Fort Aldamo – Band 56
Frank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 56
Strafsoldat Finnewacker
Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 23.12.2017, Titelbild von Günter König
Kurzinhalt:
»Nach den Militärgesetzen der Armee der Vereinigten Staaten wird Master Sergeant Finnewacker zum gemeinen Infanteristen degradiert. Ferner wird er zu fünf Jahren Strafdienst in Fort Aldamo verurteilt. Berufung ist nicht möglich«
Dieses Urteil trifft Finnewacker wie ein Keulenschlag! Er hört nicht das aufgeregte Gemurmel im Gerichtssaal, sieht nicht die hämischen Gesichter derjenigen, die ihm diese harte Strafe eingebrockt haben. Und das ist erst der Beginn eines teuflischen Leidensweges für den Ex-Commander der Strafkompanie, denn die neuen Bosse in Aldamo sind wahre Meister im Schikanieren. Fort Aldamo wird zur Hölle für Finnewacker, und bald sieht er nur eine Chance: Flucht! Doch die gelang noch keinem …
Leseprobe:
Master Sergeant Finnewacker stiefelte wie ein gefangenes Raubtier in seiner Arrestzelle auf und ab. Seit über acht Tagen war er hier eingesperrt und hatte vergebens darauf gewartet, von Captain Warwick, dem neuen Commander von Fort Aldamo, vernommen zu werden.
Jeder Kontakt zur Außenwelt war abgerissen. Keiner seiner alten Kameraden und Kampfgefährten hatte sich in dieser Zeit blicken lassen. Ein Strafsoldat brachte ihm das Essen.
Und der Kerl war stumm wie ein Fisch. Er hatte anscheinend den Befehl, kein Wort mit dem Master Sergeant zu wechseln.
Finnewacker tobte und fluchte längst nicht mehr. Das brachte nichts ein. Immer wieder zermarterte er sich den Schädel, wie es ihm gelingen konnte, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Ihm war klar, dass es Captain Warwick darauf anlegte, ihn weich zu kochen, nachdem die Sache mit Lieutenant Masterson in Nugget Town geschehen war.
Trotz allem behielt der ehemalige Commander von Fort Aldamo die Nerven. Zu oft hatte er in seinem ereignisreichen Leben in der Tinte gesessen und es immer wieder geschafft, auf die Füße zu fallen.
Er fragte sich nur, warum nicht wenigstens Sergeant Fitzgerald nach ihm schaute. Das hatte ihm der kleine Krauskopf doch versprochen! Finnewacker ahnte aber, dass dies Captain Warwick wohl strikt verboten hatte.
Der neue Commander hatte es bisher auch abgelehnt, Finnewacker zu dem Vorfall zu hören. Das erboste den wackeren Haudegen am meisten. Er war unschuldig und hatte mit der ganzen Angelegenheit in Nugget Town nichts zu tun. Doch das schien der Captain nicht zu glauben.
Finnewacker blickte auf, als ein Schlüssel knarrend gedreht wurde. Die Tür zu der Arrestzelle schwang quietschend zurück. Schwere Schritte näherten sich Finnewackers Zelle.
Es war Corporal Jefferson, der heranstiefelte und dabei ein Gesicht wie ein Fleischerhund zog, dem ein anderer den dicksten Knochen gemopst hatte.
Der Master Sergeant seufzte erleichtert.
Das war wenigstens mal ein bekanntes Gesicht!
»Hallo, alter Trompeter«, rief Finnewacker und lächelte breit. »Mann, du ziehst aber ein finsteres Gesicht. Wer hat dir denn die Petersilie verhagelt?«
Corporal Jefferson blieb mit verkniffener Miene stehen, schlug die Hacken so fest zusammen, dass es ihn fast von den Beinen riss, und grüßte zackig.
»Guten Morgen, Master Sergeant«, rief er.
»Steh bequem, du Nulpe«, sagte Finnewacker gemütlich. »Na, endlich kann ich mich mit jemandem unterhalten und erfahren, was in Fort Aldamo läuft.«
Der Corporal stand noch immer stramm.
»Ich soll Sie … äh … dich zum Captain bringen. Außerdem wurde es mir verboten, mich mit dir zu unterhalten, Finnewacker. Das wirst du doch verstehen. Befehl ist Befehl!«
Jefferson sah sich um und schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen. Er lächelte gequält, als er Master Sergeant Finnewackers enttäuschten Gesichtsausdruck bemerkte.
»Schade, Jefferson. Natürlich musst du dich nach dem Befehl richten. Das sehe ich ein. Trotzdem solltest du mir eine Frage ganz schnell beantworten.«
Jefferson zögerte, nickte dann aber.
»Verdammt, Finnewacker«, raunte er. »Das alles tut mir furchtbar leid, doch da braut sich einiges über deinem Schädel zusammen. Gestern ist Lieutenant Masterson ins Fort gebracht worden. Es geht ihm wieder einigermaßen. Die Schussverletzung verheilt allmählich. Auch die Blessuren in seinem Gesicht sind besser geworden. Aber die beiden Offiziere wollen dir an den Kragen! Das habe ich läuten hören. Natürlich weiß ich nichts Genaues.«
»Danke, Jefferson. -Wo sind Fitzgerald und die anderen alten Kameraden? Ich habe seit über acht Tagen keinen von ihnen gesehen.«
»Fitzgerald, Wallowa, Wollcram, Gedder, Gammer, Kleiber und Larsen haben den strikten Befehl erhalten, auf keinen Fall mit dir zu sprechen oder Kontakt, egal welcher Art, mit dir aufzunehmen. Außerdem wurde ihren Versetzungsgesuchen stattgegeben. Sie reiten schon heute nach Camp Lowell, um von dort aus zu anderen Truppenteilen abkommandiert zu werden!«
»Was …?«
Dem Master Sergeant verschlug es die Sprache.
