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N.Y.D. – Abserviert von zarter Hand

Abserviert-von-zarter-HandA.F. Morland
New York Detectives
Abserviert von zarter Hand

Krimi, Thriller, E-Book, BookRix, München, Oktober 2015, 676 KB, entspricht 162 Taschenbuchseiten, 2,99 Euro, ISBN: 9783739616193, Titelbild: Firuz Askin
www.alfredbekker.de

Was Amanda ihm da anbot, war bestimmt kein leichter Job. Eine schwierige Aufgabe, Bilder im stolzen Wert von einer halben Million so zu sichern, dass es nicht einmal dem gerissensten Dieb in dieser Stadt möglich war, sich an ihnen zu vergreifen. New York war vollgeklebt mit netten Plakaten, die überall verkündeten, dass hier demnächst ein fantastischer Schatz zu holen sein würde. Eine schwierige Aufgabe. Sie reizte Bount Reiniger.

Für den Millionär und Philanthropen Lui C. Carr soll der Privatdetektiv Bount Reiniger die New Yorker Etappe der Wanderausstellung seiner privaten Gemäldesammlung überwachen. Für den schwerreichen Geschäftsmann ist der Big Apple die sprichwörtliche Brutstätte des Verbrechens. Da ihn, seit einer Rauschgiftaffäre, in die beide verwickelt waren, eine private Freundschaft mit Reiniger verbindet, hält der diesen für geeignet, seine Kunstwerke gebührend zu beschützen.

Gleichzeitig kommt Dandy Moreno, ein Kleinganove, den Reiniger fünf Jahre zuvor hinter Gitter gebracht hatte, wieder aus dem Knast und wirft sofort ein Auge auf die bevorstehende Ausstellung. Der heroinabhängige Maler Bug Kadess soll ihm helfen, die besten, sprich wertvollsten Stücke auszusuchen und zu stehlen.

Reiniger erfährt von Morenos Vorbereitungen und macht sich auf die Suche nach dem Ganoven, um dem geplanten Einbruch zuvorzukommen. Als Moreno von Reinigers Beteiligung erfährt, wird die Sache für ihn persönlich und er beschließt, den Detektiv aus dem Weg räumen zu lassen.

Sie wissen, dass Reiniger für Sie ein ebenbürtiger Gegner ist, Mr. Doonan. Es muss Sie doch förmlich danach drängen, ihn zu jagen. Den gefürchteten Privatdetektiv aus dem Verkehr ziehen. Was für eine große Aufgabe. Den gerissensten Schnüffler der Ostküste über den Jordan schicken. Wie viele haben das wohl schon versucht und nicht geschafft. Wäre Bount Reiniger für Sie nicht eine Möglichkeit, sich selbst zu bestätigen? An ihm könnten Sie Ihre wahre Größe messen, Mr. Doonan. Wenn Sie Bount Reiniger über die Klinge springen lassen, machen Sie Ihr Meisterstück.“

Abserviert von zarter Hand erschien zuerst 1977 unter gleichem Titel als Nummer 352 der Kommissar X-Taschenbuchreihe (unter dem Pseudonym Brian Ford). Für sein E-Book-Programm, das überwiegend aus Wiederauflagen alter Heftromane aller gängigen Genres (Western, Grusel, Krimi, Romantics) besteht, wurde der Roman bei Cassiopeia Press (in persona Alfred Bekker) mit neuen Rollennamen versehen, aus Kommissar X Jo Walker wurde der Privatermittler Bount Reiniger – und in die dortige (lose) Reihe New York Detectives eingegliedert. Diese E-Books sind meist für lau und oft sogar in Gratisaktionen zu haben. Das Vorgehen klingt zunächst dreist, doch sind die Autoren (z. B. auch Alfred Wallon, Peter Dubina und Alfred Bekker selbst unter seinen zahlreichen Pseudonymen) natürlich eingebunden und bestimmt nicht abgeneigt, mit ihren alten Romanen noch einige Cent zu verdienen. Als Leser sollte man sich klar sein, was man hier vor sich hat, und wer bei dem Titel hohe Literatur erwartet, dem ist wohl nicht zu helfen. So mutet die Schreibe aus heutiger Sicht fast karikaturistisch an, wird jedoch immer absolut ernsthaft serviert. Mit anderen Worten bekommt man hier einen Pulp-Kracher erster Kajüte geboten, der es absolut in sich hat, und einen förmlich zurück in eine Zeit katapultiert, als Belmondo und Co. noch große Kinostars waren.

A.F. Morland schildert die Ereignisse dieses Reißers grob aus zwei Perspektiven. Einmal natürlich der des unbestechlichen Helden Bount Reiniger, der einen Plan zur Sicherung der Ausstellungsstücke seines Freundes entwirft und dann seine Kontakte spielen lässt, um diese auch technisch umzusetzen. Plötzlich sieht er sich in Morenos Fadenkreuz und es entspinnt sich ein Duell auf Leben und Tod zwischen den »alten Bekannten«. Auch der labile Dandy Moreno nutzt seine alten Kontakte, um eine Crew zusammenzustellen, die diesen nichts weniger als spektakulären Bruch begehen soll. Als er von der Beteiligung seines alten Gegners erfährt, stachelt dies nur seine Verbissenheit, seine Wut und sein Ego an. So wird Moreno selbst zu einem unberechenbaren Pulverfass für Reiniger und für seine eigene Crew.

So unwahrscheinlich es klingt, überzeugt Abserviert von zarter Hand nicht nur mit saloppen Kalauern (»Okay. Dann mache ich mich jetzt auf die Selbstgestrickten«), einem wortkargen Helden, den gleich zwei Weibchen gerne in ihr Nest bekommen würden und einer guten Portion Old-School-Action. Der Roman findet auch immer wieder Nischen, um die fragile Gruppendynamik der Einbrecherbande sowie Morenos Besessenheit von seiner früheren Freundin greifbar zu machen, die ihm letztendlich das Genick bricht. Indem er diese zweite, menschliche Spannungsebene aufseiten der Gangster eröffnet, muss man A. F. Morland zweifellos ein gewisses psychologisches Geschick bescheinigen. Er schafft sich die Möglichkeit, gleich an mehreren Spannungsschrauben zu drehen.

Fazit:
Trocken, schnell, hart und salopp. Abserviert von zarter Hand ist ein purer Anachronismus, nicht ernst zu nehmen, aber ein Volltreffer, wenn man weiß, worauf man sich einlässt.

(eh)