Die Tauscher 28
Dr. Uwe Krause
Die Tauscher Teil 28
Er suchte sich eine Bank und setzte sich in die Sonne, die schon tief stand.
Er drehte den Ring an seinem Finger. Das hatte er vergessen. Er wollte den echten Hammerstain nach diesem Ring mit dem Totenkopfmotiv gefragt haben. Er selbst wusste immer noch nicht, was es damit auf sich hatte.
Die Schatten wurden länger, die Luft kühlte ab. Diese Stadt war nicht der hitzespeichernde Ofen, an den er sich inzwischen gewöhnt hatte. Einige Spaziergänger kamen vorbei und blickten verstohlen auf den elegant, wenn auch etwas altmodisch gekleideten Herrn.
Hammerstain wartete. Einige Male konnte er durch seine Schenkel die Bretter der Bank erkennen. Bald würde es soweit sein.
Florian riss die Augen auf. Verwirrt tastete er nach dem Wecker. Fünf Minuten blieben ihm noch. Er hörte die gewohnten Geräusche in der Wohnung. Seine Schwester stand unter der Dusche und trällerte laut und falsch, seine Mutter hantierte in der Küche und ließ wieder einmal einen Topf fallen. Alles wie gehabt. Er hörte die Stimme seines Vaters. Richtig, heute war Freitag und da ging er immer später ins Büro.
Gähnend raffte sich Florian auf. Hinter seiner Stirn saß ein leichter Druck, als hätte er schlecht geschlafen. Hatte er aber nicht. Aber er hatte einen wirren Traum gehabt, der so wirklich schien, dass Florian noch den Geschmack und den Geruch spürte.
Er wartete, bis die Badtür klappte, und eroberte dann selbst die Dusche. Was stand heute an? Blöde, sonst hatte er den Stundenplan doch immer genau im Kopf. Und hatte er seine Tasche gepackt?
Seine Schienbeine zeigten eine erstaunliche Sammlung von blauen Flecken und Schrammen. Mit Mühe konnte Florian sie mit Sport und Fußball in Verbindung bringen.
Unglaublich, jemand hatte seine geliebten T-Shirts entsorgt. Er musste eines der Sporthemden nehmen.
Die Familie saß essend am Frühstückstisch und starrte ihn an wie ein Geisterscheinung.
»Was?«, blaffte Florian ungnädig.
»Dreifache Begeisterung, dass du freiwillig aus dem Bett kommst und nicht wie sonst mit Gewaltmethoden geweckt werden musst«, erklärte seine Schwester.
Sie war anderthalb Jahre jünger, fühlte sich aber mindestens sechs Jahre älter und geschlechtsbedingt sowieso völlig überlegen.
»Ich bin aufgestanden wie immer«, behauptete Florian.
»Nicht in der letzten Zeit«, schlug seine Mutter in dieselbe Kerbe wie seine Schwester.
»Wisst ihr was? Ich erkläre mich freiwillig für zeitweilig unzurechnungsfähig und erkläre weiterhin, dass ich nun meinen Normalzustand erreicht habe«, deklamierte Florian. Er grapschte über den Tisch und schnappte sich das Glas mit dem Orangensaft.
»Meins«, quiekte seine Schwester empört.
»Du kannst es mir ja aus dem Magen pumpen.«
»In der letzten Zeit hast du dich geweigert, so etwas zu trinken«, vermittelte die Mutter, »ich hole noch ein Glas.«
Florian schaufelte Rührei in sich hinein und hatte das unangenehme Gefühl, dass er von drei Augenpaaren genau beobachtet wurde.
»Kein pechschwarzer Kaffee ohne alles?«, fragte sein Vater und hob die Glaskanne, in der sich ein pechartiges Gebräu befand.
»Bäh!«
»Dann können wir also die Menge an Kaffeepulver wieder um 80 Prozent reduzieren?«
»Ich bitte darum. Das heißt, mir ist es eigentlich egal, ich trinke eh lieber Mineralwasser.«
»Oh.«
Die Mitteilung schien seine Familie stark zu wundern.
»Könnte ich dann vielleicht auch den Aschenbecher vom Balkon nehmen?«, fühlte seine Mutter vor.
»Warum nicht?«
»Weil du wie ein Barbar für das Recht gekämpft hast, auf dem Balkon stinkende Glimmstängel abzubrennen«, sagte sein Vater gereizt.
