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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.12

Mythos-Tempelritter

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Graf Walther von Spelten 1189-1191

Nach Gérard de Rideforts Tod wurde jedenfalls Terricius wieder Großkomtur, doch mag die Vakanz des Meisters nicht lange gewährt haben, da vor Akkon das Christenheer mit vielen Fürsten, Prälaten und Baronen versammelt war, also die mannigfaltigen Beziehungen des Ordens hier um so mehr eine einheitliche Führung, einen Großmeister erheischten.

Da der Landgraf von Thüringen, Ludwig der Wilde, jetzt vor Akkon in großem Ansehen stand, man die Ankunft des Kaisers Friedrich I. mit einem mächtigen Heer erwartete, so wählte man vielleicht noch gegen Ende des Jahres 1189, da der Tod Gérards den Templern vor Akkon, wo noch Jahre gekämpft wurde, bald bekannt werden musste, einen deutschen, nämlich Walther, Grafen von Spelten, welcher sich schon seit längerer Zeit im heiligen Lande aufhielt, zum Großmeister. Derselbe war beim Landgrafen Ludwig sehr beliebt und um diese Stellung zu benutzen, namentlich aber um den Kaiser Friedrich I. durch einen deutschen Großmeister für sich zu stimmen, traf der Orden diese Wahl, die sonst nie einen deutschen getroffen hat. Aber der Orden trieb Politik, er fürchtete und hoffte von dem mächtigen Kaiser der Deutschen. Es schien ihm daher, als vermöge der beim Landgrafen in hoher Achtung stehende deutsche Graf Walther jene Besorgnisse zu zerstreuen und diese Hoffnungen zu verwirklichen. Wahrscheinlich war Walther bisher Mitglied des Konvents gewesen. Der Verlust, welchen das christliche Heer erlitten hatte, wurde bald durch neue Pilger ersetzt, sodass endlich Akkon gänzlich eingeschlossen und ein Graben um das Lager von einem Ende des Meeres bis zum anderen gezogen werden konnte. Während sich die Türken wegen der in ihrem Heer ausgebrochenen Seuche und der Ankunft Kaiser Friedrichs in Konstantinopel, zu der Höhe von Charubah, Hattin zuwärts, zurückzogen. Der Sultan war bekümmerten Herzens, denn er wusste, dass in der nächsten Zeit die mächtigsten Fürsten des Abendlandes mit gewaltigen Heeren vor Akkon erscheinen würden und diese Stadt dann fallen müsste. Seinerseits versäumte er nicht, große Rüstungen zu veranstalten, Landheer wie Flotte setzte er in den trefflichsten Stand.

Die Stellung des christlichen Heeres um Akkon herum, von dem Meer bis wieder zu demselben, war folgende: Am Kanalturm vor dem Berg begannen die Genueser, an sie schlossen sich weiter die Hospitaliter, der Markgraf von Tyrus, Graf Heinrich von Campanien, Graf Veit von Dampierre, Graf von Brienne, Graf von Bar, Robert von Dreux, der Bischof von Beauvais und Befançon. In der Ebene folgten Graf Theobald von Clermont, Hugo von Gournai, Otho von Trefoni, Florentius von Haugi, Balchelin von Ferrara, die Florentiner, der Bischof von Salisbury mit den Engländern, der Mundschenk von Flandern mit Johann von Neele, Odo von Ham, der Bischof von Cambrai, der Graf von Touraine, der König Veit mit seinen Brüdern Gottfried und Aimerich von Lusignan, Hugo von Tiberias mit seinen Brüdern Rudolf, Otto und Wilhelm, die Templer, Jakob von Avesnes, dann die Deutschen, Friesen, Pisaner und Lombarden.

Als im November die schlechte Jahreszeit hereingebrochen war, ruhten die Waffen bis zum nächsten Frühjahr, während die Christen von Akkon nicht wichen und auch ein großer Teil des türkischen Heeres im Lager verweilte.

