Ausschreibung
Sternenlicht-Anthologie

Download-Tipp
Band 6

Heftroman der Woche

Archive
Folgt uns auch auf

Schwäbische Sagen 25

Schwäbische-Sagen

Der Michelstein
Eine mündliche Überlieferung aus Oberessendorf

Im Oberamt Waldsee, zwischen Ober- und Unteressendorf liegt ein Berg, der gewöhnlich die »Halde« genannt wird. Auf einer Höhe dieser Halde liegt ein sehr anmutiger Bauernhof, der von alters her der »Venusberg« heißt. Man weiß aber nicht mehr, woher dieser Name stammt. Nicht weit von diesem Venusberg ist neben den Ruinen des Schlosses Landau ein mächtiger Fels, aus dem eine Quelle entspringt. Zu der sind früher die Leute viel gewallfahrtet und haben mit dem Wasser sich gewaschen, denn es soll wundertätige Kräfte besitzen. Außerdem ist in dem Michelstein ein ausgehöhlter Platz, darin sich eine förmliche Lagerstatt für einen großen, riesenmäßigen Menschen befindet. In diese Vertiefung hat man ehedem sich oftmals gegen Rückenschmerzen und andere Übel hineingelegt.

In alten Zeiten aber sollen hier zwei Brüder, der heilige Michel und Martin gewohnt haben, und von dem Ersteren hat der Fels auch seinen Namen erhalten. Da sagte einstmals Michel, er wolle vom Berg herab einen Stein in die Ebene werfen, und wo derselbe niederfalle, da solle man eine Kirche bauen. Nun hob er ein großes Felsenstück auf und warf es fast eine halbe Stunde weit bis nach Oberessendorf, woselbst man auch alsbald auf diesem Felsen eine Kirche erbaut und dem heiligen Michael geweiht hat. Darauf hat denn auch sein Bruder, Sankt Martin, die benachbarte Kirche in Unteressendorf gestiftet und steht ihr noch jetzt als Schutzheiliger vor.


Der Teufel holt eine Glocke
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

Ein Bauer, namens Wendelin aus Rotenburg, besuchte, so oft er auf dem Feld pflügte, stets die Messe in der Silchenkirche und ließ die Arbeit ruhen. Dann kam aber jedes Mal ein Engel und pflügte für ihn weiter. Aus Dankbarkeit ließ der Bauer auf diesem Feld die Theodorichskapelle bauen. Nur zu einer Glocke langte sein Vermögen nicht. Da machte er einen Bund mit dem Teufel, dass dieser ihm von Rom eine Glocke holen sollte. Brächte er dieselbe am folgenden Tag noch bevor der Pfarrer mit der ersten Messe fertig sei, so solle die Seele des Pfarrers ihm gehören. Würde der Pfarrer aber früher fertig, so müde er die Glocke umsonst liefern. Der Teufel holte nun die Glocke. Als er aber mit derselben über den Bodensee flog, entriss sie Petrus seinen Händen und warf sie in den See. Der Teufel fischte sie zwar wieder heraus; allein er kam deshalb so spät zurück, dass der Pfarrer die Messe längst beendet hatte und bereits sich auskleidete. Aus Ärger warf der Teufel die Glocke so heftig hin, dass sie einen Riss bekam, was man am Geläut auch ganz deutlich hört.


Die Teufelsmühle

1.

Im Murgtal, nicht weit von Gernsbach, wohnte ein Müller, dem wurde oft das Wehr (»Waag« genannt) vom Wasser fortgerissen. Da sagte er endlich: »Ei so wollt ich, dass mir der Teufel ein Wehr baute!«

Da stand plötzlich der Teufel da, und sie wurden einig miteinander, dass der Teufel in der folgenden Nacht ein neues Wehr mit zwei Gängen bauen müde, wofür er dann das Recht haben sollte, jeden Tag eine »Seele« auf der Sägmühle zu zersägen. Doch musste alles vor dem ersten Hahnenschrei fertig sein, sonst sollte der Vertrag für den Müller nicht gelten. Der Teufel baute nun die ganze Nacht durch. Die alte Frau des Müllers aber hatte sich heimlich auf einen benachbarten Hügel geschlichen. Als nur noch ein Stein fehlte, da krähte sie, worauf alsbald alle Hähne im Dorf zu schreien anfingen. So war der Teufel geprellt.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Lossenau