Florian verdrückte den letzten Bissen. Irgendetwas war hier los. Er wusste nicht was, offensichtlich war seine Familie etwas durchgedreht. Er musste jetzt sehr geschickt vorgehen, sonst begann der Tag mit einem Familienkrach und auf den hatte Florian keine Lust. Also lehnte er sich zurück und winkte ab.
»Für sein Recht zu kämpfen bedeutet ja nicht, dass man es dann auch immer in Anspruch nimmt«, erklärte er und kam sich vor wie ein alter weiser Indianerhäuptling.
»Oh«, machten seine Mutter und sein Vater gemeinsam. Manchmal merkte man ihnen an, dass sie im nächsten Jahr Silberhochzeit haben würden.
»Das gilt also für das Rauchen. Gilt das auch für Alkohol und die Benutzung meines Wagens?«, nutzte seine Vater die Gunst der Stunde.
»Also Alkohol ja. Was den Wagen angeht nein.«
»Immerhin etwas«, strahlte Florians Mutter, die selbst schon eine ganze Reihe Kampfspuren in der Familienkutsche hinterlassen hatte.
Es klingelte. Florians Schwester sprang auf und ging zur Tür. Normalerweise war sie in dieser Hinsicht nicht so engagiert, aber jetzt, wo dicke Luft herrschte, war ihr ein ehrenvoller Rückzug sehr willkommen.
»Du weißt, dass du dich in der letzten Zeit ziemlich seltsam verhalten hast«, sagte Florians Vater, »natürlich ist es auch teilweise unsere Schuld, weil wir dich immer für pflegeleicht gehalten haben. Aber in dieser Hinsicht hast du uns deine andere Seite gezeigt.«
Florian blickte auf den Teller, in dem sich zwischen Rühreiresten die Umrisse seines Kopfes spiegelten. Wo war er, um Himmels willen? Spielten die jetzt versteckte Kamera mit ihm?
»Irgendwann ist es eben so weit«, verkündete er pompös.
»Aber du hast uns die volle Breitseite gegeben«, knurrte sein Vater.
»Ich habe halt lange Zeit Munition gesammelt«, grinste Florian. Frechheit siegt, dachte er.
»Da hast du sicher recht«, mischte sich seine Mutter ein, »und irgendwie war ich ja sogar froh, dass du ein wenig … na ja, dass du Ellbogen gezeigt hast. Die braucht man eben auch. Aber es kam ein wenig plötzlich.«
Vom Flur her klang die Stimme seiner Schwester, die in das Haustelefon sprach.
»Es kam plötzlich und es geht plötzlich«, versprach Florian. Dann schaute er seine Eltern an: »Aber vielleicht kommt es auch plötzlich wieder.
»Wir finden elegantere Wege«, versprach sein Vater.
Florians Schwester kam grinsend durch die Tür.
»Da unten wartet jemand auf dich, Brüderchen«, erklärte sie.
Florian hatte das Gefühl, in derselben Sekunde von einem Holzhammer getroffen und mit einer Adrenalinspritze versehen zu werden.
»Du solltest sie nicht warten lassen. Sooooo toll bist du nun auch wieder nicht«, stichelte seine Schwester.
»Wenn die Schwester so aussieht wie du, kann nur ein Stiefbruder toll sein.«
»Streitet euch doch nicht wieder, Kinder«, jammerte die Mutter.
Florians Tasche war gepackt, den Aufenthalt im Bad beschränkte er auf ein Minimum. Dann fegte er los, der Aufzug war natürlich besetzt, also jagte er die Treppen hinunter und wurde von der Furcht geplagt, dieser jemand könnte die Geduld verloren haben und schon gegangen sein.
Unten an der Haustür war sein Deo schon an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt.
Aber sie stand da. Auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber, die Haustür im Blick. Sie lächelte und Florian wusste, dass er diesen Moment nie im Leben vergessen würde, denn nie zuvor hatte ihn ein weibliches Wesen angelächelt, das nicht seine Mutter oder eine Tante war.
Er musste einige Autos abwarten, das gab ihm Gelegenheit, über die Begrüßung nachzudenken. Locker und lässig musste sie sein, aber als die Straße dann frei war, stolperte er über seine eigenen Füße, kam sich lächerlich vor und brachte schließlich nur Guten Morgen heraus, als wäre er eine dieser lächelnden Tanten.
»Hallo«, sagte sie.
