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Die Skalpjäger – Das Gefecht am Canyon

Thomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Dritter Teil
Zehntes Kapitel

Das Gefecht am Canyon

Wir drangen in den Wald und folgten dem indianischen Weg stromaufwärts. Wir eilten dahin, so schnell sich der Atajo treiben ließ. Ein kurzer Trab über eine fünf Meilen breite Strecke brachte uns an das östliche Ende des Tals. Hier näherte sich die Sierra dem Fluss und bildete einen Canyon. Es war eine finstere Schlucht, welche der durch die wir vom Westen hereingekommen ähnlich war, aber noch furchtbarer aussah.

Sie wich besonders darin von der Ersteren ab, dass zu beiden Seiten kein Weg über die Berge führte. Das Tal war von steilen Klippen umschlossen und der Pfad lief durch den Canyon – am Bett des Flusses hinauf. Der Letztere war seicht. Bei starken Regengüssen wurde er zu einem Strom und dann war das Tal von Osten her unzugänglich, aber dies kam in jenen regenlosen Gegenden nur selten vor.

Wir betraten den Canyon ohne Halt zu machen und galoppierten über die Geröllsteine und mächtigen Felsstücke, die in seinem Bett lagen. Hoch über uns ragten die steilen Klippen tausende Fuß empor. Große Felsen neigten sich über das Wasser, alte Fichten mit spitzen Nadeln hingen in den Felsspalten wurzelnd herab, gestaltlose Massen aus Kaktus und Mezcalpflanzen krochen über die Klippen dahin und erhöhten die Wildheit der Szenerie durch ihre malerischen, aber düsteren Formationen.

In dem Pass war es durch den Schatten der überhängenden Massen dunkel, aber jetzt noch dunkler als gewöhnlich, da die Klippen über unseren Köpfen von schwarzen Gewitterwolken umhüllt wurden. Durch diese zuckten in kurzen Zwischenräumen die Blitze und spiegelten sich im Wasser zu unseren Füßen wider. Der Donner rollte in kurzen scharfen Stößen über die Schlucht, bisher aber regnete es noch nicht.

Wir plätscherten hastig dem Führer nach durch den seichten Fluss. Es gab gefahrvolle Stellen darin, wo das Wasser mit einer Heftigkeit, welche unsere Pferde beinahe niederwarf, um Felsenvorsprünge brauste, aber wir hatten keine Wahl und kletterten, unsere Tiere mit Stimme und Sporn antreibend, weiter.

Nachdem wir einige hundert Schritt weiter gekommen waren, erreichten wir die Höhe des Canyons und kletterten am Ufer heraus.

»Nun, Cap’tain«, rief der Führer, indem er anhielt und zu dem Eingang deutete, »hier ist der beste Ort zur Verteidigung. Wir können sie zurückhalten, bis sie der Sache müde werden. Das ist es, was wir zu tun vermögen.«

»Ihr wisst gewiss, dass außer diesem kein anderer Pass herausführt?«

»Keine Ritze, durch die eine Katze entwischen könnte, das heißt, wenn sie nicht um die andere gehen, aber dadurch würden sie auch, meiner Berechnung nach, einen Umweg von zwei Tagen machen.«

»Nun, so wollen wir diese Stelle verteidigen.

»Steigt ab Leute! Werft euch hinter die Felsen.«

»Wenn Ihr meinem Rat gehorchen wolltet, Cap’tain, so würde ich die Maultiere und Weiber mit einigen Männern zur Bewachung, diejenigen, welche die schlechtesten Pferde reiten, voraussenden. Wenn wir einmal gehen, wird es Nase an Schwanz heißen und wenn sie jetzt aufbrechen, so seht Ihr, dass wir sie leicht auf der anderen Seite der Prärie einholen können.«

»Ihr habt recht, Rube. Wir können nicht lange hier bleiben. Die Mundvorräte werden uns ausgehen. Sie müssen sich voraus begeben. Denkt Ihr, dass jener Berg weit von der Linie unseres Marsches liegt?«

Seguin deutete bei diesen Worten auf einen schneebedeckten Gipfel, welcher im fernen Osten über die Ebene herausragte.

