Der Kommandant des Tower 46
Der Kommandant des Tower
Band 2
Historische Erzählung von W. Harrison Ainsworth
Verlag von Christian Ernst Kollmann, Leipzig, 1863
Viertes Buch
Verschwörung und Gegenverschwörung
Zweites Kapitel
Sudley Castle
Wir müssen nun ungefähr ein Jahr überspringen, indem wir nur kurz erwähnen, was sich unterdessen ereignete. Der glänzende Sieg, den der Lordprotektor bei Pinkey über die Schotten gewonnen hatte, festigte seine Macht und steigerte seine Popularität so sehr, dass er unantastbar war.
Die Reformation hatte binnen der zwölf Monate bedeutende Fortschritte gemacht, und gegen die Römischen waren strenge Maßregeln ergriffen worden.
Alle Bilder, Statuen und Ornamente wurden entfernt. Die Heilige Schrift durfte nur in der englischen Sprache gelesen werden, und es wurde darauf hingewirkt, das Leben der Geistlichen exemplarischer zu machen. Das von dem verstorbenen König erlassene schreckliche Statut der sechs Artikel wurde zurückgenommen, und viele alte abergläubische Gebräuche wurden abgeschafft.
Cranmer erwirkte vom Konseil eine Order gegen das Tragen von Lichtern am Lichtmesstag und von Palmen am Palmsonntag. Der Gottesdienst musste in der Landessprache abgehalten werden. Trotz alledem herrschte im ganzen Reich viel Unzufriedenheit, und in vielen Grafschaften drohten Aufstände.
Bonner und Tunstal fanden sich bewogen, nachzugeben. Gardiner aber, der von spröderem Stoff war, leistete Widerstand und war der Erste, der in den Tower kam. Nach langer Gefangenschaft wurde er jedoch entlassen, aber mit Verlust seines Bistums bedroht, wenn er sich ferner rebellisch erweise. Zwei andere Prälaten, Heat, Bischof von Worcester, und Day, Bischof von Chichester, kamen ebenfalls in den Tower. Der fromme junge König hatte sich unterdessen aufs Eifrigste dem Werk der Kirchenreformation gewidmet. Er überließ die weltlichen Angelegenheiten sämtlich seinem Oheim, dem Lordproteetor, und brachte seine Zeit in Konferenzen mit Cranmer zu, hörte Ridleys und Latiners Homilien an und war darauf bedacht, sein Reich gänzlich von den Irrtümern des Papsttums zu reinigen und die reine Lehre an dessen Stelle zu setzen.
Edward war nun ungefähr zwei Jahre auf dem Thron, und durch seine Mitwirkung war manches Gute unterdessen geschehen. Obwohl der Krieg in Schottland immer noch in lässiger Weise fortgeführt wurde, so war doch der Preis des Kampfes nicht mehr dort, denn die junge Königin von Schottland befand sich in Frankreich, woselbst sie später mit Franz von Valois verlobt wurde. Das Letztere war Edward sehr genehm, da es ihm die Freiheit ließ, selbst eine Gemahlin zu wählen.
Seine Zuneigung zu Lady Jane Grey dauerte unverändert fort. Nie war er glücklicher als in ihrer Gesellschaft. Oft bat er sich in religiösen Angelegenheiten ihren Rat aus, und immer fand er denselben weise und gut. Dem Lordproteetor konnte die sichtliche Vorliebe, die sein Neffe für Lady Jane Grey an den Tag legte, nicht entgehen, aber wenn er früher einer solchen Verbindung entgegen gewesen war, so schien er sie jetzt mit günstigerem Auge anzusehen, und es ging das Gerücht, dass der junge König binnen Kurzem sich mit Lady Jane Grey verloben würde. Aber ein solches Ereignis trat niemals ein.
