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Fort Aldamo – Band 21

Band-21-Auf-eigene-Faust-nach-MexikoBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 21
Auf eigene Faust nach Mexiko

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 23.08.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Drei halb verdurstete Männer schleppen sich mit letzter Kraft nach Fort Aldamo. Sie erzählen, dass sie zu einem Treck gehören, der ohne Wasser in der Wüste liegen geblieben ist. Master Sergeant Finnewacker handelt sofort. Er schickt den zweiten Zug mit Wasser los. Die Männer kehren nicht zum Fort zurück. Stattdessen trifft vom Regiment per Brieftaube eine Warnung ein, dass sich eine Bande von Sklavenjägern im Grenzgebiet herumtreibt. Da gibt es für Finnewacker kein Halten mehr. Auf eigene Faust marschiert er mit einer Handvoll Strafgefangener los, und schon bald stehen sie mit einem Stiefel mitten in der Hölle von Mexiko …

Leseprobe:

Master Sergeant Finnewacker stand am Fenster der Kommandantur und schaute in den weiten, gepflasterten Innenhof der alten Festung, die von den Konquistadoren erbaut worden war. Er sah den Männern zu, die vor dem Pferdestall die Pferde striegelten.

Der Schirrmeister führte die Aufsicht.

Hinter ihm am langen Tisch saß Sergeant Fitzgerald, sein Stellvertreter, der seit Tagen damit beschäftigt war, die Anforderungsliste ans Regiment zusammenzustellen.

Der Sergeant war ein kleiner, kraushaariger Mann von fünfzig Jahren. Er gähnte herzhaft und ließ den Bleistift fallen.

Master Sergeant Finnewacker machte kehrt und schritt an dem langen Tisch vorbei zu seinem Schreibtisch, die Brust gewölbt, vorn in der Jacke das dicke Notizbuch, das ihm aus der Knopfleiste ragte und das bei den Männern der Strafkompanie noch gefürchteter war als er selbst.

»Der verdammte Schriftkram!«, schimpfte Fitzgerald. »Er bringt mich noch um.«

»Rede nicht so viel!«, brummte Master Sergeant Finnewacker und ließ sich in den bequemen Drehsessel sinken. »Sieh zu, dass du fertig wirst, und du hast es hinter dir.«

Sergeant Fitzgerald musterte den großen, massigen Mann, der sein Kamerad und Freund war. »Du hast gut reden! Bis tief in die Nacht hinein habe ich hier gesessen.«

Finnewacker griff nach der Zigarrenkiste. »Ordonnanz!«, rief er mit tönender Stimme.

Sofort flog die Tür zur Schreibstube auf, und ein Sträfling in grauer Drillichkleidung, sauste herein, salutierte zackig und rief: »Infanterist John Aidman zum Ordonnanzdienst in der Kommandantur kommandiert, Master Sergeant!«

»Schön von dir, Aidman!«, sagte Master Sergeant Finnewacker gnädig und hielt die Zigarre hoch.

Der Mann stürzte heran und riss ein Streichholz an. Finnewacker sah ihm ins Gesicht, als er ihm das brennende Streichholz hinhielt, und musterte dann den Sitz seines Drillichs, den alle Männer trugen, die wegen eines Vergehens oder Verbrechens von der US Kavallerie nach Fort Aldamo zur Strafkompanie versetzt und zum gemeinen Infanteristen degradiert worden waren, ganz gleich, welchen Rang sie zuvor auch bekleidet hatten.

Da es an dem Mann nichts auszusetzen gab, stellte ihm der Master Sergeant die obligatorische Frage, die jeder wie aus dem Revolver geschossen zu beantworten hatte, und wehe nicht! »Wie lange bist du schon bei uns?«

»Sechs Monate und fünfzehn Tage, Master Sergeant!«, antwortete Aidman in strammer Haltung. »Dreiundzwanzig Monate und fünfzehn Tage habe ich noch abzureißen.«

Master Sergeant Finnewacker lehnte sich zurück, paffte heftig und senkte die Lider.

»Dir hat wohl der grüne Heinrich ins Gehirn getütet!«, tönte er, dass der Sträfling die Absätze zusammenschlug und einen roten Kopf bekam. »Seit wann wird der Dienst hier abgerissen, du Buntspecht!«

»Sie entschuldigen, Master Sergeant! Ich meinte abzudienen.«

»Mein lieber Schwan; nimm dich bloß zusammen«, brummte Finnewacker.

