Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 5
Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845
5. Wie Rübezahl drei Tischlergesellen mit Reisegeld versieht
»Schneeberger«, sagte ein Tischlergeselle zum anderen, als sie eben über das Gebirge wanderten, »Schneeberger, wenn du nicht besser laufen kannst, so kommen wir heute nimmer in die Herberge, denn das Gebirge ist hoch und der Tag gerade nicht lang.«
Der Schneeberger raffte sich und sagte: Erfurter, Eile mit Weile, und ich habe einmal einen ruhigen Schritt, und der Friedberger ist auch eben kein Renntier.«
»Möchte es drum sein«, erwiderte der Erstere, »wenn wir nur nicht so ganz ohne Lehrgeld wären.«
Also stiegen alle drei wieder munterer darauf los und das Gebirge hinauf.
Als sie schon ein hübsches Stück hinter dem Hain waren, stöhnte der Erfurter und sagte: »Kinder, ich kann nicht mehr, und es tut not, dass wir uns einmal setzen.«
Die beiden anderen taten freilich äußerlich, als ob ihnen nicht eben etwas daran gelegen wäre, aber innerlich freuten sie sich doch darüber und lagerten sich dann alle drei ins Moos im Schatten der Fichten. Wie sie nun so da lagen, der Ruhe genossenen und an das und jenes dachten, und der Schneeberger eben seufzte: »Ach, was wird mei Katterle im Schönheider Hammer machen«, da fällt plötzlich nahe bei ihnen ein Schuss, dass sie aufsprangen. Über ihnen aber auf der Felsenecke stand ein Jiäger, der auf sie herunterschaute und dann verschwand. Mit einem Mal knackte und prasselte es im Gebüsch, und ein Reh, bedeckt mit Schweiß, brach hindurch und stürzte vor ihnen nieder.
»Gott bescherts«, sagte der Friedberger, »das gibt auf viele Tage einen guten Braten.«
Aber der Schneeberger versetzte: »Unrecht Gut wudelt nicht, und das Stück ist ja nicht unser.«
Daran kehrten sich aber die anderen nicht, brachen das Reh auf und warfen dem Schneeberger spöttisch die Eingeweide zu. Während der nun halb gedankenlos mit seinem Stab das Gescheide auseinanderbreitet, da blinkte ihm auf einmal etwas entgegen.
»Wie ist mir denn«, sagte er, »das sieht ja aus wie Gold.« Und er schob eine goldene Kugel heraus und bald darauf noch eine, und endlich eine dritte.
»Verflucht«, rief der Friedberger, »den Jäger kenne ich. Nun ist unserer Not auf einmal abgeholfen.«
»Hier«, sagte der Schneeberger und reichte beiden eine Kugel hin, »aber vergesst auch nicht den Dank!«