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Schwäbische Sagen 32

Schwäbische-Sagen

Der Drakenberg
Eine mündliche Überlieferung aus Ehningen

Am Fuße des öden Drakenberges (Drachenberges) bei Ehningen standen sonst zwei alte Nussbäume, über die in früherer Zeit eine ungeheure »Klapperschlange«, die dort hauste, sich zu lagern pflegte, wobei dann ihr Leib von einem Baum bis zum anderen reichte, und noch weiter. Ein Jäger aber, der mehr als Brot essen konnte, und oftmals schon einem Mann ein Guldenstück zwischen den Fingern weggeschossen hatte, ohne ihm die Hand zu verletzen, schoss einmal oben vom Drakenberg herab auf die Schlange, als sie eben auf den Nussbäumen hing, und traf sie auch. Mit dem Schuss im Leib schnellte sie sich dann noch den halben Drakenberg hinauf, ehe sie liegen blieb und starb.

Ein anderer benachbarter Hügel heißt das »Klappersteigle«, wo ebenfalls eine großmächtige Klapperschlange gehaust haben soll.


Der Wolfsfels
Eine mündliche Überlieferung aus Ehningen

Auf dem Wege nach Urach über Sankt Johann befindet sich oberhalb des Dörfchens Glems der »grüne Fels« und nicht weit davon der »Wolfsfels«. Von diesem erzählt man sich folgende Geschichte. In alten Zeiten trieb jemand auf die dortige Albhöhe ein blindes Pferd, welches hier öfters von einem Wolf am Halse gepackt wurde, aber jedes Mal den Wolf weit fortschleuderte. Da meinte der Wolf, er sei zu leicht, fraß sich deshalb, um sich schwerer zu machen, ganz voll mit Sand und sprang so wiederum dem blinden Pferd an den Hals. Allein auch diesmal schleuderte das Pferd den Wolf so heftig zur Erde, dass er zerplatzte und starb.

Daher hat man die Gebirgskante, wo dies vorgefallen ist, den Wolfsfels genannt.


Eidechsen
Eine mündliche Überlieferung aus Großheppach

Die Eidechsen (»Eckäse« genannt) sind verwünschte Prinzessinnen, die wegen ihrer Eitelkeit von Zauberern in solche Tiere verwandelt worden. Der Schwanz soll ehemals ihr schönes langes Haar gewesen sein. Auf dem Kopf sieht man noch zuweilen eine Krone.


Eichhorn
Eine mündliche Überlieferung aus Unterkochen und Großheppach

Das Eichhorn (»Eichkirn«) hat große Vorzüge vor anderen Tieren. Es kann springen und klettern wie kaum ein anderes Tier. Im Winter wärmt sich es mit seinem Schwanz, im Sommer dient ihm derselbe zum Schirm gegen die Sonne. Dennoch leiden alle Eichhörnchen an der fallenden Sucht, sodass sie oft plötzlich auf die Erde stürzen. Man sagt, dass es eine eigene Bewandtnis damit habe. Die Eichhörnchen sollen nämlich verwünschte Menschen sein.


Turteltaube
Mündliche Überlieferungen aus Wurmlingen und sonstige

1.

Die Turteltaube ist ein heiliger Vogel, ein »Herrgottsvogel«. In ein Haus, wo man Turteltauben hält, schlägt kein Blitz ein.

Wenn sie sich baden oder mehr als gewöhnlich krähen (»ruckausen«, girren), so kommt bald Regenwetter.

2.

Leute, die häufig mit Rotlaufen behaftet sind, schaffen sich Turteltauben an und behaupten, dass dieselben das Rotlaufen an sich ziehen. Man kann dies auch ganz deutlich sehen, indem die Füße der Täubchen oft scharlachrot werden.

3.

Ist ein Kranker im Hause, so trauert die Turteltaube, was sie dadurch an den Tag legt, dass sie nicht mehr kräht. Stirbt aber jemand im Haus, so trauert sie oft Jahre lang.

4.

Wer ein Paar Turteltauben halten will, darf sie nicht kaufen, sondern muss sie sich schenken lassen. Übrigens bleibt es unverwehrt, ein Gegengeschenk dafür zu machen.


Storch

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Wenn der Storch eine Zunge hätte, so würde er reden, und dann täte er Land und Leute verraten, weil er alles sieht und hört. Wo indes etwas Besonderes vorgeht, da gibt er noch immer ein Zeichen, indem er klappert.

2.

Die Störche schützen das Haus vor Wetterschlag, weshalb man ihre Nester nicht stören und sie selbst nicht töten darf. Man hält den Storch für einen heiligen Vogel und sagt, es sei Sünde, sein Nest zu stören. Wo dies dennoch geschieht, da schlägt zur Strafe der Blitz ein.

3.

Wo man dem Storch ein Nest macht, da wirft er dem Hausbesitzer das erste Jahr zum Dank eine Feder herab, das zweite Jahr ein Ei aus seinem Nest, das dritte Jahr einen jungen Storch. Darauf beginnt er wieder mit der Feder, und so geht es dann fort.

4.

Wenn die Störche im Herbst sich versammeln, um fortzuziehen und unter ihnen sich ein »Ungrader« befindet, d. i. ein überzähliges Männchen oder Weibchen, das sich nicht paaren kann, so wird es von den übrigen Störchen totgeschlagen.