Mit dem Frühjahr 1190 rückte Saladin von den Höhen bei Charubah wieder vor, in die Nähe des christlichen Lagers, welches den Winter hindurch furchtbar befestigt, mit tiefen Gräben und hohen Wällen umgeben, einer Festung glich, deren Zitadelle Akkon zu sein schien. Auch erregten drei große Belagerungstürme der Christen, welche gleich Bergen über die Mauern schauten, bei den Belagerten ungemeines Schrecken. Sie bestanden aus mehreren Stockwerken, wurden aber vom Feind durch griechisches Feuer zerstört. Der Sultan zog ansehnliche Verstärkungen an sich, sodass die Christen sich in ihrem verschanzten Lager nach außen ruhig verhielten und alle ihre Kraft gegen die Stadt wandten. Doch gefiel dem beutegierigen gemeinen Volk nicht, dass kein Angriff auf das türkische Lager unternommen wurde. So geschah es am 26. Juli, dass eine starke Schar Fußvolk eigenmächtig einen Angriff wagte, scheinbar wichen die Türken zurück. Als aber die Christen mit Beute beladen zurückkehren wollten, überfiel sie der Feind und richtete ein großes Blutbad unter ihnen an. Vom Juli bis September kamen viele bewaffnete Pilger, unter ihnen Herzog Leopold von Österreich mit vielen deutschen, namentlich Kölnern. Sehnlich harrte man der Ankunft des deutschen Kaisers entgegen, als die trauererregende Nachricht von seinem Tod erscholl.

Kaiser Friedrich Barbarossa hatte trotz aller Beschleunigung erst im Frühjahr 1189 den Kreuzzug antreten können. Sein Heer bestand aus mehr als 100 000 Streitern, worunter 50 000 Ritter waren. Man zog den alten Weg durch Ungarn nach Konstantinopel unter großen Beschwerden, die nur durch die trefflichen Vorkehrungen des Kaisers und seines Sohnes, des Herzogs Friedrich von Schwaben, erleichtert wurden. Elf Wochen verweilte der Kaiser, um das Heer erholen zu lassen, zu Philippopel, dann zog er am 5. November nach Adrianopel, immerwährend von den tückischen Griechen mit Feindseligkeiten heimgesucht. Am 1. und 2. März 1190 brach das Heer von Adrianopel auf. Nach einem durch Regen und Kälte beschwerlichen Zug gelangte es am 22. März nach Kallipolis, wo 1500 Frachtschiffe und 27 Galeeren bereit zur Überfahrt nach Kleinasien lagen, welches das ganze Heer am 28. März betrat. Am 21. April gelangte es über Thyatira und Sardes nach Piladelphia, darauf in das Gebiet des Sultans von Iconium, wo viele ruhmvolle Kämpfe stattfanden.

Jetzt wuchsen die Mühseligkeiten des Weges, Mangel an Lebensmitteln nahm zu und statt nach Attalia an die Meeresküste zu ziehen, führte sie ein verräterischer Türke mitten in die Länder von Iconium. Am 7. Mai gelangte man nach Philomelium, großen Mangel leidend, sodass man Pferde schlachten musste. Bereits am 14. Mai kam es mit den Türken zum Gefecht, sie mussten weichen. Aber die Christen gerieten nun in so öde, unfruchtbare Gegenden, dass viele dem Hunger und Durst unterlagen. Endlich am 17. Mai erreichte man Iconium und mit Eroberung dieser reichen Stadt herrschte Überfluss im christlichen Lager. Am 20. Mai zog man neu gestärkt weiter, betrat am 31. Kilikien, wo die Christen in unwegsamen Gebirgen, vor Hunger und Hitze großes Ungemach erduldeten. Sonntags am 10. Juni, auf einem höchst mühevollen Marsch, ritt der Kaiser abends mit seiner Begleitung, während das Heer über eine Höhe nach Seleukia zog, zwischen einem Höhenzug und dem Fluss Kalykadnos entlang. Der Weg war schmal und an einer Stelle durch viele Lasttiere versperrt. Um nicht aufgehalten zu werden, versuchte der Kaiser zu Pferde den Fluss zu durchschwimmen. Die reißenden Wellen warfen ihn aber vom Ross. Mit vieler Mühe zog man ihn aus dem Wasser und brachte ihn sterbend nach Seleukia, wo ein Schlagfluss seinem Leben ein Ende machte. Hierauf wählte das Heer den Herzog Friedrich von Schwaben zum Führer, zog am 14. Juni weiter und langte am 19. zu Antiochien sehr geschwächt an, wo des Kaisers Leichnam vor dem Altar in St. Peters Münster beigesetzt ward.