»Aye, Master Sergeant! Zu Befehl!«, stammelte der Sträfling.

»Nun nimm die Beine in die Hand und wetz mal zur Küche! Eine Kanne Kaffee für den Sergeant. Aber frisch gebrüht, bitte ich mir aus. Klar?«

»Zu Befehl, Master Sergeant! Eine Kanne frisch gebrühten für den Sergeant!«

»Fliege!«, knurrte der Master Sergeant, und Aidman machte kehrt und flitzte aus dem Raum.

An der Tür gab er Sergeant Kleiber, dem Küchenbullen, die Klinke in die Hand.

Sergeant Kleiber, ein etwas dicker Mann, dem der gesamte Verpflegungsbereich in Fort Aldamo unterstand, sah sich suchend um und blieb am langen Tisch stehen. »Ich dachte, ich finde den Captain hier!«

Master Sergeant Finnewacker und Sergeant Fitzgerald sahen sich an.

Nur Fitzgerald griente. »Er hat gedacht, er findet den Captain hier! Von welchem Captain redet er?«

Kleiber sah von einem zum anderen. »Na, Menschenskind, von Sayer rede ich!«

»Wie viele Sträflinge sind zum Küchendienst kommandiert?«, fragte Master Sergeant Finnewacker.

Kleibers Blick wurde verständnislos. »Acht! Aber ich verstehe nicht? Was hat das damit zu tun?«

»Acht!«, sagte der Master Sergeant. »Da sind glatt vier zu viel.«

»Wie kommst du denn darauf?«, entrüstete sich der Küchenbulle.

»Acht Kommandierte ermöglichen es dir ganz offensichtlich, den ganzen Tag zu pennen«, sagte Master Sergeant Finnewacker trocken … »Mensch, Captain Sayer hat hier nur eine Gastrolle gegeben. Selbst das ist noch übertrieben. Er ist nicht mal ausgestiegen, hat nur aus der Kutsche geschaut und dem Begleitkommando befohlen, auf der Stelle kehrtzumachen. Vermutlich hat er dabei auch an dich gedacht.«

»Was? Das ist ja das Neueste, was ich höre!«

»Und das ist vor vier Tagen gewesen!«, warf Sergeant Fitzgerald ein.

Kleiber stemmte die Fäuste in die Hüften und sah von einem zum anderen. Sein Blick bestand aus einer Mischung von Erstaunen und Entrüstung.

»Hat der Mensch Töne!«, sagte Master Sergeant Finnewacker und schüttelte den Kopf.

Captain Sayer, der Commander von Fort Aldamo, hatte nicht der Dienst, sondern das Klima in Aldamo fertiggemacht. Er war hoffnungslos dem Trunk verfallen und hatte alles seinem Master Sergeant überlassen. Einen Monat Urlaub hatte er gehabt. Als er zurückgekehrt war, hatte er jedoch das Fort sofort wieder verlassen.

Nun war Master Sergeant Finne- wacker wirklich der unumschränkte Herrscher in Fort Aldamo.

»Du wirst mir doch wegen dieser Lappalie nicht vier Männer streichen, Finnewacker«, sagte Kleiber.

»Doch!«

»Das kannst du nicht!«, rief Kleiber entrüstet.

»Kann ich nicht? Mensch, wenn ich hier Frosch sage, wird gesprungen, und sage ich Mustang, dann wiehert hier alles. Ist das klar?«

Kleiber lief dunkel an, sagte aber nichts mehr.

»Was wolltest du denn vom Alten?«, fragte Sergeant Fitzgerald.

Der Küchenbulle wandte sich dem kraushaarigen Sergeant zu. »Ich habe eben meine Bestände noch einmal kontrolliert und dabei festgestellt …«

»Nein!«, heulte Sergeant Fitzgerald los und knallte den Bleistift auf den Tisch. »Dann kann ich ja mit dem ganzen Mist noch mal von vorne anfangen.«

Wie ein begossener Pudel stand Kleiber da.

»Das ist vielleicht eine Schweinerei!«, polterte Master Sergeant Finnewacker.