Der Admiral hatte während der zwölf Monate nicht einen Augenblick lang seine geheime Absicht aufgegeben, obschon er sich gezwungen sah, deren Ausführung zu verschieben. Alle Pläne wurden systematisch weiter gefördert. Er trug kein Bedenken, mithilfe Sharingtons und der Piraten die Regierung im großartigsten Maßstab zu betrügen, und gelangte auf diese gewissenlose Weise in den Besitz enormer Summen. Seine Amtsgewalt missbrauchte er zum selben Zweck, er ließ sich bestechen und erpresste unter allerlei Vorwänden Geld. Alle Wracks, die in seine Hände fielen, bereicherten seinen Schatz. Obwohl häufig Klagen erhoben wurden, so war seine Verschlagenheit und Kühnheit doch so groß, dass niemals Schadenersatz erlangt werden konnte. Verschiedene Edelleute und Kammerdiener des Königs standen in seinem Sold und berichteten ihm, was bei Letzterem vorging. Wie wir gesehen haben, hatte er bereits einen zahlreichen Hofhalt, aber er vergrößerte denselben immer mehr und war besonders darauf bedacht, junge Edelleute aus guten Familien als Pagen zu haben. Durch jedes ihm zu Gebote stehende Mittel versuchte er sich bei dem alten Adel beliebt zu machen und hielt es im Geheimen mit all denjenigen, die unzufrieden mit dem Lordproteetor oder eifersüchtig auf dessen Macht waren. Hauptsächlich aber suchte er sich in den Provinzen Anhang zu erwerben. Er wusste eine außerordentliche Anzahl von Gütern in seine Hände zu bekommen und setzte auf dieselben Verwalter ein, die seine Interessen vertraten und seine Partei zu verstärken suchen mussten.
Durch solche und ähnliche Mittel wurde die ungeheure Verschwörung immer weiter verzweigt. Er konnte die Zahl seiner Anhänger jetzt auf Zehntausend schätzen, aber im Falle des Aufstandes war er sicher, dass ihm die drei- oder vierfache Zahl zufiel. Den missvergnügten Edelleuten riet er, sich auf ihre Güter zurückzuziehen, dort sich möglichst zu rüsten und sich für alle Fälle bereitzuhalten. Die Art seines Verfahrens wird am Besten klar werden, wenn wir eine Unterhaltung wiedergeben, die er mit dem Marquis von Dorset hatte, bevor Letzterer sich nach Bradgate in Leicestershire begab.
»Rüstet Euch, Marquis, rüstet Euch«, sagte er. »Wer weiß, was eintreten kann. Sollte ein Aufstand stattfinden, so müsst Ihr vorbereitet sein. Habt Ihr viele Freunde in Eurer Gegend?«
»Ich habe manche Anhänger, kleine Edelleute, die sich freuen, wenn sie mir dienen können«, antwortete Dorset.
»Traut ihnen nicht zu sehr«, sprach der Admiral, »aber versichert Euch, wo möglich, der Freisassen und der Vögte, sie können Euch am meisten nützen. Sucht diejenigen aus, die den größten Einfluss in den Gemeinden haben und lasst Euch keine Mühe verdrießen, sie zu gewinnen. Seid familiär mit ihnen. Geht in ihre Häuser. Schmeichelt ihren Weibern und ihren Töchtern. Nehmt eine oder zwei Flaschen Wein mit, eine Wildbretpastete, einen kalten Kapaun oder so etwas und setzt Euch zu ihnen. So gewinnt Ihr ihre Herzen und habt sie zu Eurer Verfügung. Versteht Ihr mich, Marquis?«
»Vollkommen, Admiral«, antwortete er. »Ihr seid ein famoser Konspirateur.«
»Ihr werdet das Mittel wirksam finden, ich bin so überzeugt davon, dass ich es selbst anzuwenden gedenke.«
Dann gab er Dorset noch andere Winke, die dieser zu beherzigen versprach. Wie gewöhnlich war er in Geldverlegenheit, und ehe er sich von dem Admiral verabschiedete, stand er abermals um fünfhundert Pfund mehr in seiner Schuld.
Einen großen Teil seiner Zeit brachte Seymour in Sudley Castle in Gloucestershire zu. Er verfolgte dieselben Pläne, die er Dorset angedeutet hatte, und sein herzliches und einnehmendes Wesen gewann ihm auch in der Tat alle Vögte und Freisassen in der Nachbarschaft.