Einstmals baute sich der Teufel bei Lossenau auf dem höchsten Berg der Gegend eine steinerne Sägmühle, die noch immer die »Teufelsmühle« heißt. Man sieht noch einen runden Mühlstein und einen langen Stein, den er weit eingesägt hat. Aber er konnte ihn nicht durchbringen ohne Wasser. Dann aber bekam er von Gott die Erlaubnis, jedes Mal einen Menschen da oben zersägen zu dürfen, wenn er das Wasser für die Mühle in einem Sack hinauftragen könne. Darauf nahm er einen großen Sack, füllte ihn mit Wasser und trug ihn den Berg hinauf. Unterwegs aber begegnete ihm jedes Mal ein Engel und sprach ihm so lange zu, dass er doch ein wenig ruhen möchte, bis er endlich nachgab und den Sack ablegte. Dann fiel er aber immer um und das Wasser verlief, sodass er niemals seine Absicht erreichte.

Andere sagen, sobald der Teufel sich ausgeruht hat, sei ein Vöglein gekommen und habe ein Loch in den Sack gepickt. Auf die Art sei das Wasser stets ausgelaufen.

Bei der Teufelsmühle ist auch das »Teufelsbett« oder »Teufelshaus«, in dem man seine Figur eingedrückt findet. Er ist etwa acht Schuh lang, hat ungeheure Lenden wie eine Wanne und einen Kopf wie ein württembergischer Simri.

Nicht weit davon liegt ein anderer Stein, der eine Vertiefung hat und des »Teufels Handscherben« (d. i. Waschbecken) genannt wird.


Teufelsbackofen
Eine mündliche Überlieferung aus Ehningen

Auf dem Weg von Ehningen nach Sankt Johann sieht man eine kleine Höhle, die wie ein Backofen geformt ist. Über dieser Höhle erhebt sich ein steiler Fels, von welchem der Teufel einst den »Hans Jörg« heruntergeholt hat. Seitdem sieht man den Hans Jörg beständig dort oben und hört ihn »Kuckuck!« rufen oder dergleichen, und nennt die Höhle den Teufelsbackofen.


Teufelsmauer
Eine mündliche Überlieferung

Der große Grenzwall, den die Römer in Alemannia von der Donau unweit Regensburg durch das jetzige Württemberg hindurch bis an den Rhein hei Köln fortführten, um sich gegen das freie Deutschland zu schützen, soll eigentlich und ursprünglich ein Werk des Teufels gewesen sein. Dieser bat sich einst von Gott dem Herrn ein Stück Land aus, so groß, wie er in einer Nacht mit einer Mauer oder einem Graben umgeben könne. Die Bitte wurde ihm gewährt, worauf er in der Gestalt eines Schweines (nach anderen mithilfe eines Schweines) den Erdwall aufzuwühlen und aufzuwerfen begann, daher derselbe auch »Schweinsgraben« heißt.

Auch ein Hahn spielte beim Bau der Teufelsmauer eine Rolle, indes weiß man nicht mehr, was derselbe eigentlich dabei getan hat. Weil der Teufel es nun aber auf ein gar zu großes Stück abgesehen hatte, überraschte ihn der Tag noch vor der Vollendung der Verschanzung, weshalb er aus Ärger das ganze Werk im Nu wieder zerstörte.

Übrigens war der Wall mit dem Graben früher noch deutlicher zu sehen als jetzt, wo man ihn bis auf wenige Reste fast geebnet hat. Der Graben an der jenseitigen (nördlichen) Seite war tiefer als der an der diesseitigen alemannischen.

Andere Namen der Teufelsmauer sind: Römerschanze, Schanzgraben, Teufelsgraben, Pfahlgraben, Pfahl. Daher stammen auch wohl die Namen der Orte, die in der Nähe dieses Erdwalles liegen: Pfahlheim (Baldern?), Pfahlbronn, Pfahlbach (vergleiche auch Pfuhl und Fahlheim an der Donau bei Ulm).