»Der Weg, welchen wir einschlagen müssen, wenn wir über das alte Bergwerk gehen wollen, führt dicht daran vorbei, Cap’tain. Südlich von jenem Schneegipfel ist ein Pass – es ist der Weg, auf dem ich selbst einmal entwischt bin.«

»Nun gut! Die Vorausgehenden können den Berg zum Führer nehmen. Ich will sie sofort abgehen lassen.«

Etwa zwanzig Mann, welche die schlechtesten Pferde ritten, wurden unter der Bande ausgewählt. Diese machten sich mit dem Atajo und den Gefangenen augenblicklich auf den Weg und ritten auf den Schneeberg zu.

El Sol ging, mit der Aufsicht über Dacoma und die Tochter unseres Anführers betraut, mit dieser Abteilung. Die Übrigen schickten sich an, den Pass zu verteidigen.

Unsere Pferde wurden in einer Senke angebunden und wir stellten uns an einem Punkt auf, von wo wir die Mündung des Canyons mit unseren Büchsen bequem beherrschen konnten.

Wir warteten schweigend auf den herannahenden Feind. Bis jetzt war noch kein Kriegsruf zu uns gedrungen, aber wir wussten, das unsere Verfolger nicht weit entfernt sein konnten, knieten hinter die Felsen und spähten angestrengt die dunkle Schlucht hinab.

Es ist schwer, mit der Feder eine Idee von unserer Stellung zu geben. Der Punkt, welchen wir zur Verteidigung ausgewählt hatten, war in seiner Art einzig, aber nicht leicht zu beschreiben.

Es ist nötig, etwas von seinem eigentümlichen Charakter zu wissen, um das, was jetzt erfolgte, zu begreifen.

Der Fluss strömt, nachdem er sich eine Strecke weit in einem seichten steinigen Bett dahin gewunden hatte, durch eine mächtige Tür artige Spalte zwischen zwei Riesenportalen in den Canyon. Eines von diesen war das steile Ende des Granitgebirges – das andere eine abgelöste Masse von geschichteten Felsen.

Unter diesem Tor wurde das Flussbett auf eine Strecke von etwa hundert Schritt lang breiter und hier war der Boden mit losen Steinen und Treibholzbalken bedeckt.

Noch weiter hinab näherten sich die Klippen einander so, dass nur zwei Reiter nebeneinander zwischen ihnen hindurchkommen konnten. Jenseits dieser Stelle wurde der Kanal abermals breiter und das Flussbett war mit mächtigen, von den Bergen herabgefallenen Felsstücken angefüllt.

Die Stelle, welche wir einnahmen, war zwischen dem Felsen und dem Treibholz innerhalb des Canyons und unterhalb der großen Spalte, welche seine Mündung bildete. Wir hatten die Position notgedrungen wählen müssen, da an diesem Punkt das Ufer abschüssig war und einen Ausweg zum offenen Land darbot, auf welchem uns unsere Verfolger in die Flanke kommen konnten, wenn wir ihnen erlaubten, so weit heraufzudringen. Es war daher nötig, dies zu verhindern und wir stellten uns so auf, dass wir die untere oder zweite schmale Stelle des Kanals verteidigten.

Wir wussten, dass unterhalb dieses Punktes steile Klippen das Flussbett auf beiden Seiten ummauerten, sodass es ihnen unmöglich sein würde, heraufzusteigen. Wenn wir sie abhalten konnten, einen Sturm auf das beengte Ufer zu unternehmen, so verhinderten wir sie an jedem weiteren Vordringen.

Sie konnten unserer Stellung nur dadurch in die Flanke kommen, dass sie in das Tal zurückritten und sich zu dem westlichen Ende, eine Strecke von wenigstens fünfzig Meilen begaben.

Jedenfalls waren wir imstande, sie im Schach zu halten, bis der Atajo weit voraus gekommen war. Dann beabsichtigten wir, uns auf unsere Pferde zu verlassen und ihn in der Nacht einzuholen. Wir wussten, dass wir endlich doch die Verteidigung aufgeben mussten, da der Mangel an Mundvorräten uns nicht gestatten würde, uns längere Zeit zu halten.

Wir hatten uns auf Befehl unseres Anführers zwischen den Felsen niedergeworfen. Der Donner rollte jetzt über unseren Häuptern und hallte in dem Canyon wider. Schwarze Wolken zogen von blendenden Blitzen zerspalten und zerrissen über die Klippen dahin, große Tropfen, welche bis jetzt aber noch dünn fielen, schlugen auf die Steine nieder.