Sie war absolut keine graue Maus. Sie stellte die absolute Spitzenklasse dar, aber sie wusste es selbst nicht oder aber sie kümmerte sich kein bisschen darum, es ihrer Umwelt zu zeigen.
»Entschuldigung wegen der Verspätung«, sagte Florian.
»Macht nichts, eigentlich war ich ja zehn Minuten zu früh.«
»Oh.«
Sie hob die Achseln.
»Ich dachte, vielleicht rufst du mir aus dem Fenster zu, ich soll abziehen und dann habe ich noch etwas Zeit, mich damit abzufinden.«
»Nein, absolut nicht, warum sollte ich. Ich meine, wieso sollte ich dich … fragen, wenn ich dann …«
»Ja, das habe ich mir auch gesagt«, gestand sie, »aber dann dachte ich wieder, dass ich absolut nicht ins Beuteschema passe und vielleicht war es nur eine Wette oder so. Ist es eine?«
»Was? Ich meine, wie bitte?«
»Eine Wette. Vielleicht hast du mit einer deiner Hochglanzfreundinnen gewettet. Ich meine, jeder zweite Film nutzt doch dieses Motiv.«
»Nein, absolut nicht«, wehrte Florian schon fast panisch ab, »außerdem das mit den Freundinnen, das ist gar nicht so.«
»Sah mir aber bisher genau so aus.«
»Tatsächlich? Du hast aber genau hingeschaut.«
Das war ein Treffer. Sie biss sich auf die Lippen und ein Hauch von Röte überlief ihr Gesicht. Sie sah dadurch nur noch hübscher aus und Florian merkte, dass sein Puls sich tatsächlich noch steigen konnte.
»Verzeihung«, sagte er, »ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
»Geht schon in Ordnung. Wenn ich ehrlich sein soll …«
»Ich bitte darum.«
»Ist mir ein wenig peinlich. Aber ich schaue seit der siebten Klasse in deine Richtung.«
Florian schaute auf die andere Straßenseite, wo einer der übelsten Rabauken des Viertels gerade versuchte, unsichtbar zu werden. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich zu ohrfeigen. Für Blödheit und Feigheit und ähnliche schwere Vergehen.
»Seit der Sieben?«
Sie nickte nur und behielt die leichte Röte bei.
»Und warum hast du nicht … ich meine, wir gehen doch auf dieselbe Schule und wenn wir in derselben Klasse gewesen wären.«
»Waren wir aber nicht«, stellte sie trocken fest, »außerdem bin ich feige.«
»Bin ich auch.«
Sie lachte amüsiert auf. »Da hast du also aus lauter Feigheit drei Typen vor die Tür gesetzt, die bei dieser Party die Mädchen belästigt haben.«
»Ich hatte gerade kein Tässchen Tee dabei, um mit ihnen über die Sache zu reden.«
Sie ging direkt neben ihm und Florian spürte, wie sie ihn anschaute.
»Aus dir soll einer schlau werden«, sagte sie schließlich.
»Noch ein dunkler Punkt aus meiner Vergangenheit?«
»Na ja – wie du gestern auf mich zugekommen bist. Ich dachte nur Himmel, wenn der immer so einen Schwung entwickelt. Na ja, nimm es mir nicht übel, aber du hattest was von einer Güterzuglokomotive.«
»Schlimm?«
»Nein, absolut nicht. Aber ich dachte nur, hoffentlich ist der nicht immer so, da kann ich nicht mithalten, verstehst du?«
Florian räusperte sich.
»Also eigentlich bin ich nicht so. Jedenfalls nicht immer.«
»Echt?«
»Nur wenn es notwendig ist.«
»Und gestern war notwendig?«
»Absolut.«
»Sollte ich mich geschmeichelt fühlen?«
Florian druckste herum. Dann kannte er plötzlich die Antwort. »Ja, solltest du«, sagte er.
Sie lachte, amüsiert, aber auch geschmeichelt. Ihre Schulter stupste ihn an und drückte ihn ein wenig aus der Bahn.
»Du bist ein Spinner«, stellte sie fest.
»Daran ist wenig zu ändern.«
»Will ich auch gar nicht. Ich bin einfach froh, dass du nicht so tust, als wäre ich eine deiner Hochglanztussis.«
»Soll ich die Nummern auf meinem Handy löschen?«
Florian holte das Gerät aus der Tasche, wobei ihn im Hintergrund die Frage quälte, warum er überhaupt so ein Teil hatte. Trotzdem fand er sofort die richtigen Tastenfolgen und begann, die Nummern zu löschen.