Die Eisenbahn und der Teufel
Eine mündliche Überlieferung

Nachdem die württembergische Eisenbahn von Plochingen bis Süßen im Herbst 1847 eröffnet worden und die Bauern nicht ohne Haarsträuben und innerliches Grauen den unheimlich wühlenden Riefenmaulwurf, die dampfende und pfeifende Maschine, betrachtet hatten, verbreitete sich plötzlich das Gerücht, ein kleines dürres Männlein im grünen Rock sei auf der Eisenbahn gefahren und habe geäußert, dass, wenn es nicht geholfen hätte, man keine Eisenbahn haben würde. Übers Jahr aber in derselben Stunde werde es wieder darauf fahren, und dann werde es mit der ganzen Eisenbahn ein Ende haben. Niemand habe diesen seltsamen Mann während der Fahrt erkannt. Als er aber auf der Station Ebersbach ausgestiegen war, habe man an den Bocksfüßen gesehen, dass es der leibhaftige Teufel gewesen sei.

Später ist er noch einmal auf der Eisenbahn gefahren, aber ganz allein und unsichtbar in einem bloßen Wagen, ohne Lokomotive, also, dass man sich nicht genug hat verwundern können, als ein leerer Wagen so von selbst daher gefahren kam.


Christus kämpft mit dem Teufel
Eine mündliche Überlieferung aus Heubach

Vor alters her kam einmal der Heiland auf den Rosenstein bei Heubach und stritt hier mit dem Satan, besiegte ihn und bannte ihn in die schauerliche »Teufelsklinge« auf so lange, bis dass seine Zeit um sein würde und er erlöst werden könne. Zugleich soll die Teufelsklinge, solange die Welt steht, in ihrer alten Gestalt verbleiben und nicht eben werden. Es befindet sich hier ein tiefer Wasserkessel, in welchen von der Felsenwand herab eine starke Quelle strömt. Der Kessel selbst aber hat keinen Abfluss und kann nicht abgeleitet werden. Nur bei heftigem Regenwetter schwillt er über und stürzt brausend herab. Man vermutet aber, dass der Kessel durch das Gebirge hindurch einen Abfluss nach Königsbronn habe, denn Spreu, die man einmal bei Heubach hineingeworfen hat, soll bei Königsbronn wieder zum Vorschein gekommen sein.


Die Herrgottstritte
Mündliche Überlieferungen aus Heubach

1.

Nachdem unser Heiland auf dem Rosenstein den Teufel gezwungen und ihn in die sogenannte Teufelsklinge gebannt hatte, schritt er vom Rosenstein auf den Scheuelberg und von da ins Himmelreich. So heißt nämlich eine Hochebene hinter dem Scheuelberg, die sich bis Beuren erstreckt und von wo man eine schöne weite Aussicht hat. Der Heiland aber hatte in die Felsen des Rosensteins und des Scheuelberges seinen Fuß tief eingedrückt, als er sich fortbegab. Auf dem Rosenstein war der tiefe Tritt der Hacke, die er hier aufgesetzt hatte, zu sehen, auf dem Scheuelberg dagegen, eine starke Viertelstunde weiter, die Zehen, sodass das Mittelstück des Fußes über das ganze Tal hin gereicht haben muss.

2.

In seiner Schwäbischen Chronik, II. Band, Seite 428 erzählt Crusius die Geschichte so: An einem Felsen des Rosensteins sieht man die Figur eines rechten Fußes, als wäre sie künstlich hineingedrückt worden. An dem gegenüberliegenden Scheuelberg sieht man die Fußstapfen des linken Fußes, der ebenso schön ist. Davon erzählen sich die alten Weiber, dass Christus einst, als er vor den Juden geflohen war, diese Fußtritte hineingedrückt habe. Das Wasser, das sich darin ansammelt, gebraucht man für die Augen.

Bei dem Tritt auf dem Rosenstein wurde später ein Marienbild errichtet und viel zu demselben gewallfahrtet. Wegen einiger Unordnungen, die dabei vorkamen, wurde auf Befehl des Herzogs »der abergläubische Tritt« unterminiert und am 14. Juni 1740 in die Luft gesprengt. Der andere Fußtritt auf dem Scheuelberg soll nun herausgehauen und auf dem Heubacher Rathaus noch lange Zeit aufbewahrt worden sein. Das Volk nennt diese Tritte »Herrgottstritte«.