Wie mir Seguin gesagt hatte, sind Regen, Donner und Blitz seltene Erscheinungen in dieser Gegend, wenn sie aber einmal vorkommen, so geschieht es mit der Heftigkeit, welche die Stürme der Tropenländer charakterisiert. Die Elemente, welche ihrem gewohnten Zügel entronnen sind, wüten in einem wilden Krieg. Die lange angesammelte Elektrizität, welche plötzlich aus ihrem Gleichgewicht gehoben ist, scheint sich an der Verwüstung zu ergötzen und zerreißt die Harmonie der Natur.

Das Auge des Geognosten konnte sich bei einem Blick auf die Oberfläche dieser Hochebenen nicht im Charakter ihrer Atmosphäre täuschen. Die furchtbaren Canyons, die tiefen Barrancas, die zerrissenen Ufer der Felsen und die durch den Lehm geschnittenen Kanäle der Arroyos – kurz, alles verkündet, dass wir uns in einem Land plötzlicher Fluten befinden.

Fern im Osten, in der Nähe der Quelle des Flusses, konnten wir sehen, dass der Sturm im vollen Grimm wütete. Die Berge waren in jener Richtung hin unsichtbar geworden, dicke Regenwolken senkten sich auf sie herab und wir konnten das Geräusch des niederfallenden Wassers hören. Wir wussten, dass es bald bei uns sein würde.

»Ich möchte wissen, was sie zurückhält?«, fragte einer.

Unsere Verfolger hatten Zeit gehabt, heranzukommen; die Verzögerung war unerwartet.

»Gott weiß es«, antwortete ein anderer, »wahrscheinlich werden sie die Stadt erst frisch anstreichen wollen.«

»Ich glaube eher, dass ihr Anstrich abgespült werden wird«, erwiderte ein Dritter. »Seht nach dem Pulver auf Euren Pfannen, Gäule; das ist mein Rat.«

»Bei Gott; es wird in Strömen herunterkommen!«

»Das wäre eben recht, Jungs – Hurra!«, rief der alte Rube.

»Warum? Wollt Ihr Euch ersäufen lassen, Old Nag?«

»Das ist es gerade, was dieses Kind verlangt.«

»Nun, es ist mehr, als ich wünsche – ich möchte wissen, weshalb Ihr so nass werden wollt. Wünscht Ihr Eurem alten Kadaver das Fieber?«

»Wenn es zwei Stunden lang regnet«, fuhr Rube fort, ohne die letzte Frage zu beachten, »so brauchen wir nicht hier zu bleiben, seht Ihr?«

»Warum nicht, Rube?«, fragte Seguin aufmerksam.

»Warum, Cap’tain?«, entgegnete der Führer, »ich habe den geringsten Regenschauer diesen Creek so groß machen sehen, dass Ihr keine Lust haben würdet, hindurchzuwaten. Hurra, es kommt sicher genug! Hurra! Es kommt!«

Als der Trapper diesen Ruf ausstieß, kam eine mächtige, schwarze Wolke von Osten herangerollt, bis ihre schwarzen Riesenschwingen eine Decke über das Defilé bildeten. Sie war mit Elektrizität gefüllt und der Donner brach von Zeit zu Zeit in lauten Explosionen aus, wenn die roten Blitzstrahlen zischend hindurchzuckten.

Aus dieser Wolke fiel der Regen nicht in Tropfen – sondern, wie es der alte Jäger vorausgesagt hatte, – in Strömen.

Die Leute warfen hastig die Säume ihrer Jagdhemden über ihre Flintenschlösser und blieben schweigend, vom Sturm gepeitscht, liegen.

Jetzt erregte ein anderer Ton unsere Aufmerksamkeit. Er glich dem anhaltenden Lärm einer Wagenreihe, welche über einen steinigen Weg dahinzieht.

Es war der Schall von Hufschlägen in dem steinigen Bett des Canyons, es waren die Hufschläge der nahenden Navajo.

Plötzlich hörte das Geräusch auf – zu welchem Zweck? Vielleicht, um zu beobachten?

Diese Vermutung erwies sich als richtig, denn nach wenigen Augenblicken zeigte sich ein kleiner roter Gegenstand über einem entfernten Felsen. Es war die Stirn eines Indianers mit ihrer Zinnoberbemalung.