Sudley Castle war ein prächtiges Gebäude. Der Admiral verwandte große Summen auf dessen Erweiterung und Verschönerung, verlor dabei aber auch nie den Zweck aus dem Auge, seine Befestigungswerke möglichst zu verstärken. Die prächtigen Gemächer zeugten vom Geschmack des Besitzers. Die zum Schloss gehörige Kapelle war ausnehmend schön, die Fensterscheiben von Beryll.
Sudley Castle lag ungefähr eine Meile von der alten und malerischen Stadt Winchcombe entfernt, der kleine Fluss Isborne bewässerte die dazugehörigen Ländereien. Es war rings von malerischen Hügeln und schönen Hainen umgeben und beherrschte eine wundervolle Aussicht. Es war eines der herrlichsten Schlösser im ganzen Königreich, da wenige ihm an Umfang, Festigkeit und architektonischer Schönheit gleichkamen. Leider sind nur wenige Reste seiner ehemaligen Größe geblieben. 1642 wurde es von den Republikanern zertrümmert und selbst die Toten, die in seinen Gewölben lagen, in ihrer Ruhe gestört. Aber obwohl das Schloss jetzt nur eine Ruine ist und die Sterne in die ihres Daches beraubte Kapelle scheinen, so ist doch noch genug vorhanden, um daran die einstige Pracht und Größe zu erkennen, und besonders zeigt ein herrliches Fenster an der Westseite, mit einer gewölbten Nische rechts und links, was die Kapelle zu Lord Seymours Zeiten gewesen sein mag.
In diesem befestigten Wohnsitz verbrachte der Admiral einen gewissen Teil seiner Zeit, nicht untätig, wie wir erzählt haben. Aber er besaß noch eine andere und stärkere Veste, wo er zuweilen erschien und wo seine Vorbereitungen in noch ausgedehnterem Maße getroffen worden waren als in Sudley. Es war dies Holt Castle in Derbingshire. Diese zweite Festung war im Fünfeck gebaut, mit einem Turm auf jeder Ecke. Sie war außerordentlich stark und umfangreich und wegen ihrer Lage an den Ufern sehr leicht mit Waffen und Proviantvorräten zu versehen. Sie war von allen Seiten, die Flussseite ausgenommen, die einen natürlichen Schutz bot, mit einem breiten und tiefen Graben umzogen.
Eine Zugbrücke führte hinüber, und diese wurde durch einen massiven viereckigen Turm mit Fallgatter und Brustwehr geschützt. Der Besitz einer solchen Veste war für Seymour von äußerster Wichtigkeit. Er hielt sie beständig im Verteidigungszustand, hatte eine starke Besatzung darin, verproviantierte sie mit Weizen, Malz und anderen dergleichen Dingen, pflanzte schweres Geschütz auf den Wällen auf und machte überhaupt ein wahres Kriegsmagazin daraus. Mit dem Gouverneur der Festung stand er in beständiger Verbindung, und obwohl er auf dessen Treue sicher zählen konnte, so erschien er doch dann und wann ganz unerwartet selbst, sich zu überzeugen, dass seine Befehle befolgt würden. Da sich jedoch in Holt Castle nichts zutrug, was mit unserer Geschichte zusammenhängt, so wollen wir uns nicht ferner dabei aufhalten, sondern nach dem schönen und stolzen Sudley Castle zurückkehren, wo ein tragisches Ereignis stattfand.