Die Nachricht von des Kaisers Tod erregte im Lager vor Akkon allgemeinen Schmerz, noch mehr aber stieg Besorgnis, Missvergnügen und Zwietracht durch die abneigungsvolle Stimmung, welche hier zwischen deutschen und Franzosen herrschte und durch die Ankunft des übermütigen Grafen Heinrich von Troyes noch erhöht wurde. Bisher hatten Landgraf Ludwig von Thüringen und Jakob von Avesnes den Oberbefehl über das Pilgerheer abwechselnd geführt, nun wurde er jenem Grafen übertragen, weshalb der Landgraf missmutig und krank Heer und Land verließ, aber am 16. Oktober auf Zypern starb.

Unterdessen kam Herzog Friedrich V. von Schwaben mit dem Rest des deutschen Heeres vor Akkon an. König Veit hätte es gern gesehen, und das nicht bloß, um den Streit zwischen deutschen und Franzosen keine neue Nahrung zu geben, wenn Friedrich in Antiochien geblieben und dort gegen Saladins Staaten eine drohende Stellung eingenommen hätte, wodurch dessen Aufmerksamkeit und Macht vom Reich Jerusalem wäre, abgezogen worden. Aber Markgraf Conrad hatte mit Absicht den Herzog nach Akkon hingezogen, weshalb dieser, schon um Conrads willen, Veits Freund allerdings nicht war. Alsbald brach der Streit zwischen deutschen und Franzosen wieder aus, welche Zwietracht der Sultan wegen Kränklichkeit nicht benutzen konnte. Vielmehr erfüllte ihn die Besorgnis, Akkon werde endlich doch den Christen zuteilwerden. Er wich sogar ferneren Angriffen durch einen Rückzug auf die Höhen von Charubah aus.

So zog sich die Belagerung immer mehr in die Länge, umsomehr, da bei den Christen alle Einheit in den Unternehmungen fehlte, welchen Mangel der unermüdliche Befehlshaber Akkons, der Emir Bohaeddin Karakusch, trefflich zu benutzen verstand. Daher misslang am 24. September ein Angriff pisanischer und anderer Seefahrer auf den Hafen versperrenden Fliegenturm sowie der Versuch, die Mauern der Stadt durch gewaltiges Belagerungswerkzeug zu brechen. Das griechische Feuer vereitelte alle derartigen Unternehmungen, vergeblich waren Anstrengung, Zeit, Geld und Tapferkeit. Vieler Menschenleben gingen verloren, da die Besatzung viele Ausfälle zur Land-und Seeseite oft mit glücklichem Erfolg unternahm. Am 12. November wagten die Christen wieder einen Angriff auf die Höhen von Charubah, denn Saladin war krank, sein Heer missvergnügt über die anhaltenden Kriegsmühsale. Herzog Friedrich von Schwaben und Graf Thibaut de Blois hüteten das Lager, das übrige Heer zog wohlgerüstet über die Ebene, aber die Türken nahmen den Kampf nicht an und so lagerten sich die Christen unter dem Hügel Alhadschl, vergeblich die Heiden zum Kampf herausfordernd.