Er war zu weit von uns, als dass eine Büchse hätte bis zu ihm tragen können und die Jäger beobachteten ihn, ohne sich zu bewegen.

Bald erschien ein Zweiter und dann ein Dritter und dann sah man eine Menge dunkler Gestalten von einem Felsen zum anderen in dem Canyon hinaufschleichen.

Unsere Verfolger waren abgestiegen und näherten sich zu Fuß.

Unsere Gesichter wurden von den Wasserpflanzen, womit die Steine bedeckt waren, verborgen und die Indianer hatten uns bis jetzt noch nicht erspäht. Sie waren offenbar in Zweifel, ob wir weiter gegangen seien. Dies war ihr Vortrab, welcher die nötigen Beobachtungen anstellten.

In Kurzem waren die Vordersten bis dicht an den schmalen Teil des Canyons gekommen. Unter diesem Punkt lag eine Felsenmasse und der obere Teil eines Indianerkopfes zeigte sich einen Augenblick darüber.

Im gleichen Moment krachten ein halbes Dutzend Büchsen. Der Kopf verschwand, aber im nächsten Moment sah man einen Gegenstand unten auf den Kieseln am Fuß des Felsens. Es war der braune Arm des Wilden, der mit der Handfläche nach oben lag. Wir wussten, dass die bleiernen Boten ihr Werk getan hatten.

Die Verfolger hatten, wenn auch auf Kosten eines unter ihrer Zahl, jetzt unsere Anwesenheit sowie unsere Stellung erkannt. Wir sahen den Vortrab sich ebenso zurückziehen, wie er sich genähert hatte.

Diejenigen, welche gefeuert hatten, luden ihre Büchsen wieder, knieten wie vorher hin und warteten mit scharfen Augen und gespannten Hähnen auf das Nahen der Feinde.

Es dauerte lange, ehe wir wieder etwas von den Indianern hörten, aber wir wussten, dass sie sich über einen Angriffsplan berieten.

Es gab nur eine Weise, auf welche sie uns schlagen konnten – indem sie den Canyon hinaufstürmten und zum Handgemenge mit uns kamen. Bei einem Angriff dieser Art würde ihr Hauptverlust durch die erste Salve erfolgen. Sie konnten auf uns einreiten, ehe wir wieder zu laden vermochten, und da sie uns an Zahl weit überlegen waren, den Kampf bald mit ihren langen Lanzen entscheiden.

Wir wussten alles dies, aber wir wussten auch, dass eine erste Salve, wenn sie gut gefeuert wird, einen Indianerangriff stets zurückschlägt. Wir verließen uns auf diese Hoffnung.

Wir hatten ausgemacht, pelotonweise zu feuern und so den Vorteil einer zweiten Salve zu haben, wenn die Indianer sich nicht nach der ersten zurückziehen würden.

Beinahe eine Stunde lang kauerten die Jäger im strömenden Regen und sahen nur darauf, dass die Schlösser ihrer Gewehre trocken blieben. Das Wasser begann in schlammigen Fäden zwischen den Steinen hindurch zu sickern und knöcheltief um die Felsen zu strömen, womit der weite Kanal, worin wir jetzt standen, übersät war.

Über und unter uns lief aber der von dem schmäler werdenden Bett zusammengedrängte Strom mit bedeutender Schnelligkeit.

Die Sonne war untergegangen – wenigstens schien es in der düsteren Schlucht, worin wir uns befanden, so. Wir sahen dem Erscheinen unserer Feinde mit ungeduldiger Begier entgegen.

»Vielleicht sind sie auf dem anderen Weg herumgegangen!«, meinte einer.

»Nein, sie warten bis zum Einbruch der Nacht. Sie werden es dann versuchen.«

»Nun, sie mögen warten!«, grollte Rube, »wenn sie grünschnäbelig dazu sind. Eine halbe Stunde wird hinreichen oder dieses Kind versteht kein Wetterzeichen!«

»Still! Still!«, flüsterten mehrere Stimmen zugleich, »seht, sie kommen! Sie kommen!«

Aller Augen waren hinab auf den Pass geheftet. Eine Menge von dunklen Gegenständen zeigten sich in der Ferne und füllten das Flussbett völlig aus. Es waren die Indianer und zu Pferde. Wir erkannten hieran, dass sie im Begriff waren, einen Sturm zu wagen. Auch ihre Bewegungen bestätigten es.

