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Detektiv Dagoberts Taten und Abenteuer 11

Balduin Groller
Detektiv Dagoberts Taten und Abenteuer
Zweiter Band

Der große Schmuckdiebstahl
Teil 1

Ein vollständig verunglücktes Diner. Und es hätte so hübsch werden können und sollen. Andreas Grumbach, der verdienstvolle Präsident des Klubs der Industriellen, hatte für nachmittags drei Uhr den Vorstand und den Ausschuss des Klubs zu einer Sitzung in seiner Wohnung geladen. Es gab Wichtiges zu besprechen, da die Generalversammlung vor der Türe stand. Die Klubräumlichkeiten selbst wurden gerade einer einschneidenden baulichen Veränderung unterzogen, und so wurde die Sitzung ausnahmsweise in der Wohnung des Präsidenten abgehalten.

Das Haus Grumbach hatte seinen bewährten Ruf als Pflegestätte feiner Geselligkeit und liberaler Gastfreundschaft, und der Hausherr hatte sich die Ehre gegeben, auch diesmal die gebotene Gelegenheit zu benutzen. Da er die Herren einmal so schön beisammen hatte, wollte er sie auch bei sich behalten. Das war schon auf der Einladung zur Sitzung vermerkt, damit sich die Herren darauf einrichten konnten. Das machte sich ganz ungezwungen und natürlich. Die Sitzung dauerte voraussichtlich zwei, drei Stunden, und dann war es Essenszeit geworden im Hause Grumbach. Zur Essenszeit schickt man aber im Hause Grumbach die Leute nicht weg, sondern behält sie da.

Der gesamte Vorstand und Ausschuss war auch vollzählig erschienen, zehn Mann hoch. Dazu dann noch der Präsident und last, sicherlich nicht least, die bezaubernd liebenswürdige Herrin des Hauses, Frau Violet. Das gab die richtige Tafelrunde von zwölf Gedecken.

Ein Mitglied der Verwaltung, Herr Dagobert Trostler, hatte an der Sitzung allerdings nicht teilgenommen. Er war für sie zu spät, fürs Diner aber noch rechtzeitig gekommen. Er als alter Hausfreund durfte sich das erlauben. Auch ohne ausdrückliche Entschuldigung von seiner Seite konnte man sich seine Abhaltungen vorstellen. Man kannte seine Schwäche, die zugleich seine Stärke war. Er war ein passionabler Amateurdetektiv und fortwährend in allerlei seltsame Geschichten verwickelt, die ihn eigentlich gar nichts angingen. Seine Freunde machten allerlei gute und böse Witze über seine große Passion, aber sie hatten im Ganzen doch Respekt vor seinen Leistungen. Denn sie wussten von einigen seiner Erfolge, die in der Tat aller Achtung wert waren.

So war er auch diesmal um die Wege gewesen. Man wusste, dass es ein falscher Silbergulden sei, der ihn beschäftige. Man hatte ihm irgendwo beim Herausgeben einen falschen Silbergulden angehängt. Nicht etwa, dass man ihn damit betrogen hätte. Dagobert Trostler betrügt man nicht. Er hatte das Falsifikat sofort erkannt und wortlos angenommen. Nun hatte er wieder seine Aufgabe, eine Spur, die er zurückverfolgen wollte.

Gegen seine Gewohnheit hatte er von dieser seiner Absicht einigen Freunden Mitteilung gemacht, während er sonst, wenn er eine Fährte verfolgte, sich grundsätzlich in ein unverbrüchliches Schweigen hüllte. Nun bekam er die Folgen seiner ausnahmsweisen Mitteilsamkeit zu verspüren. Man empfing ihn mit den ungereimtesten Fragen, mit losen Witzen und Neckereien, die er in evangelischer Milde hinnahm als von Leuten, die es eben nicht besser verstanden. Die evangelische Milde ließ auch dem Mann mit dem Petrusschöpfchen ganz wohl, obwohl sie eigentlich mehr als starkes Selbstbewusstsein anzusprechen war, denn als Milde.

