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Die Macht der Drei – Teil 22

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Im Wald von Elkington lag R.F.c.1 zwischen Haselsträuchern und Brombeerranken. Wenige Schritte davon entfernt saß Atma im Gras und wartete. Seine Züge verrieten Unruhe. Er war blass, soweit die dunkle Haut eines Inders zu erblassen vermag, und abgespannt.

Die ungeheuere Anstrengung seines Kampfes mit Glossin wirkte noch in ihm nach. Er versuchte es, sich zu sammeln, neue Kraft aus den Meditationen und Selbstversenkungen seiner Religion zu schöpfen.

Die Sonne warf ihre Strahlen von Westen her schräg durch die Zweige und malte streifige Schatten auf den grünen Grund. Der Inder fasste seinen Schatten ins Auge und beobachtete, wie der dunkle Streifen ganz langsam weiterkroch. Halme, die eben noch lichtgrün schimmerten, wurden ganz allmählich dunkel und farblos. Auf der anderen Seite tauchten Spitzen und Blätter ebenso sacht und allmählich wieder in leuchtendes Sonnengold. Die Betrachtung dieser langsamen Veränderung, des steten und ruhigen Wechsels der Dinge tat Atma wohl. Sein Nervensystem fand allmählich die Ruhe wieder. Alle seine Sinne konzentrierten sich auf den wandernden Schatten und einen Steinbock, der noch etwa einen Fuß von dem Schatten entfernt war.

»Ich will warten, bis der Schatten den Stein berührt. Ist Logg Sar dann mit dem Mädchen noch nicht zurück, dann will ich gehen und sie holen.«

Er sprach es zu sich selbst, und nachdem er sich so die Zeitspanne gesetzt hatte, verharrte er regungslos, von der Sonne beschienen, in die Betrachtung des wandernden Schattens versunken und spürte, wie ihm Minute um Minute die alte Kraft und Ruhe zurückkehrte. Die Eidechsen kamen neugierig hinzu und liefen furchtlos über seine Füße. Eine Haselmaus führte dicht vor ihm ihren possierlichen Tanz auf, ohne sich um den regungslosen Körper zu kümmern. Jetzt streifte der Schatten den Stein. Soma Atma erhob sich. Erschreckt flohen die Tiere des Waldes. Ein kurzer Blick auf das Chronometer. Zwei Stunden waren verflossen, seitdem Silvester von ihm ging, hinein nach Reynolds-Farm, das Mädchen zu holen … zwei Stunden. Atma erschrak. Zwanzig Minuten hätten genügen müssen. Auch dann noch, wenn die Liebenden ein langes Wiedersehen feierten.

Mit langen Schritten eilte er der Farm zu. Die Flügel der Hoftür waren nur angelehnt. Er schritt über den Hof in das Wohnhaus und fand es verlassen. Der Vorraum leer. Der große Wohnraum ohne eine lebende Seele. Aber die Unordnung verriet deutlich einen stattgefundenen Kampf. Drei Stühle umgeworfen. Die Tischdecke in Falten. Ein Glas zerbrochen am Boden. Und dort Logg Sars Hut. Seine Handschuhe …

Während er den Raum verließ und die Treppe weiter hinausstieg, malte sein Geist sich plastisch die Szenen aus, die sich hier abgespielt hatten während der Stunden, in denen er dort draußen im Wald ruhte, wartete und frische Kraft sammelte.

Es wäre niemals passiert, wenn er bei voller Kraft gewesen wäre. Dann hätte er mit wachem Nervensystem das kommende Unheil rechtzeitig gespürt.

Nun hatte er das Ende der Treppe erreicht. Ein turmartiger Erker bot Aussicht nach allen Seiten. Atma trat an die Scheiben, durchspähte den klaren Abendhimmel und sah in der Richtung auf Westen einen hellen Fleck seine Bahn ziehen. Ein Flugschiff … Zu dieser Zeit … in dieser Höhe. Es konnte nur von Elkington her kommen. Noch war es Zeit. In langen Sätzen sprang der Inder die Treppe hinunter und eilte dem Wald entgegen, wo R.F.c.1 unter Ranken und Kräutern neuen Flügen entgegenharrte.