Sie hatten sich zwei Mann hoch formiert und hielten ihre Bogen bereit, um im Herangaloppieren einen Pfeilhagel auf uns fliegen zu lassen.

»Seht euch vor, Jungs«, rief Rube, »sie kommen jetzt im Ernst. Seht scharf durch Eure Visiere und gebt ihnen Euer Blei, hört Ihr!«

Bei diesen Worten des Trappers brachen zwanzig Stimmen in ein gleichzeitiges Gellen aus. Es war der Kriegsruf der Navajo.

Als die drohenden Töne durch den Canyon erschallten, wurden sie von dem lauten Hurraruf der Jäger und dem wilden Jauchzen ihrer Delaware- und Shawano-Verbündeten beantwortet.

Die Indianer hielten einen Augenblick jenseits der schmäleren Stelle des Canyon, bis die Hintersten herangekommen sein würden. Hierauf stießen sie einen zweiten Schrei aus und galoppierten in die Schlucht.

Ihr Angriff war so plötzlich, dass mehrere von ihnen durch die Spalte gekommen waren, ehe ein Schuss abgefeuert wurde, dann kam das Knallen der Musketen – das Krachen – Krach! – Krach – der Büchsen – die lauteren Salven der spanischen Escopetten und der zischende Ton der indianischen Pfeile. Auf beiden Seiten wurden Schreie der Aufmunterung und Herausforderung ausgestoßen und man vernahm stöhnende Laute, wie die gerieften Kugeln oder die vergifteten Pfeilspitzen das weiche Fleisch zerrissen.

Mehrere von den Indianern waren auf die erste Salve gefallen. Eine Zahl war bis an die Stelle, wo wir im Hinterhalt lagen, vorwärts geritten und schoss ihre Pfeile in unsere Gesichter ab. Unsere Büchsen waren aber nicht alle abgeschossen und man sah die kühnen Wilden nach den einzeln aufeinanderfolgenden Knallen aus den Sätteln stürzen.

Die Hauptmasse schwenkte hinter die Felsen und formierte sich jetzt zu einem zweiten Angriff.

Dies war der Augenblick der Gefahr. Unsere Gewehre waren abgeschossen und wir konnten sie nicht verhindern, durch die Öffnung zu kommen, und zum offenen Land hindurchzudringen. Ich sah Seguin seine Pistolen ziehen und vorwärts stürzen, indem er den auf gleiche Weise Bewaffneten zurief, dass sie seinem Beispiel folgen möchten.

Wir eilten unserem Anführer nach bis an den Rand des Canyons und standen, den Angriff erwartend, da.

Er musste bald kommen, denn die durch eine Menge von Umständen erbitterten Feinde waren entschlossen, uns um jeden Preis zu vernichten. Wir hörten abermals ein wildes Kriegsgeschrei und bei seinem Widerhall galoppierten die Wilden in die Öffnung.

»Jetzt ist es Zeit!«, rief eine Stimme. »Feuer! Hurra!«

Fünfzig Pistolen knallten beinahe zu gleicher Zeit. Die vordersten Pferde bäumten sich und stürzten ausschlagend und sich umherrollend zurück. Sie bildeten eine Masse, welche den Kanal vollständig verstopfte. Die hinter ihnen Kommenden trieben ihre Pferde vorwärts. Einige kamen bis auf den Haufen gefallener Körper. Ihre Pferde erhoben sich und fielen wieder zurück, sodass sie ihre toten und lebenden Reiter unter ihren Hufen zerstampften. Einige kamen heran und griffen uns mit ihren Lanzen an. Wir schlugen mit unseren Flintenkolben auf sie ein und drangen mit Messern und Tomahawks wild gegen sie.

Der Fluss hob sich und schäumte an die Felsen. Die an der engeren Stelle liegenden Tiere dämmten ihn auf. Wir standen bis an die Hufe in der wachsenden Flut. Der Donner brüllte über unseren Köpfen und die Blitze zuckten in unsere Gesichter, als ob die Elemente an dem Kampf teilnähmen.

Das Geschrei dauerte ebenso wild und Rache heischend wie vorher fort. Die Jäger beantworteten es mit wilden Herausforderungen. Flüche kamen von schäumenden Lippen und die Kämpfer umfassten sich in der Umarmung, welche nur mit dem Tod endete.

Und jetzt erhob das hochgestaute Wasser die Körper der Tiere, welche den engen Raum bisher angefüllt hatten und fegte sie hinaus.