Gegen Ende dieses Jahres trat Waffenruhe ein. Bei der ungünstigen stürmischen Witterung mangelte es an Zufuhr von der See, es trat bald großer Mangel und endlich den Winter hindurch eine so furchtbare Hungersnot ein, dass ein Scheffel Getreide 20 Byzantiner, der Scheffel Mehl 70, ein Ei 12 Denare, ein Huhn 20 Solidi, ein Apfel 6 Denare galt. Anhaltende Regengüsse und tödliche Seuchen, woran am 20. Januar 1191 Herzog Friedrich V. von Schwaben starb, rafften 10 000 Christen im Lager dahin. Dazu kam noch die tödliche Spaltung der Fürsten, durch den hochfahrenden Sinn des Markgrafen Conrad stets genährt, der nicht zufrieden war, dass ihn König Veit als Fürsten von Tyrus anerkannt hatte, nach der Krone von Jerusalem trachtete. Denn die Königin Sibylle und deren Tochter waren gestorben. So meinte Conrad, das Recht der Krone sei nunmehr auf Sibylles Schwester Isabelle, Gemahlin des Honfroy von Toron, übergegangen, was nicht zu bestreiten stand, noch dazu, da Veit durch Betrug und mit fast allgemeinem Widerspruch der Barone zur Herrschaft gelangt war. Conrad stützte sich namentlich auf den Beistand der deutschen Pilger. Er entführte die Isabelle, welche laut erklärte, sie habe nur ungern den unmännlichen Honfroy in ihren unmündigen Jahren geehelicht. Die Ehe ward vom Bischof von Akkon getrennt, Conrad vermählte sich mit Isabelle. Darüber entstand eine große Spaltung unter den Baronen. Die Templer und Franzosen standen zu Veit, die Hospitaliter, deren Großmeister von vornherein gegen Veits Krönung gewesen war, und die Deutschen hielten es mit Conrad, welcher die Hungersnot des Heeres durch beschränkende Maßregeln von Tyrus aus vermehrte. In diesen Zeiten der Drangsal bildete sich nach der Regel der Templer der Orden der deutschen Ritter.

Im Frühjahr waren Christen und Türken voller Besorgnis, wie der Kampf um die Stadt sich gestalten würde. Beide Heere, des Krieges überdrüssig, sehnten sich nach Erlösung von den anhaltenden Kriegsdrangsalen. Den Christen fehlte ein tüchtiger Oberbefehlshaber. König Veit war unfähig, der Landgraf von Thüringen, der Herzog von Schwaben und viele angesehene Fürsten und Barone tot, der Markgraf von Tyrus und Graf Heinrich von Troyes unbeliebt, Spaltung zwischen den beiden Ritterorden.

Endlich kam zum Osterfest 1190 Hilfe mit der Ankunft der Könige von Frankreich und England. Nachdem beide Könige am 13. Dezember 1189 Frieden geschlossen und bestimmt hatten, nächste Ostern mit vereinten Kräften die Meerfahrt anzutreten. König Richard ordnete für seine Flotte eine Befehlshaberschaft an, zu welcher der Erzbischof von Auch, Bischof von Bayern, die Ritter Robert von Sablé, Richard von Chamvil und Wilhelm Lefort von Balerun gehörten. Im Juni traten beide Könige den Kreuzzug an. König Philipp führte seine Scharen nach Genua und gelangte im August nach Messina. Ein Teil der englischen Flotte legte bei Lissabon an und half den Portugiesen bei der Bekämpfung der dortigen Sarazenen, welche die den Templern gehörende Feste Thomar belagerten. Hierauf vereinigte sich die Flottenabteilung des Robert von Sablé und Richard von Chamvil mit der des Lefort, gelangten am 22. August nach Marseille und dann mit König Richard nach Messina. Als der Bischof Johann von Norwich sich nach Rom begeben und sich vom Papst seines Gelübdes der Pilgerfahrt hatte entbinden lassen, strafte ihn Richard mit 1000 Mark Silber, welche durch die Tempelherren eingezogen wurden. In Messina gingen zwar beide Könige scheinbar freundlich miteinander um, aber Philipp fand sich durch Richards Energie und Glanz zurückgestellt und mochte ihn nicht leiden. Richard geriet überdies mit König Tancred von Sizilien in Feindschaft, beide Völker in offene Feindseligkeiten, in welchen Philipp und die französischen Pilger Partei wider die Engländer nahmen, dass auch in diesen Kreuzheeren der reichste Same von Misstrauen und Feindschaft vorlag, obgleich sich beide Herrscher am 8. Oktober von Neuem Treue schworen und vieles verordneten. Unter anderem, dass die Verlassenschaft eines Pilgers dem Bischof Manasse von Langres, den Großmeistern beider Ritterorden, dem Herzog von Burgund und einigen anderen Baronen zur Verwendung für das heilige Land überlassen werden sollte.