Die Sitzung war also geraume Zeit schon zu Ende, als Dagobert eintraf, und während man sich unterhielt, wartete man eigentlich nur noch auf das Signal, das zu Tisch rufen sollte. Das sollte von der Hausfrau gegeben werden, die sich aber noch nicht hatte blicken lassen. Endlich trat auch sie bei den Herren ein; strahlend, liebenswürdig, heiter, kurz entzückend wie immer. Nach der Begründung brachte sie sofort ihre Entschuldigungen vor. Das sprudelte nur so hervor: »Ich habe mich vielleicht etwas verspätet, meine Herren, und Sie werden mich für eine schlechte Hausfrau halten. Damit würden Sie aber eine schwere Ungerechtigkeit begehen. Denn gerade weil ich eine gute Hausfrau sein wollte, habe ich mich ein wenig verspätet. Ich war selber noch rasch ausgefahren, um unser Giardinetto zu vervollständigen. Die Auswahl des Obstes vertraue ich niemandem an. Das muss ich immer selber besorgen. Und nun bitte ich nur noch um knappe fünf Minuten zum Ablegen und dann werde ich die Herren bitten.«

Aus den fünf Minuten wurden reichlich fünfzehn. Man hörte Türen hastig öffnen und schließen, es gab ein geheimnisvolles Herumschießen im Haus, und einmal steckte Frau Violet sogar den Kopf bei der Tür herein und ließ ein verstörtes Antlitz erblicken. Es war, als wolle sie den Gemahl herausrufen, und dann verschwand sie doch wieder plötzlich, als habe sie es sich anders überlegt.

Nach einer längeren Pause erschien sie dann doch, um die Gesellschaft zu Tisch zu bitten. Wie gewöhnlich war Dagobert zu ihrem Kavalier und Tischnachbarn ausersehen. Er reichte ihr den Arm und führte sie in das Speisezimmer.

»Gnädigste haben eine Unannehmlichkeit gehabt«, fragte er leise, während sie sich am Tische niederließen. »Sollte am Ende gar – es wäre entsetzlich – die Suppe versalzen oder der Braten angebrannt sein?«

Frau Violet schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Sie würgte nur, um die Tränen zurückzuhalten. Das ging eine Weile, aber nicht lange. Plötzlich brach sie doch in Tränen aus und begann herzbrechend zu schluchzen.

Dagobert machte ein sehr erschrockenes Gesicht und versuchte sie zu beruhigen. Der Hausherr steckte eine strenge Miene auf, blickte zu seiner Gattin hinüber und sagte kategorisch: »Aber Violet! Was soll das? Was gibt es denn?«

Die ganze Tafelrunde war in sichtlicher Verlegenheit und Bestürzung. Frau Violet bat tausendmal um Verzeihung, beteuerte, dass es nichts, wirklich nichts sei – nur die Nerven! Und schließlich kam es nach langem Nötigen und Parlamentieren doch heraus: Während ihrer kurzen Abwesenheit war ihr ihre Schmuckkassette mit dem ganzen kostbaren Inhalt abhandengekommen. Sie hatte sie nicht erst wieder versperrt, da sie ja doch höchstens eine halbe Stunde wegbleiben wollte. So habe sie diese denn in ihrem Boudoir auf dem Toilettetischchen liegen lassen. Daran erinnere sie sich mit vollster Bestimmtheit, und nun sei die Kassette verschwunden, gestohlen. Die Dienerschaft sei von erprobter Verlässlichkeit …

»Sind alle noch vollzählig im Hause?«, unterbrach Dagobert.

»Es fehlt niemand«, erwiderte Frau Violet noch immer schluchzend, »und alle erklären auf das Bestimmteste, dass in der Zwischenzeit kein Fremder die Wohnung betreten habe.«

Dagobert erhob sich. »Wir dürfen keinen Augenblick verlieren.«

»Ich bitte um Ruhe!«, rief da der Hausherr mit großer Bestimmtheit. »Wir sind jetzt bei Tisch und bleiben bei Tisch. Ein kleines häusliches Missgeschick darf sich nicht auf Kosten unserer lieben Gäste vollziehen. Es wird meine Sache sein, meiner Gattin den Schaden zu ersetzen, und damit ist die Sache für uns und vorläufig erledigt.«

Dagobert blickte scharf zu seinem Freund hin und setzte sich dann wieder ruhig nieder.

Eigentlich war es ein großer Moment. Der Schmuck der Frau Violet Grumbach, der Gattin des Präsidenten des Klubs der Industriellen, das war doch keine Kleinigkeit. Das wusste die ganze Stadt. Der stellte einen Wert von vielen, vielen Tausenden vor. Der wird gestohlen, und da der Hausherr das erfährt, erklärt er kaltblütig, dass ihm und seinen Gästen das Mittagessen nicht gestört werden dürfe. Ein feierlicher Moment. So ungefähr wie in der französischen Kammer, als in ihr eine Bombe explodierte und der Präsident darauf gelassen verkündigte: Die Sitzung dauert fort!