Catharina Parr, die von ihrem ehrgeizigen Gemahl immer mehr vernachlässigt wurde, führte ein überaus zurückgezogenes Leben, und da Sudley Castle ihr noch mehr zusagte als Chelsea Manour House, so wählte sie jenes zu ihrem Aufenthalt. Der großen Welt, in der sie einst eine so hervorragende Stellung eingenommen, hatte sie gänzlich entsagt und brachte ihre Zeit meistens mit Lesen, Andachtsübungen und dergleichen hin. Wenn sie nicht vollkommen glücklich war, so war sie wenigstens ruhig. Man darf übrigens nicht glauben, dass sie ein einsiedlerisches Leben führte. Geiz gehörte nicht zu des Admirals Eigenschaften. Obwohl er seiner Gemahlin wenig persönliche Aufmerksamkeit erwies, so verkürzte er sie doch keineswegs in ihren Rechten, sondern behandelte sie in jeder Beziehung wie eine Königin, hielt ihr einen dementsprechenden Haushalt und eine Anzahl von Edelleuten, nebst Pagen, Dienern und so weiter. Auch hatte sie ihren eigenen Kaplan. Ihre Hauptgesellschaft war Lady Jane Grey, für welche sie eine fast mütterliche Zärtlichkeit hegte, und Lady Tyrwhyt. Letztere war zu Lebzeiten ihres vorigen Gemahls, König Heinrichs, ihre Gesellschafterin gewesen und seitdem bei ihr geblieben. In deren Busen allein durfte sie ihren geheimen Kummer ausschütten.
Im Frühsommer 1548 begab sich Königin Catharina nach Sudley Castle und blieb dort bis Ende August. Da sie täglich ihre Niederkunft erwartete, so war an eine Ortsveränderung nicht zu denken. Aber sie wünschte solche auch nicht. Sie liebte das herrliche Schloss, die Bäume, die es umkränzten, die schönen Hügel, die es umrahmten, und es war ihr eine Freude, in den Morgen- und Abendstunden an den Ufern des Isborne zu wandeln. Lady Jane Grey hatte sie seit Kurzem verlassen, um nach Bradgate zu gehen, aber Lady Tyrwhyt war stets bei ihr. Catharina, deren Liebe zu ihrem Gemahl durch keine Vernachlässigung seitens desselben wankend gemacht werden konnte, redete sich ein, dass die Sorge den Admiral nach Sudley führen würde. Aber in dieser so natürlichen Erwartung fand sie sich getäuscht. Er kam nicht. Boten wurden an ihn abgesandt, aber umsonst. Er schrieb nicht einmal, sondern schickte Ugo Harrington, um ihn zu entschuldigen. Die Königin hatte sich so sehr aufgeregt und war in eine solche Unruhe geraten, dass ihre Umgebung fast wegen der Folgen besorgt war. Man tat alles, um sie zu beruhigen, aber es half wenig.
»Welche Botschaft bringst du von Mylord?«, fragte sie, als Ugo vor ihr erschien. »Wird er nicht kommen?«
»Seine Hoheit beauftragte mich, ihn Eurer Majestät auf das Zärtlichste zu empfehlen«, antwortete Ugo. »Wenn er sein eigener Herr gewesen wäre, so würde er auf Flügeln zu Euch geeilt sein, aber Seine Majestät hält ihn in Windsor fest.«
»Das ist eine leere Entschuldigung«, entgegnete Catharina verstimmt, »der König würde ihn nimmer gegen seinen Willen halten. Es muss irgendetwas besonders Anziehendes in Windsor sein. Ha! Du lächelst!«
»Nein, Eure Hoheit, es bedeutet nichts, wenn ich es tat.«
»Ist die Prinzessin Elisabeth in Windsor? Weiche nicht aus, Bursche! Antworte der Wahrheit gemäß.«
»Ich möchte lieber nicht antworten«, entgegnete er.
»So ist sie dort!«, rief die Königin leidenschaftlich. »Das also ist der Grund seines Nichtkommens. O Tyrwhyt!«, fügte sie mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes hinzu, »ich bin in der Tat sehr elend.«
»Die Pest auf deine Zunge, du falscher Geselle!«, fuhr Lady Tyrwhyt den Diener an. »Siehst du, was du angerichtet hast?«
»Es geschah ganz absichtslos meinerseits«, sprach Ugo, anscheinend bestürzt. »Ich wusste nicht, dass Ihre Hoheit die Prinzessin Elisabeth nicht leiden kann.«
»Schweig, Bursche!«, rief die Königin. »Nenne mir den verhassten Namen nicht!«
Ihre Aufregung nahm zu, sie stieß unartikulierte Laute aus und wurde in bedenklichem Zustand in ihr Gemach gebracht. »Wenn Schlimmes geschieht, wie ich fürchte«, bemerkte einer der Diener gegen Ugo, »so hast du die Schuld.«
»Ich bedaure mein Missgeschick«, entgegnete Ugo, »aber wie konnte ich wissen, dass Ihre Majestät so eifersüchtig wäre?« Die Königin schwebte einige Stunden lang in der höchsten Gefahr. Ihr Arzt, Doktor Hewke, verließ sie keinen Augenblick. In der Nacht wurde sie vor der Zeit von einer Tochter entbunden. Die Sehnsucht, ihren Gemahl zu sehen, steigerte sich, und die Unmöglichkeit der Erfüllung dieses Wunsches verursachte ihr lieber und machte ihren Zustand immer bedenklicher. Ihre Dienerinnen waren in Verzweiflung, und Lady Tyrwhyt war fast von Sinnen.
