Miroslav Nemec – Die Toten von der Falkneralm
Miroslav Nemec – Die Toten von der Falkneralm
Miroslav Nemec, Schauspieler und als solcher Tatortkommissar mit dem Namen Ivo Batic, in der ganzen Republik bekannt, verdient sein Geld nicht nur mit der Schauspielerei im Fernsehen, Film und Theater, sondern zum Beispiel auch mit Krimilesungen.
Zu einer solchen ist er eines Tages eingeladen, genauer gesagt, zu einem Krimiwochenende auf der Falkneralm in den bayerischen Bergen. Als er zu dieser Veranstaltung seine Frau Und seine Tochter verlässt und mit dem Auto durch Bayern fährt, ahnt er noch nicht, was ihn in jenem Luxushotel erwartet.
Sturm ist angesagt, und so ist er froh, das Hotel noch vorher zu erreichen. Er parkt sein Auto auf einem Parkplatz im Tal, denn der Weg zum Hotel ist nur zu Fuß oder mit einer Seilbahn zu absolvieren. Da der Fußweg etwas für Extremsportler ist, bevorzugt er die Seilbahn, obwohl er Höhenangst hat und nicht aus der Kabine ins Tal sehen kann.
Endlich kommt er an, und der Sturm bricht los. Gäste, von denen erst die Hälfte angekommen ist, und Bedienstete sowie die Eigentümerin des Hotels haben ein wenig Angst, denn der Sturm ist gewaltig. Aber das Unwetter ist dann doch nicht so gefährlich, und man beruhigt sich wieder.
Das erste Abenteuer, das den Schauspieler am Ort erwartet, ist die Auseinandersetzung mit einem anderen Gast. Dieser ist offensichtlich sehr eifersüchtig, da seine Frau ihm mitgeteilt hat, dass sie Nemec attraktiv findet. Sie unterhält sich lange mit dem Schauspieler und lässt ihn auch spüren, dass sie ihn mag. Der Ehemann, Besitzer eines Dachdeckergeschäftes, droht sogar, sich mit dem Schauspieler zu prügeln, was dieser zunächst verhindert.
Es dauert nicht lange, dann findet man Herrn Simon, den Dachdeckermeister, tot im Pool der Anlage, während sich Miroslav Nemec noch mit dessen Frau unterhält. Es sieht alles nach einem Unfall aus, und der Schauspieler hilft, den Leichnam in ein ungenutztes Zimmer zu bringen und dort aufzubewahren, bis der Sturm einen Abtransport zulässt. Aber damit nicht genug. Später findet man nacheinander zwei weitere Tote.
Inzwischen ist auch noch eine Polizeibeamtin mit einer Freundin im Hotel eingetroffen, die in den Bergen vom Sturm überrascht wurde und Zuflucht vor dem Unwetter suchte. Sie beteiligt sich an den Spekulationen, ob es sich um Morde oder Unfälle handelt.
Als der Sturm am nächsten Tag zu Ende ist, versucht man, die Polizei zu erreichen. Die Beamten finden zunächst nichts, und die Veranstaltung wird natürlich abgesagt. Miroslav Nemec fährt zunächst nach Hause und grübelt, ob es sich um Mord handelt und wer der oder die Mörder sein könnten. Da ruft ihn die Polizeibeamten zu Hause an. Sie hat etwas beobachtet.
Der Autor veröffentlicht mit Die Toten von der Falkneralm seinen ersten Kriminalroman. Er schreibt in der Ichform und berichtet von seinem ersten Fall, bzw. erzählt von seiner ersten fiktiven Ermittlung.
Der Personenkreis, über den er schreibt, ist zwar eigentlich etwas größer, die Personen, die in seinem Roman intensiver beschrieben werden, bilden allerdings einen überschaubaren Kreis, ungefähr so groß, wie die Zahl von Darstellern eines Theaterstücks ausfallen dürfte.
Ein wenig dem Theater entlehnt erscheint auch die Kulisse der Story, ein renoviertes, altes, pompöses (Nazi-) Gebäude in den Bayerischen Alpen, das nur über eine Seilbahn zu erreichen ist als Schauplatz sowie ein tosendes Unwetter, ein Orkan, der das Ganze noch zusätzlich dramatisch erscheinen lässt.
Ferner beschreibt Miroslav Nemec – und gerade er scheint hierfür prädestiniert zu sein – die Begegnungen eines prominenten Schauspielers mit den Menschen im Alltag, also nicht im Film oder auf der Bühne und den Umgang verschiedener Gruppen von Menschen mit dem Prominenten.