Das Mahl nahm also seinen Fortgang, und Frau Violet gab sich alle Mühe, ihren Kummer zu unterdrücken. Es gelang ihr aber schlecht. Immer wenn man schon geglaubt hatte, sie habe sich gefasst, stürzten die Tränen doch wieder hervor. An dem Schmuck hatte ihr Herz gehangen. Nicht nur der Kostbarkeit wegen. An jedes einzelne Stück knüpfte sich eine liebe Erinnerung, und jedes einzelne Juwel war ein Stück Lebensinhalt geworden. Der Verlobungsring, das Brautgeschmeide, die Rivière aus Saphiren und Brillanten hatte sie nach der Geburt ihres Töchterchens erhalten, des einzigen Kindes, das bald darauf starb, das Diamantendiadem, als sie zum erstenmal als Frau Präsidentin zu repräsentieren hatte, das Perlenhalsband nach glücklich überstandener schwerer Krankheit. Es war nicht nur der materielle Wert, an allem hing ein Stück Herz, und das und die Erinnerungen, die waren auch im Falle des Ersatzes beim Hofjuwelier nicht zu kaufen.

Frau Violet blieb also während der ganzen Mahlzeit tief bekümmert und weinte viel, so sehr sie sich auch bemühte, schon um der Gäste willen ihre Haltung zu bewahren. Diese nahmen die Sache natürlich etwas leichter, obwohl sie mit dem Ausdruck ihrer Anteilnahme nicht sparten. Sie trösteten nach Kräften und sprachen die feste Zuversicht aus, dass es doch gelingen werde, den Schmuck wieder zur Stelle zu bringen. So nach und nach gewannen ihre Tröstungen sogar einen Stich ins Humoristische. Man habe ja das Glück einen so ausgezeichneten Amateurdetektiv wie Dagobert zur Gesellschaft zu zählen. Der habe da doch eine wunderschöne Gelegenheit, seine Kunst zu zeigen, und es sei kein Zweifel, dass er auch dieses Mal die hohe Meinung, die allgemein über seine Fähigkeiten gehegt werde, bestätigen und rechtfertigen werde. Frau Violet nahm auch hier die Sache vollkommen ernst. Sie hatte wirklich Vertrauen zu Dagobert. Sie wusste von seinen Taten und ihr selbst hatte er durch seine Kunst schon einen unschätzbaren Dienst geleistet, als ihr Leben durch eine Flut von schmählichen anonymen Briefen förmlich vergiftet worden war. Sie ergriff mit wahrer Empfindung seine Hände und bat ihn, ihr auch jetzt beizustehen. Baron Eichstedt, das Vorstandsmitglied, stieß heimlich den Hausherrn an, dieser blickte bedeutsam zu dem Ausschussmitglied Baron Friese hinüber. Es ging ein leichtes Schmunzeln durch die Gesellschaft: Dagobert hat wieder seine Aufgabe!

»Ich glaube, Violet«, ließ sich der Hausherr vernehmen, »dass du dir wirklich keine übertriebenen Sorgen machen sollst. Vielleicht hast du die Schatulle doch nur verlegt, und sollte sie wirklich entwendet worden sein, so wird uns ja Dagobert sicher seinen bewährten Beistand leihen.«

»Ich bin in der Tat sehr begierig«, warf Baron Friese dazwischen, »ob Herr Dagobert auch da das Korpusdelikti entdecken wird.«

Frau Violet war durchaus nicht geneigt, auf den leichten Ton der Unterhaltung einzugehen. Sie sagte nichts mehr und hob, als es Zeit war, mit einem schweren Seufzer die Tafel auf. So vortrefflich auch das Menü war – eine Selbstverständlichkeit im Hause Grumbach – so war das Mahl doch ein durchaus verunglücktes. Als ihr Dagobert Mahlzeit bot – der Wiener sagt »Speis z’am« – »Ich wünsche wohl gespeist zu haben«, – und ihr die Hand küsste, traten ihr wieder die Tränen in die Augen, und aufs Neue richtete sie in tiefer Bekümmernis die Bitte an ihn, ihr in ihrem Unglück doch ja helfen zu wollen.

»Ich werde tun, was ich kann, Gnädigste«, lautete seine Antwort.