Am folgenden Tag wurde Ugo in das Zimmer der kranken Königin beschieden. Die golddurchwirkten Vorhänge ihres Bettes waren so dicht zugezogen, dass der Diener nichts von ihr sehen konnte, aber er vernahm ihr leises Stöhnen.
»Ist er da?«, fragte sie mit schwacher Stimme.
»Ja, Eure Majestät«, antwortete Lady Tyrwhyt.
»Dann ist es gnt. Lasst uns einen Augenblick allein!«
Lady Tyrwhyt, Doktor Hewke und die Dienerinnen zogen sich zurück.
»Ugo«, nahm die Königin das Wort, »du musst augenblicklich zu meinem Gemahl zurück. Sage ihm, dass er unverweilt kommen möge, wenn er mich noch lebend treffen wolle. Nimm das beste Pferd aus dem Stall und reite, als ob es dein Leben gälte.«
»Es soll geschehen, Madame«, erwiderte der Diener.
»Bringe Mylord unfehlbar zu mir«, sprach sie mit klagender Stimme. »Zweifelst du an seinem Kommen?«
»Ich bin überzeugt, er kommt«, antwortete Ugo.
»Sei gesegnet um dieses tröstenden Wortes willen!«, rief sie aus. »Sage ihm, dass ich ihm eine schöne Tochter geschenkt habe. Sie trägt seine Züge, Ugo. Wenn ihn nicht nach mir verlangt, so wünscht er vielleicht doch, sie zu sehen.«
»Ich bitte Eure Majestät, sich nicht aufzuregen«, sprach Ugo. »Euer Auftrag soll ausgerichtet werden.«
»Auf dem Tisch dort muss ein Ring mit einem großen Rubin liegen«, sprach die Königin, »siehst Du ihn?«
»Ja, ich sehe ihn.«
»So nimm ihn und lass ihn deinen Eifer für mich beschleunigen.«
»Es bedürfte eines solchen Geschenks nicht; jedoch bin ich Eurer Majestät sehr verbunden.«
Auf einem kleinen Tisch in der Nähe des Bettes stand ein silberner Becher, dessen Inhalt augenscheinlich für die Königin bestimmt war. Auf diesen Becher hatte Ugo schon vorher sein Auge geworfen. Als er vortrat, um den ihm von Catharina geschenkten Ring zu nehmen, zog er hastig eine kleine Phiole aus seinem Wams und schüttete einige Tropfen davon in das Getränk.
Sie wird ohnedies schwerlich am Leben bleiben, dachte er, aber so ist es sicherer.
»Geh und rufe meine Frauen«, sprach die Königin. »Was säumst du? Jeder Augenblick ist kostbar.«
Indem Ugo sich der Tür näherte, trat Lady Tyrwhyt mit den anderen ein.
»Gib mir zu trinken«, sagte Catharina mit matter Stimme.
Indem sie die Vorhänge zur Seite schob, nahm Lady Tyrwhyt den Becher und führte ihn an Catharinas Lippen. Ugo konnte sich nicht enthalten, umzublicken, und sah, wie die arme Königin mit fieberhafter Hast trank.
»Sie ahnt nicht, dass aqua toffana in ihren Trank gemischt ist«, murmelte er. »Bald wird der Verheiratung Mylords mit der Prinzessin Elisaheth kein Hindernis mehr im Wege stehen.«