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Schwäbische Sagen 28

Schwäbische-Sagen

Die Hexen auf dem Hohberg
Eine mündliche Überlieferung aus Heubach

Auf einer Ebene des Hohbergs bei Heubach kommen die Hexen zusammen und tanzen. Vor Jahren erzählte einmal ein Mädchen ihren Freundinnen in der Schule: »Heut Nacht bin ich einmal an einem schönen Platz gewesen. Meine Mutter hat mich mitgenommen auf den Hohberg. Da geht sie alle Mittwoch- und Freitagnacht hin und tanzt da. ‘s war zu lustig heut Nacht! Da sind wir herumgesprungen und sind durch Schlüssellöcher und durch Strohhalme geschlüpft, und als wir ausgetanzt hatten, sind wir zusammen durchs Schlüsselloch in Lammwirts Keller gegangen und haben da Wein getrunken. ‘s war zu lustig!«

Durch die Schulkinder kam es bald in der ganzen Stadt herum, dass die Frau eine Hexe war.


Die Hexen auf dem Rostberg
Eine mündliche Überlieferung aus Pfullingen

Auf dem Roßberg bei Gönningen halten die Hexen ihre Zusammenkünfte und Tänze. Man hat dort oben schon einen Wagen fahren sehen, der mit vier großen Rappen bespannt und mit Menschen ganz angefüllt war. Ein früherer Geistlicher aus Pfullingen ist oft bei Nacht hinaufgestiegen, um diese Geister anzureden und zu bannen oder zu erlösen. Allein die Hexen wussten es jedes Mal so einzurichten, dass er zu spät kam.


Nächtliches Rufen
Eine mündliche Überlieferung aus dem Schwarzwald

Wenn jemand bei Nacht gerufen wird, soll er nicht antworten, es sei denn, dass der Ruf dreimal wiederholt werde, denn eine Hexe ruft nie dreimal. Einst sah ein Mann auf zweimaliges Rufen aus dem Fenster. Da blies ihn nur sanft ein warmer Wind an, aber er musste alsbald sich hinlegen und starb.


Hexenmesser
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

In Bieringen bei Obernau hat vor einiger Zeit eine Großmutter, die eine Hexe war, ihren eignen Enkel, einen halb erwachsenen Knaben, nachts im Bett so »geritten« und gequält, dass der Knabe ganz mager wurde. Da riet man dem Knaben, er soll ein sogenanntes Hexenmesser oder Schreckselesmesser, d. i. ein Messer, auf dem drei Kreuze eingehauen sind, mit sich ins Bett nehmen, das Messer mit beiden Händen fest über der Brust halten, aber so, dass die Spitze in die Höhe gerichtet sei. Das tat er dann auch. Als nun die Hexe über den Knaben wiederum herfiel, stach sie sich das Messer in die Brust und lag am anderen Morgen tot in ihrem Bett. Der Knabe aber hatte seit der Zeit Ruhe.


Das verhexte Kind
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

In Wurmlingen lebte früher ein Mann, der ganz allgemein für einen Hexenmeister gehalten wurde. Derselbe ging eines Morgens an der Tochter seines Nachbars, die 10 Jahre alt war, vorüber, griff dem Mädchen an den Kopf und sagte: »Du hast recht schöne Zöpfe.« Hierauf lief das Mädchen wie wahnsinnig nach Hause und erzählte, dass der Hexenmeister es an dem Kopf gefasst hatte. Seitdem sei es ihm ganz seltsam im Kopf.

Darauf ging der Vater mit einem geladenen Gewehr zu dem Hexenmeister und sprach: »Du hast mir mein Kind verhext und musst ihm auf der Stelle helfen, sonst erschieße ich dich.«

Der Hexenmeister sagte: »Ich will ihm helfen. Aber das sag ich dir, man sollte die Kinder nicht ungesegnet des Morgens aus dem Haus lassen.« Dann machte er etwas, worauf das Mädchen alsbald wieder hergestellt ward.


Eine Zigeunerin macht Hagel
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

In der Gegend von Horb kam vor mehreren Jahren eine alte Zigeunerin in das Hans eines reichen Bauern und bettelte die Hausfrau an und erbot sich zugleich, ihr allerlei, was sie wissen wolle, zu wahrsagen. Die Frau fragte, ob ihr Mann ihr wohl treu sei. Die Zigeunerin sagte Nein, denn er habe heimlichen Umgang mit einer Magd des Hauses.

Der Mann aber, der gehorcht und alles mit angehört hatte, sprang zornig hervor, ergriff in der Küche ein Holzscheit und prügelte sowohl seine Frau als auch die Zigeunerin und sagte der, sie schwatze solche Sachen bloß deshalb den Weibern vor, um ihnen das Geld abzulocken. Die Zigeunerin aber machte, dass sie fortkam, und erzählte draußen im Feld den Arbeitern, was ihr begegnet war und sagte zugleich: »Dem Bauersmann sollten die Schläge teuer genug zu stehen kommen.«

Dann ging sie noch etliche Hundert Schritte weiter, nahm ihr Taschenmesser, scharrte damit ein Löchlein auf der Straße und ließ ihr Wasser dahinein laufen. Die Leute auf dem Feld sahen, wie die Zigeunerin allerlei Zauberzeichen auf der Stelle machte. Und alsbald stieg ein starker Nebel von dem Löchlein auf und bildete sich in der Luft zu einer schwarzen Gewitterwolke, aus der nach zwei Stunden ein so furchtbares Hagelwetter hervorbrach, dass alle Früchte in Feldern und Gärten und alle Fenster an den Häusern auf zwei Stunden weit zerschlagen wurden. Die alte Zigeunerin aber hat sich seit der Zeit nie wieder dort sehen lassen.