So ist zum Beispiel die Wirkung des gutaussehenden Fernsehkommissars auf das weibliche Geschlecht und die Eifersucht der Männer dieser Frauen sicherlich nicht nur intensiv beschrieben, sondern auch recht realistisch.
Ein weiteres Beispiel für den besonderen Umgang bestimmter Menschen mit einem taffen Fernsehkommissar liefert die Beschreibung der Reaktion eines aktiven echten Kriminalkommissars auf die Ermittlungsversuche des Fernsehkollegen, wobei es auch andere Beispiele von Polizisten gibt, die den Fernsehermittler wesentlich mehr ernst nehmen, als dieser.
Erzählerisch bietet der Roman von Miroslav Nemec schließlich eine ganze Menge, und er lässt sich in einem Rutsch lesen, ohne dass man ihn aus der Hand legen möchte. Charaktere, Dialoge und logische Abfolge des Geschehens und der Ermittlungen sind routiniert geschildert, ebenso die Landschaft in welcher sich das Beschriebene ereignet, und man kann meines Erachtens deutlich sehen, dass der Erzähler mit solchen Dingen oft auch beruflich zu tun hat.
Und er beschreibt sich selbst, den bekannten Tatortkommissar, eben nicht als den großen, fehlerlosen, harten Machomann mit der untrüglichen Spurenspürnase und dem überlegenen Intellekt, sondern als Menschen zum Anfassen mit Ängsten, Fehlern, Aussetzern und sonstigen allzu menschlichen Tugenden. Ob er das nur tut, um sympathisch zu wirken oder ob er tatsächlich im Alltag auch so ist, vermag ich nicht zu beurteilen, vermute allerdings, dass seine Beschreibung durchaus ehrlich ist.
Die Auflösung des Krimis ist dann am Ende durchaus ebenfalls seinem Beruf angemessen, und die Ermittler müssen zum Schluss noch einmal um die Ecke schauen, um die richtige Lösung zu finden. Eben ganz wie beim Tatort, möchte man sagen.
Fazit:
Miroslav Nemec bietet in Die Toten von der Falkneralm einen Kriminalroman, der denen bekannter Krimiautoren in nichts nachsteht. Seine Story wird routiniert entwickelt und aufgelöst, seine Charaktere sind psychologisch treffend beschrieben, und die Spannung der Story steigert sich laufend, bis sie am Ende in eine interessante Lösung mündet.
Die Beschreibung seiner eigenen Person mit ihren Stärken und Schwächen geht über die Inhalte üblicher Krimis hinaus und ist für Menschen, die Miroslav Nemec kennen oder doch zumindest schon einmal im Fernsehen oder auf der Bühne erlebt haben, sehr interessant.
Empfehlen möchte ich diesen Roman allerdings nicht nur der Fangemeinde des Schauspielers, sondern allen Krimilesern, die gute erzählte, spannende Unterhaltungsliteratur mögen und interessante Charaktere schätzen.
Miroslav Nemec wurde 1954 in Zagreb in Kroatien geboren. Nachdem seine Eltern sich scheiden ließen, kam er zu Verwandten nach Freilassing. 1973 wurde er deutscher Staatsbürger. Er absolvierte die Ausbildung zum Fachlehrer für Musik und besuchte die Schauspielakademie in Zürich. Seit 1977 war er Theaterschauspieler in Köln, Essen, an der Oper Frankfurt, am Münchener Volkstheater und am Bayerischen Staatsschauspiel in München.
Er arbeitete dann in verschiedenen Rollen für das Fernsehen, bevor er seit 1991 den Kriminalhauptkommissar Ivo Batic im Münchner Tatort spielte. Er ist in zwei Bands als Sänger und am Keyboard aktiv.
Nemec hat zwei Töchter aus erster Ehe, die geschieden wurde und eine dritte Tochter mit seiner zweiten Frau. Seit 2000 lebt er in München.
2011 veröffentlichte er autobiographische Erzählungen unter dem Titel Miroslav – Jugoslav und 2016 seinen ersten Kriminalroman Die Toten von der Falkneralm.
Er bekam u.a. den Bayerischen Fernsehpreis, den Goldenen Löwen und den Adolf Grimme Preis.
Quellen:
- Miroslav Nemec, Die Toten von der Falkneralm, Taschenbuch, Penguin Verlag, 1. Auflage 2018.
- de.wikipedia .org
- www.randomhouse.de
Bilder:
- Cover des Buches. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House.
- Foto des Autors. Copyright: Katrin Nemec. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House.
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