laserschwert erhebt.
Alle Events sind kostenlos.
Quellenhinweis:
- Kolumne von Georg Leisten in der Stuttgarter Zeitung vom Oktober 2018 in der Rubrik Kultur
(gs)