»Wie wollen Sie das aber anfangen?«

»Anfangen – selbstverständlich mit der Aufnahme des Lokalaugenscheines.«

Frau Violet führte ihn in ihr Boudoir, ein Wunderwerk in blassblauer und altrosa Seide, von zarten Spitzen und schwellenden Teppichen. Dagobert ließ einen prüfenden Blick durch den duftigen Raum gleiten und bemerkte dann: »Seit mehr als zehn Jahren bin ich der Freund und regelmäßige Gast des Hauses und doch habe ich diesen Raum noch niemals zuvor betreten.«

»Das ist doch nicht besonders wunderbar, Dagobert. Ich fürchte nur, dass Sie da schwerlich etwas entdecken werden, was Sie auf eine Spur bringen könnte.«

»Das Wichtigste habe ich schon entdeckt, Frau Violet. Das Zimmer hat nur einen Eingang – den, welchen wir benutzt haben. Ich werde hier nun meine Studien machen. Dazu muss ich allein und ganz ungestört sein. Bitte also, meine Gnädigste, sich in Ihren weiteren Hausfrauenpflichten nicht stören zu lassen.«

Die Herren hatten sich inzwischen ins Rauchzimmer zurückgezogen. Auch Frau Violet begab sich nun dahin und machte weiter die Honneurs, während der schwarze Kaffee und die Liköre serviert und die Zigarren und Zigaretten herumgereicht wurden.

Dagobert nahm, als er sich allein sah, ein Abendblatt aus der Seitentasche seines Frackes und legte sich der Länge nach hin auf die einladende, mit altrosa Seite überzogene Chaiselongue und begann zu lesen. Er las nur wenige Minuten, dann entsank das Blatt seinen Händen, und er verfiel in ein wohltuendes, gesundheitförderndes Mittagsschläfchen.

Etwa ein halbes Stündchen mochte er geschlafen haben, als er geweckt wurde. Freiherr v. Friese als der Jüngste in der Gesellschaft war delegiert worden, ihn einzuholen. Ob er denn noch immer nicht fertig sei mit seiner Lokalaugenscheinaufnahme!

»O ja, ich bin schon fertig«, entgegnete Dagobert, sich rasch ermunternd und ließ sich ohne Weiteres zur Gesellschaft hinüber geleiten. Bevor er noch das Rauchzimmer betreten hatte, konnte er zu seiner Befriedigung wahrnehmen, dass die allgemeine Stimmung sich wesentlich gebessert habe. Denn es klang aus dem Rauchzimmer ein volltöniges Lachen heraus. Man wurde aber sofort wieder ernster, als er eintrat. Der Hausherr fragte ihn mit besorgter Miene, ob er irgendwelche Anhaltspunkte gefunden habe, und auch die anderen bestürmten ihn mit Fragen ähnlichen Inhalts.

Dagobert beschäftigte sich mit dem ihm nachservierten Schwarzen und bat sich dazu ein Gläschen grüner Chartreuse aus. Dann wühlte er sich mit kundigem Blick unter den zahlreichen Havannakistchen seine gewohnte Sorte heraus, schnitt umständlich die Spitze der Zigarre ab und nahm sich endlich Feuer. Und erst als er sich überzeugt hatte, dass die Zigarre guten Zug habe, ließ er sich herbei zu bemerken, dass er wohl glaube, der Sache auf den Grund kommen zu können. Frau Violet klatschte in die Hände.

»Wenn Dagobert das sagt – ich kenne ihn – dann kriege ich meinen Schmuck wieder!«

»Meine Gnädigste«, erwiderte Dagobert, »ebensowenig wie im Sport gibt es bei meinem Handwerk tote Gewissheiten. Die Aussichten auf den Erfolg drücken sich in den Odds aus. Sie wissen doch, was Odds sind, Gnädigste?«

»Ja, Dagobert. Dazu war ich oft genug auf dem Turf, um auch das zu erfahren. Odds drücken das Verhältnis der Wetten oder, wenn Sie wollen, ihre Kurse aus.«

»Nun denn, ich glaube, unsere Chancen stehen so, dass Sie nur noch ›Auf‹-Wetten legen könnten, und dabei ist nicht viel zu verdienen.«

»Ich will keine Wetten, Dagobert, ich will meinen Schmuck!«

»Wir werden sehen, was sich für Sie tun lässt, meine Gnädigste.«

»Kann ich irgendwie mithelfen, Dagobert?«

»O gewiss, meine Gnädigste, ich rechne sehr stark auf Sie!«

»Dann befehlen Sie!«

»Wir werden so, wie wir sind, morgen wieder bei Ihnen dinieren. Sie brauchen nicht so ein erschrockenes Gesicht zu machen, meine Gnädigste …«

»Dagobert, Sie sind ein abscheulicher Mensch! Ich habe gar kein erschrockenes Gesicht gemacht – im Gegenteil! Ich freue mich darauf, und die Herren sind hiermit höflichst eingeladen.«

»Nicht doch. Gnädigste. Ein kleines Missverständnis. Vor allen Dingen leiste ich also amende honorable und nehme das erschrockene Gesicht feierlich zurück. Im Übrigen habe ich es aber gar nicht so gemeint, wie Sie es nun gedreht haben, meine Gnädigste.«

