Die Fahrten und Abenteuer des kleinen Jacob Fingerlang 17
Die Fahrten und Abenteuer des kleinen Jacob Fingerlang
Ein Märchen von Gotthold Kurz
Nürnberg, bei Gottlieb Bäumler 1837
Siebzehntes Kapitel
Jacob schifft sich auf einem Orlogschiff nach Ostindien ein.
Das holländische Geschwader hatte sich auf der Reede von Texel versammelt und erwartete den Befehl zur Abfahrt. An einem schönen Junimorgen traf dieser ein, und sogleich machte alles Anstalt zur Abreise. Es war ein hinreißender Anblick, diese majestätischen Schiffe mit ihren hohen Masten, mit flatternden Wimpeln und Flaggen, umringt von unzähligen kleinen Fahrzeugen, die auf den blitzenden grünlichen Wellen hin und her tanzten; hinter ihnen das weite Meer, das sich in unbegrenzter Ferne verlor. Tausende von Menschen füllten das Gestade, Tausende regten sich auf den Verdecken, auf den Rahen und im Takelwerk. Hier ließ sich kriegerische Musik, dort der raue Gesang der Matrosen vernehmen. Jetzt kündigte ein Kanonenschuss die Ankunft des Vizeadmirals an. Ein stattlicher Wagen mit vier schnaubenden Rappen bespannt, trennte die Menge der Zuschauer. Außer den hohen Offizieren des Geschwaders bemerkte man in demselben auch unseren Jacob, auf den Knien eines dieser Herren stehend, und fröhlich seinen Hut nach allen Seiten schwenkend. Ein lautes Hurrageschrei und Beifallklatschen begleitete ihn durch die ganze Reihe des versammelten Volkes, das wie aus einem Mund nun ein bekanntes patriotisches Lied anstimmte. Von der ganzen Länge des Gestades rauschte der tausendstimmige Chor und breitete sich aus über die Wasserfläche hin und stieg hoch empor in die blauen Lüfte. Da hinein schmetterten die Trompeten und krachten die Salven von den Schiffen und von den Batterien der Reede! Jetzt hörte man schon vielstimmigen Kommandoruf der Offiziere und das Geheul der Matrosen an den Ankerwinden. Hunderte von Segeln blähten sich auf im frischen Ostwind und wurden wieder verhüllt vom weißen Rauch neuer Salven, die von den buschigen Gestaden Helders widerhallten. So schwamm die prächtige Wasserstadt nun allgemach dem offenen Meer zu, weit hinaus begleitet von zahlreichen Barken und Kähnen, in denen wohl manche Mutter, Gattin und Geliebte der Trennung bitteres Leid beweinte. Den kühnen Seefahrern aber ging nun mit einem Mal die Welt der bisherigen Umgebungen und Bestrebungen unter, und eine neue, den meisten noch unbekannte, mit manchem Reiz romantischer Hoffnung geschmückt, tauchte weit vor ihnen in der Ferne auf. Dazwischen aber lag die lang gedehnte Wasserwüste, die sie zu durchsegeln hatten, mit ihren Wundern, Schrecknissen und Gefahren. Zunächst behauptete die Gegenwart ihr Recht, die Schiffe, die gleich Nussschalen auf dem Ozean dahin tanzten, mussten den Reisenden zum Vaterland, die enge Kajüte zur Heimat sich gestalten, die zufälligen Ereignisse der Fahrt, der Dienst, die engere Gemeinschaft, dem einförmigen Dasein, zu dem sie jetzt verurteilt waren, Abwechslung, Gehalt und Reiz verleihen.