Den Winter hindurch blieben die Kreuzheere zu Messina, beide Könige und ihre Völkerschaften wurden immer mehr gegeneinander eingenommen und namentlich Philipp wegen Verstoßung seiner Schwester Alix, an deren statt sich Richard mit Berengaria von Navarra verlobte, gegen diesen mit unversöhnlichem Groll erfüllt. Ein Gleicher wurde gegen ihn bei Richard rege, als Philipp ihn bei seiner der Krone Frankreichs schuldigen Lehnstreue zur Fortsetzung der Meerfahrt aufforderte. Richard weigerte sich, hierauf forderte Philipp die englischen Barone auf, sich der Haltung des geschlossenen Vertrags anzunehmen, worauf diese erklärten, Richard sei verpflichtet, die Meerfahrt ungesäumt anzutreten. Dieser wurde hierüber so aufgebracht, dass fortan selbst der Schein der Freundlichkeit zwischen beiden Königen wich.

Endlich verließ die französische Flotte am 30. März, die englische am 10. April 1191 Sizilien. Widrige Winde zwangen den König von England, auf Zypern zu landen, wo er seine Braut und seine Schwester im Hafen von Limisso fand, welchen der Kaiser Isaak das Landen verboten hatten. Sogleich begann Richard mit Feindseligkeiten, nahm Limisso am 6. Mai ein und vertrieb den Kaiser. Am 11. Mai kam König Veit mit zahlreicher Begleitung, um ihn zu begrüßen und zugleich um Schutz wider den König von Frankreich zu ersuchen. Es kamen mit Veit sein Bruder Gottfried, der Fürst Raimund von Antiochien, Boemund von Tripolis, Honfroy von Toron, der Sohn des armenischen Fürsten Leo, der Großmeister der Hospitaliter und andere vornehme Barone, die Häupter der einen syrischen Partei, die sich zu Richard hielt. Die anderen, als da wären der Markgraf Conrad, die Templer sowie der Patriarch hielten zu Philipp.

Die Genueser, die Pisaner und Venezianer hielten es mit Veit. Richard ordnete schleunigst die Angelegenheiten auf Zypern, welche Insel er als sein Eigentum betrachtete und deren Besitz für das heilige Land fortan sehr ersprießlich war, da von hier aus reiche Zufuhren in das Lager vor Akkon beschafft wurden, wohin Richard am 5. Juni absegelte, nachdem bereits am 13. April König Philipp daselbst angekommen war.