»Das durfte ich dir eigentlich nicht sagen, Finnewacker. Lass bloß den Captain nicht wissen, dass ich dir das erzählt habe!«
Der alte Haudegen winkte ab.
»Ist doch Ehrensache, Jefferson. Ich danke dir.«
Master Sergeant Finnewacker konnte es nicht fassen, dass seine zuverlässigsten und ältesten Kameraden Fort Aldamo verlassen sollten. Gut – sie hatten, wie auch er selbst, Versetzungsgesuche eingereicht, um den Schikanen der beiden Offiziere zu entgehen. Captain Warwick hatte aber vor zwei Wochen die Gesuche allesamt abgelehnt.
»Anscheinend rechnet der Captain mit einer Verschwörung oder einer Meuterei. Aus diesem Grund genehmigte er jetzt die Anträge auf Versetzung. Das ist aber eine reine Vermutung, Finnewacker«, meinte Corporal Jefferson.
»In Ordnung, mein Junge. Jetzt solltest du mich zu Captain Warwick bringen. Wird ja endlich Zeit, dass ich mich rechtfertigen darf. Ist ja ein dicker Hund, mich so lange schmoren zu lassen!«
Jefferson zuckte hilflos mit den Schultern.
»Ich muss dir Handschellen anlegen, Master Sergeant. Befehl vom Captain. Tut mir wirklich leid, doch …«
»Schon gut, schon gut!«
Der alte Haudegen reckte seine Hände durch die Gitterstäbe. »Tu nur deine Pflicht. Ich nehm’s dir nicht übel.«
Die Handschellen rasteten um Finnewackers Handgelenke.
»Wie ist denn so die Stimmung in der Truppe?«
»Beschissen«, murmelte Jefferson. »Sogar die Strafsoldaten trauern dir nach, was ich nie für möglich gehalten hätte.«
Master Sergeant Finnewacker nickte.
»Ich habe mich eben stets korrekt verhalten – gegenüber den Chargierten und auch den Sträflingen. Wenn ich manchmal losgelegt habe, dann hat es immer Gründe dafür gegeben. Schikanen schätze ich nicht.«
Corporal Jefferson zog seine Dienstwaffe aus der Revolvertasche und sah seinen ehemaligen Vorgesetzten um Entschuldigung heischend an.
»Ist wohl auch ein Befehl – was …?«‚ knurrte der bullige Master Sergeant übellaunig. »Anscheinend bin ich für die hohen Herren bereits verurteilt, wenn sie mich wie einen Schwerverbrecher behandeln.«
»Tut mir leid, Finnewacker.«
»Der Captain hat wohl Angst, dass ich dir an die Kehle springe. Himmel, Arsch und Zwirn, dieser nachgemachte Offizier muss inzwischen vollkommen verrückt geworden sein! Das halte ich ja im Kopf nicht aus!«
Corporal Jefferson öffnete achselzuckend die Zellentür. Finnewacker trat heraus. Die Handschellen klirrten misstönend.
»Wer ist eigentlich während meiner Abwesenheit Spieß der Strafkompanie gewesen? Ich nehme doch an, dass ich von Sergeant Fitzgerald vertreten worden bin – nicht wahr, Jefferson?«
Der Corporal schüttelte den Kopf.
»Hammersmith wurde vor drei Tagen zum Master Sergeant befördert. Er schwingt jetzt das Zepter.«
Finnewacker blieb stehen.
»Das wird ja immer schöner«, brummelte er. »Nichts gegen Hammersmith. Er ist dieser Aufgabe aber nicht gewachsen. Das weiß ich ganz genau. Was denkt sich eigentlich Colonel Brooke in Camp Lowell dabei, einen solchen Unsinn zu verzapfen? Ich verstehe das alles wirklich nicht mehr!«
»Vorwärts, Master Sergeant«, rief Jefferson, nachdem er die Außentür geöffnet hatte. »Den Weg zur Kommandantur kennen Sie ja.«
Finnewacker drehte den Kopf und starrte den Corporal überrascht an, der ihn in hartem Tonfall angeraunzt hatte.
Jefferson zwinkerte ihm verschwörerisch zu …
Vor dem Eingang zum Arrestblock hielten zwei weitere Blauröcke Wache. Obwohl sie die Handschellen an Finnewackers Händen sahen und genau wussten, was ihrem Master Sergeant zur Last gelegt wurde, rissen sie die Hacken zusammen und salutierten zackig.
Der bullige Ex-Commander nickte gerührt.
»Danke, Männer«, sagte er. »Ihr habt mich wenigstens noch nicht abgeschrieben.«
Der alte Kämpe marschierte los. Jefferson hatte Mühe, ihm zu folgen. Der Appellplatz war wie leer gefegt. Nur auf den Wehrgängen waren Sträflinge zu sehen, die dort ihren Wachdienst versahen.
Finnewacker sog die kühle Morgenluft in seine Lungen und hielt sein Gesicht der Sonne entgegen. Seit mehr als acht Tagen hatte er keinen Sonnenstrahl mehr auf seiner Haut gespürt.
Die beiden Soldaten näherten sich schnell der Kommandantur.
Master Sergeant Finnewacker atmete nochmals tief durch. Ihm wurde klar, dass in den nächsten Minuten eine Entscheidung fallen würde, die sein weiteres Leben bestimmen sollte …
Quelle:
- Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 56. Bastei Verlag. Köln. 23.12.2017