O Gott! Sie drängen sich herauf und unsere Gewehre sind entleert!

In diesem Augenblick erschallt ein neuer Ton in unseren Ohren. Es war nicht das Geschrei von Männern, noch das Knallen von Gewehren, noch das Rollen des Donners – es war das dumpfe Brausen des Stroms!

Hinter uns ertönte ein warnender Ruf – eine Stimme schrie laut:

»So lieb Euch Euer Leben ist, an das Ufer! Ans Ufer!«

Ich wendete mich um und sah meine Gefährten mit Worten des Schreckens und der Warnung zu dem Abhang eilen. In demselben Augenblick heftete sich mein Blick auf einen heranschwimmenden Gegenstand.

Keine zwanzig Schritt über der Stelle, wo ich mich befand, kam eine braune, schwimmende Masse heran. Es war Wasser, welches auf seinem schaumigen Scheitel mächtige Treibholzstämme und abgerissene Baumäste trug.

Es war, als ob die Schleusen eines großen Damms plötzlich hinweggerissen worden und dies der erste Strom der freigewordenen Fluten sei.

Während ich noch darauf blickte, schlug es mit einem Donnerton an das Portal des Canyon, wich dann zurück und flog bis zu einer Höhe von zwanzig Fuß auf. Im nächsten Augenblick kam es schäumend durch die Spalte.

Ich hörte das entsetzte Geschrei der Indianer, welche ihre Pferde schwenkten und flohen. Ich lief meinen Gefährten zum Ufer zu. Ich wurde durch das Wasser gehemmt, welches bereits bis an meine Schenkel reichte, aber ich rang mich mit verzweifelter Energie hindurch, bis ich einen sicheren Punkt erreicht hatte.

Ich war kaum herausgeklettert, als der Strom mit einem zischenden, siedenden Ton vorüberfegte. Ich blieb stehen, um ihn zu beobachten. Von der Stelle, wo ich war, konnte ich die Schlucht eine lange Strecke weit übersehen. Die Indianer waren bereits im vollen Galopp, und ich sah die Schweife ihrer hintersten Pferde soeben über die Felsen verschwinden. Die Körper der Toten und Verwundeten lagen immer noch im Flussbett. Es waren sowohl Jäger als auch Indianer. Die Verwundeten stießen ein Schreckensgeschrei aus, als sie die herankommenden Fluten sahen. Diejenigen, welche unsere Kameraden gewesen waren, riefen nach Hilfe. Wir konnten nichts tun, um sie zu retten. Ihr Geschrei hatte uns kaum erreicht, als sie vom Canyon aus wie Federn aufgehoben und mit der Schnelligkeit der aus dem Lauf entsendeten Kugel hinabgetrieben wurden.

»Dort sind drei gute Burschen untergegangen. Uhm!«

»Wer sind sie?«, fragte Seguin, und die Leute wendeten sich mit fragenden Blicken um.

»Ein Delaware und der lange Tim Harrys und …«

»Wer ist der Dritte, welcher uns fehlt – kann es niemand sagen?«

»Ich glaube, dass es Kirker ist, Cap’tain.«

»Es ist Kirker, beim ewigen Gott! Ich habe ihn stürzen sehen. Pah! Sein Haar werden sie jedenfalls abheben.«

»Ja, sie werden ihn unten herausfischen, das ist sicher!«

»Ich glaube, dass sie eine gute Menge von den ihren herausfischen werden.«

»Es wird jedenfalls ein scharfes Wettrennen sein. Ich habe gehört, dass ein Pferd mit einer Gewitterwolke um die Wette gelaufen ist. Aber die Kerle werden sich anstrengen müssen, wenn ihre Schweife nicht nass werden, ehe sie an das andere Ende kommen.«

Während der Trapper noch sprach, wurden die Körper seiner Kameraden an eine Krümmung des Canyon geschleudert und unseren Augen entrissen. Das Bett war jetzt mit der schäumenden Flut angefüllt, welche brausend an die Felsen schlug.

Unsere Gefahr war für jetzt vorüber.

Das Canyon war unzugänglich geworden und nachdem wir – die meisten von uns mit Gefühlen des Grausens – auf den Strom geblickt hatten, wendeten wir uns ab und gingen der Stelle zu, wo unsere Pferde angebunden waren.