»Dagobert, ich habe gar nichts gedreht. Meine Gäste sind mir immer herzlich willkommen.«

»Daran ist kein Zweifel gestattet. Wir werden also morgen bei Ihnen dinieren. Das erfordert der Gang der Untersuchung. Er erfordert aber nicht, dass wir Ihnen Scherereien bereiten.«

»Mischen Sie sich nicht in meine Hausfrauensorgen, Dagobert!«

»Ich beschäftige mich lediglich mit meinen Untersuchungssorgen. Sie werden also die Güte haben, keinen Finger zu rühren. Ebenso ist es von Wichtigkeit, dass Ihre Dienerschaft nicht herumgehetzt und ihr keine außergewöhnliche Arbeit aufgebürdet wird. Das Diner wird Ihnen fertig ins Haus gebracht.«

»Das kann gut werden!«

»Verlassen Sie sich auf mich, Frau Violet. Ich verstehe, zu essen. Und ein wenig können Sie sich auch auf die Firma Sacher verlassen, die die teuerste Küche in Wien führt, aber, wie man sagt und ich glaube mit Recht, die beste. Ich werde auch nicht knausern. Ich weiß, was ich Ihrem Hause schuldig bin.«

»Ich als Hausherr«, warf Herr Grumbach dazwischen, »bitte dich sogar ernst und ausdrücklich, nicht zu knausern.«

»Dich, lieber Freund, geht die Geschichte vorläufig gar nichts an, und auch ich bitte dich ernst und ausdrücklich, dich in den Gang der Untersuchung nicht einzumischen. Ich habe jetzt mit deiner verehrten Frau Gemahlin Wirtschaftssachen zu besprechen, und da möchten wir ungestört bleiben. Also, meine Gnädigste, die Sache wird so sein: Das Diner wird fertig beigestellt, und nicht nur das, sondern auch die Bedienungsmannschaft, das ganze Tafelzeug, Silber, Tischwäsche, Tafelaufsätze, Blumen, Porzellan und Glasservice. Sie werden sich nur zu Tisch zu setzen haben. Das soll Ihre ganze Mühe sein. Eine Stunde nach dem Mahl muss der ganze Spuk wieder spurlos aus dem Haus verschwunden sein. Das alles wird glatt erledigt werden. Die Feststellung des Menüs überlassen Sie ruhig mir. Sie wissen, in der Gourmandise bin ich ein wenig Fachmann.«

»Ich weiß, Dagobert, Sie sind Kenner. Worin wären Sie es nicht?«

»Ich werde auch dafür Sorge tragen, dass zu jedem Gang die richtige Weinsorte serviert wird. Meine einschlägigen, sehr gewissenhaften Studien werden mich auch in diesem Punkt vor jedem Missgriff bewahren. Die Komposition des Menüs habe ich im Kopf schon fertig. Wünschen Sie, es kennenzulernen?«

Die Gäste protestierten. Sie wollten sich überraschen lassen.

»Gut«, erwiderte Dagobert, »und nun, Frau Violet, habe ich nur noch eine Bitte an Sie. Sie müssen mir gestatten, einen Gast mitzubringen.«

»Darf man seinen Namen erfahren?«

»Es ist mein Freund, Oberkommissar Doktor Weinlich, wie Sie wissen, einer unserer tüchtigsten Kriminalisten. Sie müssen sich erinnern, Gnädigste, dass wir nicht sowohl ein Festessen als auch ein Zweckessen veranstalten wollen. Wir wollen dem Schmuckdiebstahl auf den Grund kommen. Vielleicht kann uns da der erfahrene Kriminalkommisär von Nutzen sein.«

»Es fällt mir auf«, nahm nun der Freiherr v. Friese das Wort, »dass Freund Dagobert hier polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen glaubt. Das ist sonst nicht seine Art und würde auch in diesem Falle seinen Detektivruhm nicht erhöhen.«

»Was meinen Ruf, wenn Sie wollen, meinen Ruhm anbelangt – ich widersetze mich nicht – so können Sie die Sorge dafür ruhig mir überlassen, lieber Baron. Hier handelt es sich nicht um meinen Ruhm, sondern darum, dass der gestohlene Schmuck wieder zur Stelle gebracht wird. Ich glaube, wir werden den Dieb ermitteln, Herr Baron, und wenn dann eine Verhaftung vom Fleck weg sich als nötig erweisen sollte, dann würden meine privaten Machtmittel am Ende nicht ausreichen. Sie sehen also, dass unter Umständen der Gast uns ganz nützlich werden könnte.«