»Mensch, ich habe mich auf die Leute verlassen, Finnewacker! Ich kann doch nicht alles selber machen. Ich habe die Kerle schon mächtig zusammengestaucht.«

»Also, was fehlt?«, fragte Sergeant Fitzgerald ergeben, da es ja doch nicht zu ändern war und er die Korrektur vornehmen musste, ob er wollte oder nicht.

»Wir benötigen an Zucker und Mehl die doppelte Menge!«, sagte Kleiber kleinlaut. »Und …«

Es klopfte, und die Tür ging. Der Wachhabende trat ein.

»Finnewacker, der Posten auf dem Turm meldet mir eben drei Männer im Buschland, die sich auf unser Fort zubewegen. Sie winken und machen einen recht erschöpften Eindruck.«

Finnewacker stampfte die Zigarre in den Aschenbecher und wedelte den auf-steigenden Qualm mit einer Hand fort.

»Ich komme!«, schnarrte er und griff nach seinem Feldhut.

»Finnewacker, sind mir die Leute wirklich gestrichen?«, fragte Kleiber bittend, als er an dem langen Tisch vorbei zur Tür stapfte, die ihm der Wachhabende aufhielt.

»Da lasse ich mal Gnade vor Recht ergehen«, erwiderte Master Sergeant Finnewacker, hielt kurz inne und wies auf Fitzgeralds Liste. »Aber wenn diese Schlamperei mit immer neuen falschen Angaben weitergeht, kürze ich dir die Zahl der Kommandierten.«

Er verließ die Kommandantur mit dem Wachhabenden und schritt mit ihm zum Torhaus. Unter dem mächtigen Mauerbogen befand sich rechts das Wachlokal, und gegenüber lag der Einstieg zur Treppe, die im Turmhaus von Stockwerk zu Stockwerk bis auf die Turmplattform führte.

Die Räume im Turmhaus wurden nicht benutzt, da der Innenausbau, Decken wie Fußböden, zerfallen war.

Es dröhnte im Treppenschacht, als die beiden Männer nach oben stiegen. Master Sergeant Finnewacker nahm zwei Stufen auf einmal. Der Posten, ebenfalls ein Mann im grauen Drillich, wie das gesamte Wachkommando, machte Meldung, wies den Master Sergeant ein und gab ihm den Feldstecher.

Auf Fort Aldamo wurde die Munition streng unter Verschluss gehalten. Der Posten auf dem Turm war der einzige Sträfling, der eine scharfe Patrone im Karabiner hatte. Damit er Alarm geben konnte, sollten sich Rote oder mexikanische Bandoleros dem Fort nähern.

Finnewacker genügte ein Blick, als er die Männer mit dem Okular erfasste. Die Kerle waren in Not. Sie wirkten völlig entkräftet und besaßen anscheinend kein Wasser mehr.

Sie befanden sich südlich des Forts im Buschland und waren noch eine gute Meile von der Zufahrtsrampe von Fort Aldamo entfernt.

»Der Schirrmeister soll mit einem seiner Leute den Kerlen da entgegenreiten und ihnen Wasser bringen!«, befahl Finnewacker dem Wachhabenden.

Der Corporal machte auf dem Absatz kehrt und verschwand im Treppenschacht. Keine drei Minuten später öffnete sich der schwere Holztorflügel unter dem Turm, und der Sergeant, der als Schirrmeister fungierte, galoppierte mit einem Mann in grauem Drillich aus dem Fort und die Rampe hinunter. Vier große Wasserflaschen hingen an den Sattelhörnern. Die drei Männer dort im Buschland blieben sofort liegen.

Master Sergeant Finnewacker gab dem Posten den Feldstecher, klopfte ihm auf die Schulter und ging zum Treppenschacht.

»Behalte unsere Leute im Auge!«, sagte er über die Schulter.

Der Posten nahm Haltung an. »Zu Befehl, Master Sergeant!«

Unter dem Torhausbogen begegnete ihm der Wachhabende. »Sag dem Feldscher Bescheid! Er soll zum Tor kommen, sobald die Männer hier sind. Wenn etwas ist, ich bin in der Kommandantur.«

»Sobald ich weiß, wer die Leute sind, informiere ich dich!«, sicherte ihm der Wachhabende zu.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 21. Bastei Verlag. Köln. 23.08.2016