Eine Hexe macht Wind
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

In der Erntezeit schnitten einige Leute aus Wurmlingen ihr Korn im Feld. An ihren Acker grenzte die Wiese des Schullehrers und war nur durch einen Fußweg davon geschieden. Auf dieser Wiese, dicht am Weg, standen etwa zwölf schöne Pflaumenbäume, die ganz voll reifer Pflaumen hingen. Es war das schönste Wetter, kein Lüftchen ging. Mit einem Mal erhob sich aber in den Pflaumenbäumen ein Geräusch wie ein heftiger Sturm, dass eine Menge Pflaumen herabfielen. Die Schnitter waren nur 15 Schritte von den Bäumen entfernt und verspürten keinen Wind. Auch an anderen Bäumen bewegte sich kein Blatt. Alsbald aber kam eine bekannte Hexe aus Wurmlingen daher, raffte die auf dem Weg liegenden Pflaumen zusammen und ging damit fort.


Hexenschuss
Eine mündliche Überlieferung aus Tübingen

Ein heftiges Stechen und Steifheit im Kreuz, sodass man nicht aufrecht gehen und stehen kann, heißt ein Hexenschuss. Auch Drachenschuss (spasmus paracelsi fixus), der kommt ganz plötzlich und rührt von bösen Leuten oder Hexen her. Oft bekommen dieses Leiden ganz junge Leute und müssen »dagegen tun«, weil es sonst mit den Jahren schlimmer wird.

Wenn die Hexen ein Stück Vieh umbringen, sagt man auch: »Es hat einen Schuss bekommen.«


Eine Hexe als Pferd

Ein Bauer aus der Umgegend von Wiesensteig hatte schon mehrmals ein überzähliges Pferd in seinem Stall angetroffen und wusste nicht, was er davon denken sollte und erzählte die Sache seinem Schmied.

Der sprach: »Sobald du wieder ein fünftes Pferd bei deinen Pferden siehst, so ruf mich nur!«

Es dauerte auch nicht lange, da war das fremde Pferd wieder da, und sogleich ließ der Bauer es dem Schmied sagen.

Der kam auf der Stelle und brachte vier Hufeisen mit und sagte: »Der Gaul hat gewiss keine Eisen auf, wir wollen ihn doch beschlagen!« Und legte ihm die vier Eisen auf.

Als der Bauer am folgenden Tag seinen Nachbarn, den Schmied, besuchte, lag dessen eigene Frau im Bett und hatte an Händen und Füßen ein Hufeisen! Seitdem hat sie sich nicht wieder als Pferd gezeigt.


Die Hexen auf dem Heuberg bei Balingen

Auf dem Heuberg zwischen Balingen und Tuttlingen ist der Hauptzusammenkunftsplatz der Hexen. Es befindet sich hier bei dem Dorf Obernheim, auf dem sogenannten Burgbühl, einem einzeln stehenden Kegel, das »Hexenbäumle«, unter welchem sie ihre Tänze aufführen.

Schon Erusius in seiner schwäbischen Chronik, Band II, Seite 419 schreibt darüber: Nicht weit von Balingen ist der berühmte Berg, den man Heuberg nennt, und von welchen man vorgibt, dass die Hexen auf demselben zusammenkommen und ihre Teufelsspiele haben. Das ist gewiss, dass im Jahre 1589, im Herbst, etliche dergleichen Weiber und der fürnehmste Ratsherr zu Schömberg verbrannt worden, die alle bekannt haben, dass sie gewohnt gewesen, des Nachts auf diesem Berg zusammenzukommen, mit den Teufeln zu tanzen, zu buhlen, Menschen und Vieh zu beschädigen. Daher kommt es auch, dass die gemeinen Leute die Gespenster und Luftgesichte, die auf diesem Berg häufig gesehen werden, für Zauberei von den Hexen und Teufeln halten. Solche scheinen anderen ihren Ursprung daher zu haben, weil um die Zeiten Maximilians I. an diesen Orten bisweilen Schlachten vorgegangen, als da Eberhard der Bärtige mit den Rottweilern Krieg geführt, ehe er Herzog worden. Gleichwie auch Pausanias (in den Atticis) schreibt, dass in den marathonischen Feldern, in welchen Miltiades die Perser überwunden hatte, auch viel Jahre hernach Gespenste des Nachts (streitende Soldaten) gesehen, auch Kriegsgeschrei und Wiehern der Pferde gehört worden, und wer frech hinzugegangen, nicht ohne Schaden davongekommen sei.