Da Letzterer dem den syrischen Baronen so missfälligen Markgrafen Conrad wohl wollte, so hatte er Veits Anhänger gegen sich und drängte sonach den König Veit, sich zu Richard zu halten. Die Templer kamen hier in die eigene Lage, dass sie von der Partei, zu welcher sie eigentlich von Anfang gehörten, abgingen. Denn sie standen von Haus aus auf Veits Seite. Da aber der Großmeister Walther ein Deutscher war, die Deutschen es mit dem Markgrafen Conrad hielten, dieser mit dem König von Frankreich, so standen sie von nun an scheinbar dem König Veit gegenüber. Freilich hätten sie gegen die französische Verbindung nichts einzuwenden gehabt, da der Orden französisch war und die Hospitaliter sich zur englischen Partei hielten. Allein im Grunde blieb doch Veit ihr Mann, den Markgrafen hassten sie und an König Richards Freundschaft musste ihnen auch gelegen sein. Sie befanden sich daher in einer gepressten, unbehaglichen Lage, aus welcher sie sich sogleich rissen, als König Philipp das heilige Land verließ. Denn ehe Richard Mitte Juni im Lager von Akkon ankam, verwehrte ihm Markgraf Conrad den Einzug in Tyrus. Mit der Ankunft Richards im Lager brach die Eifersucht zwischen beiden Königen aus. Die meisten Pilger hielten es mit Richard, sowohl wegen seines Mutes als auch seiner Freigebigkeit. Die Belagerung ward eifrig betrieben, wogegen auch Saladin die Christen häufig angriff, um die Bedrängnis der Stadt zu erleichtern. Aber die Uneinigkeit der Fürsten ließ keine gemeinsame Unternehmung zu, sodass trotz aller vereinzelten Anstrengungen und vieler herrlichen Taten, trotz der gewaltigen Wurfmaschinen, von denen die Tempelherren mehrere erbauten, die Übergabe Akkons nicht herbeigeführt ward. Eine Zeit lang wurde König Richard durch Krankheit verhindert, sich der Belagerung tätig anzunehmen. Kaum befand er sich auf dem Wege der Genesung, so traf er die kräftigsten Anstalten, der Stadt Meister zu werden, doch hinderte auch ihn der Hader der Fürsten. König Veit und Markgraf Conrad stritten miteinander über den Titel eines Königs von Jerusalem. Da nun Philipp mit dem Markgrafen sehr vertraulich umging, so erfüllte dies den König Richard mit dem Argwohn, der Markgraf sei schuld daran, dass der König von Frankreich die Hälfte von Zypern begehre. Zwar gab Philipp diesen Anspruch auf, allein der gegenseitige Groll stieg. Man setzte fest, dass die beiden geistlichen Ritterorden und andere Barone für die gleichmäßige Verteilung aller Eroberungen während der Pilgerfahrt zwischen den beiden Königen Sorge tragen sollten. In der Erbitterung seines Gemütes gegen Philipp suchte der ungestüme, übermütige und trotzige Richard die Freundschaft Saladins, welcher dem König anfangs nicht traute.

Mittlerweile wurden die Befestigungen Akkons immer mehr zerstört. Es trat in der Stadt, da die Christen das Meer beherrschten, bitterer Mangel ein, sodass selbst Türken aus Akkon Hungers wegen ins christliche Lager flüchteten und durch Verleugnung ihres Glaubens sich Aufnahme verschafften.

Bereits am 7. Juli wollten die Befehlshaber die Stadt übergeben. Der Sultan versuchte durch Angriffe auf das Lager die Besatzung zu ermutigen, allein vergebens. Saladin musste befehlen, sie solle sich mit allen nur möglichen Kostbarkeiten am Meer zu ihm durchschlagen, was aber den Emiren in der Stadt unmöglich schien. Vielmehr sahen sie sich, nachdem sie mit den geistlichen und weltlichen Fürsten der Christen bei den Zelten der Templer eine Zusammenkunft gehabt hatte, genötigt, die Stadt am 12. Juli unter folgenden Bedingungen zu übergehen: Die Stadt wird mit allen Schätzen und sonstigen Besitztümern, allen im Hafen liegenden Schiffen und allen christlichen Gefangenen übergeben. Die Besatzung zieht teilweise bewaffnet ab mit allen Frauen und Kindern. Ein auserlesener Teil nebst den Emiren bleibt als Geisel zurück, bis Saladin innerhalb von 40 Tagen das heilige Kreuz ausgeliefert, 200 000 Byzantiner bezahlt, 200 Ritter nach Auswahl der Könige und 1500 andere Christen ausgeliefert hat. Gleich darauf wurden die christlichen Banner in Akkon auf der Burg, den Türmen der großen Moschee und den Häusern der Templer und der Hospitaliter gesehen. Der König von Frankreich bezog das Haus der Templer, König Richard die Burg. Länger als zwei Jahre hatte die Belagerung Akkons gewährt und 200 000 Christen das Leben gekostet. Sechs Erzbischöfe und Patriarchen, 12 Bischöfe, 40 Grafen und 500 Barone waren bei der Belagerung der Stadt umgekommen. In einem der vielen Gefechte im Jahre 1191 büßte auch der Großmeister, Graf Walther von Spelten, das Leben ein, was den Orden in die Lage versetzte, durch die Neuwahl des Großmeisters aus der bisherigen feindlichen Stellung gegen Richard von England herauszutreten.