»Halt«, sagte sie, »das reicht.«
Lachend wand sie ihm das Telefon aus der Hand und drückte sich durch die Fotos zu den Nummern.
»Titelseitenfähig«, stellte sie fest.
»Du weißt, wie das ist. Unter der Titelseite immer derselbe alte Kram.«
Sie verpasste ihm lachend eine symbolische Kopfnuss. »Du bist so was von einem Zyniker.«
»Das Leben macht einen hart«, salbaderte Florian.
»Oh, ein Mann mit Vergangenheit und einem dunklen Geheimnis.«
Es war, als hätte ihre Stimme zwei Codewörter genannt. Florian schwankte etwas, aber in seinem Kopf herrschte plötzlich absolute Klarheit.
Er sah, als könnte er es durch die offene Tür des Nebenzimmers sehen, Silwester Hammerstain. Und er wusste, dass es nicht irgendeine Vision war oder eine Einbildung, sondern dass genau dies in genau diesem Moment stattfand, dass es Wirklichkeit war. Entfernte und doch nahe Wirklichkeit.
Hammerstain saß an seinem Schreibtisch und nuckelte an einem Orangensaft. Fräulein Levinsohn stöckelte eifrig um ihn herum.
»Ich habe Ihnen erlaubt, mich heute Abend zum Essen einzuladen«, erklärte sie, »und ich werde die Gelegenheit nutzen, um Ihnen das Du anzubieten.«
»Mir bleibt nichts erspart«, knurrte Hammerstain, »Ihre Beleidigungen auch noch in der Du-Form ertragen zu müssen.«
»Sie könnten Kloreiniger trinken, dann bin ich bereit den Tisch abzubestellen«, erklärte Fräulein Levinsohn. Sie hatte sich eine flotte Frisur machen lassen und trug offensichtlich auch ein neues Kleid.
»Ich werde mir überlegen, für welches Ungemach ich mich entscheide.«
»Unser Tisch ist für acht Uhr im Alexanderhof bestellt. Die beste Küche von Berlin. Ich habe schon einmal die vegetarische Karte verlangt, ich denke, das ist ein guter Kompromiss. Falls Sie nicht mit Messer und Gabel essen können, bringe ich es Ihnen vorher bei.«
»Was soll ich mit den Zetteln?«, Hammerstain äugte misstrauisch auf die Papiere, die Sara Levinsohn ihm vorlegte.
»Unterschreiben. Was sonst?«
»Und was unterschreibe ich da? Ich will keinen Staubsauger!«
»Sie haben bereits zwei. Das hier sind die finanziellen Dinge, die ich für Sie erledigt habe. Ihre Schulden sind beglichen, der neue Leiter des Kommissariats für Schwerkriminalität und designierte Polizeipräsident findet einen großzügigen Scheck in der Post, der auf den Namen seiner Frau ausgestellt ist, Ihre Miete und die Nebenkosten sind für ein Jahr bezahlt und Sie haben mir endlich das ausstehende Gehalt überwiesen.«
»Daher der neue Fummel«, sagte Hammerstain.
»Das ist kein Fummel, das ist ein Modellkleid. Aber danke, dass Sie es überhaupt bemerkt haben«, erklärte die Levinsohn und strich sich eine Strähne aus der Wange.
»Die neue Frisur habe ich auch bemerkt«, sagte Hammerstain und fügte nach einigem Zögern hinzu: »Steht Ihnen wirklich gut.«
Fräulein Levinsohn setzte sich neben ihn auf die Schreibtischplatte und schlug die Beine übereinander. Sie trug dunkle Strümpfe mit Stickereien an den Waden.
»Es geht also weiter«, stellte sie mit deutlicher Befriedigung fest.
»Was?«
»Die Charmeoffensive. Ich hatte die Befürchtung, dass es nur eine vorübergehende Phase war.«
»Kann Ihnen doch egal sein«, murrte Hammerstain.
»Keineswegs«, widersprach Fräulein Levinsohn gut gelaunt, »ein charmanter Chef hebt das Arbeitsklima ungemein.«
Hammerstain bemühte sich um Gelassenheit, kam aber dennoch deutlich ins Stottern. »Wieso Arbeitsklima? Ich dachte, ich meine, ich fürchtete, nachdem Sie Ihr ausstehendes Gehalt bekommen haben, da …«
Fräulein Levinsohn drehte den Kopf zur Seite, aber Florian konnte deutlich ihr Lächeln sehen. Es war das bezaubernde Lächeln einer hübschen Frau und zugleich das Lächeln eines Anglers, der weiß, dass er seinen Fisch am Haken hat.
