Elbsagen 02
Elbsagen
Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten
Für die Jugend ausgewählt von Prof. Dr. Oskar Ebermann
Verlag Hegel & Schade, Leipzig
2. Der Schatz
In Zirkowitz lebte einst ein Fischer, der hatte von Zeit zu Zeit Fische an den Pfarrer von Schima zu liefern. Die Frau des Fischers träumte in drei aufeinanderfolgenden Nächten, dass in der Nähe von Schima am Fuße eines Kreuzes, das von Dornensträuchern umgeben war, ein Schatz zu heben sei. Diesen sonderbaren Traum erzählte sie ihrem Mann. Der Fischer war ein grober Geselle, der auch gern ein Glas über den Durst trank. Er hielt die Erzählung seiner Frau für leeres Gerede und drohte ihr mit Prügel, wenn sie ihm noch einmal damit käme. Nun musste die Fischersfrau am nächsten Tag nach Schima gehen, um dem Pfarrer Fische zu bringen. Sie fasste sich also Mut und erzählte dem Pfarrer, was sie geträumt hatte. Auch fragte sie ihn, ob er glaube, dass der Sache irgendeine Bedeutung beizumessen sei. Der Pfarrer hielt es für wahrscheinlich, dass der Traum auf Wahrheit beruhe, er riet aber der Frau, zum Schutz gegen böse Geister einen geweihten Gegenstand mitzunehmen, wenn sie den Schatz heben wollte. Das versprach die Frau und ging nach Hause. Um Mitternacht machte sie sich auf den Weg und ging zu dem Ort, den ihr der Traum bezeichnet hatte. Wie groß war ihr Erstaunen, als sie am Fuß des Kreuzes ein blaues Flämmchen und daneben in der Erde eine große Menge harter Taler bemerkte, gerade so, wie sie es im Traum gesehen hatte.
Sogleich machte sie sich ans Werk und raffte, so schnell sie konnte, einen Teil des Geldes in ihre Schürze. In der Eile hatte sie aber vergessen, den geweihten Gegenstand auf das Geld zu werfen, um die bösen Geister zu vertreiben.
Wie erschrak sie daher, als sie plötzlich zwei widerwärtige Ungeheuer auf sich zukommen sah. Sie stieß einen gellenden Schrei aus, ein dumpfer Knall ertönte und der Schatz samt den Flämmchen und den Ungeheuern versank in die Tiefe. Die Frau war wie gelähmt. Eilig kehrte sie von dem Ort des Schreckens nach Hause zurück und erzählte dort ihr Abenteuer. Zunächst wollte niemand ihren Worten glauben. Als aber die Frau die durch hohes Alter geschwärzten Taler vorzeigte, mussten sich die Leute von der Wahrheit ihrer Erzählung überzeugen.