»Ich hatte mein Gehalt für die nächsten zwölf Monate unter die genannten Nebenkosten gezählt«, erklärte sie gelassen.
»Ach so. … Haben Sie sich eine Gehaltserhöhung gewährt?«
»Nein«, gestand Fräulein Levinsohn, »aber ich bin offen für Angebote. Den Rest des Geldes nimmt mein Bruder in seine Obhut, er wird einige gute Anlagemöglichkeiten finden.«
»Gut. Sonst noch etwas?«
»Chefkommissar Traut und ein Herr namens Wietold, der offensichtlich Mitarbeiter des Evidenzbüros ist, wollten Sie dringend sprechen. Ich sagte ihnen, Sie wären nicht da, würden sich aber sofort in Bewegung setzen, sobald Sie hier wären. Ich konnte Sie einfach nicht wecken, Sie sahen so … na ja, irgendwie so putzig aus, wie Sie da auf dem Sofa schliefen.«
Hammerstain schaffte es, die Antwort zu zerkauen und zu schlucken, bevor sie herauskonnte. Vielleicht lag es auch an dem Lächeln der Levinsohn. Er stand auf und griff sich einen Hut. Den Dritten, den er anprobierte, behielt er schließlich auf dem Kopf.
»Zuerst zu Traut«, rief Hammerstain munter, »Sie sagten, Sie hätten mir einen Wagen gekauft?«
»Hatte ich nicht gesagt, aber Sie hatten es auf der Rechnung gesehen, die Sie gerade unterschrieben haben.«
»Ausgezeichnet. Ich fahre.«
»Vergessen Sie es.«
»Aber es ist mein Wagen.«
»Aber ich weiß, wo er steht!«
»Hallo!Gibt es intelligentes Leben hinter diesen glasigen Augen?« Sie wedelte lachend vor Florians Gesicht herum.
Florian fuhr zusammen und musste lächeln. »Entschuldigung, ich war wohl etwas weggetreten«, sagte er.
»Keine ausreichend anregende Unterhaltung«, kokettierte sie.
Florian schüttelte den Kopf. In seinen Ohren hatte er noch das harte Tackern von Sara Levinsohns Absätzen in Hammerstains Wohnung.
»Ich hatte nur gedacht, was für ein Mist es gewesen wäre, wenn du gestern gesagt hättest Kein Interesse, such dir eine andere Freundin.«
»Hattest du gerade Freundin gesagt?«
»Äh … na ja, ich hatte das … also das war so eine Art Oberbegriff.«
»Oberbegriff?« Sie hatte so eine Art, einfach eines seiner Worte zu wiederholen, die ihn völlig aus dem Konzept brachte. Wenn Florian überhaupt eines gehabt hätte.
»Also ich wollte dir nicht …«
»Was? Zu nahe treten?«
»So ähnlich.«
»Spinner.« Das zweite Mal und schon wieder so ein leichtes Anrempeln.
»Und was denn nun?«, fragte sie.
»Was?«
»Wenn ich gesagt hätte, suche dir doch bitte eine andere Freundin aus deinen dreitausend Hochglanzfreundinnen, deren Nummern und Bilder du auf deinem Handy gespeichert hast.«
Florian holte tief Luft. »Dann hätte ich gesagt, dass ich seit der sechsten Klasse gerne mit dir gehen würde, aber nie den Mut hatte irgendwas zu sagen und gerade gestern hatte ich einen Trank aus einem ausgewrungenen Löwen intus und also hatte ich dich gefragt.«
»Seit der Sechsten?«
»Ich fand deine Pickel ganz toll. Und diese Zöpfe.«
»Da warst du der Einzige. Aber gut zu wissen. Das gibt meiner Vergangenheit neuen Glanz.«
Florian fühlte, wie seine Hand ergriffen wurde und spürte, wie ihre schmalen Finger zwischen seine glitten.
»Soviel zum Thema zu viel Schwung«, gab er lächelnd von sich.
»Das ist genau der richtige Schwung. Aber jetzt sag doch mal: Warum hast du mich gerade gestern angesprochen?«
»Du wirst mir die Geschichte sowieso nicht glauben.«