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Larry Brent Classics 1

LBC-1-Das-Grauen-schleicht-durch-Bonnards-HausDan Shocker
Larry Brent Classics 1
Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

Grusel, inszeniertes Hörbuch, Winterzeit Verlag und Studio, Remscheid, Februar 2015, 2 CDs im Digisleeve, ca. 166 Minuten, 14,95 Euro, ISBN: 9783945624005, ab 16 Jahren, Covermotiv von Rudolf Sieber-Lonati
blitz-verlag.de
Die dem Hörbuch zugrunde liegende Buchversion erschien im Blitz Verlag als Das Grauen (Doppelband mit Die Angst erwacht im Todesschloss).

Marc hörte mächtiges Flügelschlagen. Er riss dem Kopf hoch. Schon streifte ein riesiger Flügel sein Gesicht. Die Haut riss auf. Der schrille Laut verhallte ungehört in den Tiefen der Wälder. Hier war niemand, der ihn hören konnte. […] Er sah die dunkle, schemenhafte Gestalt wie durch Nebel. Das fremde Etwas, das sich blitzschnell auf ihn senkte, war mannsgroß. Die mächtigen Flügel spannten sich wie ein bizarres Zeltdach über ihm. Dann bohrten sich zwei spitze Zähne in seine Halsschlagader.

In der Nähe des französischen Städtchens Maurs häufen sich die Berichte von Angriffen mannsgroßer Fledermäuse. Bisher sind die Opfer alle mit einem Schrecken und unschönen Halsverletzungen davon gekommen, doch nun gibt es einen ersten Toten zu beklagen, dem offenbar durch die Halswunden fremdes Blut injiziert wurde. Vor Ort befindet sich der Amerikaner Harry Parker alias X-RAY 18, ein Ermittler der Geheimorganisation PSA, der die sonderbaren Fälle untersucht. Über den Biologen Canol, der in seinem Anwesen geheime Forschungen durchführt, kann Parker die Spur weiter zu dem Ägyptologen Professor Bonnard verfolgen, bevor er selbst angegriffen und getötet wird. Ein weiterer Amerikaner, der FBI-Agent Larry Brent, der seinen wohlverdienten Urlaub in der Provence verbringen will, wird unfreiwillig in die unheimlichen und tödlichen Ereignisse hinein gezogen.

Es ist unser Werk, Bonnard. Die Grundlagenforschungen, die ich betrieben habe, machten es überhaupt erst möglich, die Fledermäuse einzusetzen. Ich war es, der die ersten Tiere hierher bringen ließ. Keinem außer mir ist es bislang gelungen, Fledermäuse so abzurichten, dass sie ihre ursprüngliche Nahrung verweigern uns stattdessen Menschenblut trinken. Auch das Marcopherin ist meine Erfindung. […] Das Präparat ist für den Riesenwuchs verantwortlich. Ich habe aus harmlosen Fledermäusen gewaltige Tiere gezüchtet, die fast zwei Meter groß sind und nur deshalb sind sie uns von Nutzen. Ihre Größe hat sie mutig werden lassen. Sie fürchten sich nicht mehr vor den Menschen.

Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus wird gerne und unbestritten als Geburtsstunde des Gruselkrimis made in Germany genannt. Wir schreiben das Jahr 1968. Doch darüber hinaus lieferte Jürgen Dan Shocker Grasmück auch eine Geschichte ab, die sich in ihrer Atmosphäre und Unvorhersehbarkeit auch heute noch mit ihren unzähligen Nachfolgern messen kann.

Zunächst glaubt man, ausgehend von den typischen Bissmalen natürlich an Vampire, die die Einwohner von Maurs terrorisieren, doch Shocker schlägt sogar noch zweimal einen Haken, bevor das vollständige Bild der Ereignisse vor dem Leser und dem FBI-Agent Larry Brent liegt. Der spätere Held der Serie gerät hier nicht nur erstmals in Kontakt mit der Organisation PSA, die ihn am Ende vom FBI abwerben wird. Dan Shocker gibt auch schon die Ausrichtung seiner Serie vor. So sind es in der Hauptsache nicht übernatürliche Gefahren, denen sich die PSA-Agenten in den folgenden Jahren stellen werden, sondern Feinde mit einem stark wissenschaftlich gefärbten Background, freilich ohne dass sich deren bedenkliche Experimente auf irgendwelche tatsächlichen Studien zu berufen.

Nach der reinen Hörbuchversion von Europa/Lausch, die es 2007/08 auf vier Folgen brachte, erscheint in einem sehr ähnlichen Design die Winterzeit-Version als bewährtes inszeniertes Hörbuch. Nachdem Markus Winter schon eine erkleckliche Anzahl anderer Reihen als inszenierte Hörbücher akustisch aufbereitet hat (Larry Brent – Die neuen Fälle, Sherlock Holmes Chronicles, Der Butler), starteten nun fast gleichzeitig die Larry Brent Classics und die Macabros Classics aus der Feder von Dan Shocker. Für einigen Unmut im Vorfeld sorgte die Ankündigung, dass, anders als bei den neuen Fällen von Larry Brent, nicht die Stammsprecher aus der Europa-Hörspiel-Serie (erschien erstmals 1983-1986) in den entsprechenden Rollen beteiligt sind. Kurios ist, dass Ur-Larry Rainer Schmitt hier in einer anderen Rolle zu hören ist.

Diese Tatsache kann man bald gut verschmerzen, nämlich dann, wenn Erzählerin Brigitte Carlsen mit ihrer wunderbar angenehmen Stimme von Beginn an wohlig-klassische Gruselromanatmosphäre aufbaut. Der Larry Brent-Sprecher Tim Moeseritz klingt darüber hinaus sehr ähnlich wie Ur-Larry Rainer Schmitt. Wirklich auffällig ist jedoch der Sprechertausch bei PSA-Chef X-Ray 1. Andere Stammfiguren aus dem LB-Kosmos, etwa Schwedenfee Morna Ulbrandson und X-Ray 7 Iwan Kuniaretschew, tauchen hier noch nicht auf und bieten damit keinen Vergleich.

Markus Winter hat für die Serie außerdem eine neue Titelmelodie namens Les Morts Dansents gemischt, die sich sehr stark an den bekannten Codo-Sample anlehnt.

Das Ziel, das sich Winterzeit auf die Fahnen geschrieben haben ist, die Ur-Romane von Anfang an und in der korrekten Reihenfolge zu vertonen. Wahrscheinlich eine Anspielung auf die Europa-Serie, wo als Folge 1 die Romannummer 24 (!) vertont wurde. Die Erstauflage des Hörbuches erschien im Digisleeve, die CDs selbst haben ein nostalgisches Vinyl-Design.

Fazit:
Auch die Larry Brent Classics reihen sich nahtlos in die gelungene Winterzeit-Produktionen ein und bieten mit ihrem wohlig-altmodischen Gruselflair ein schönes Kontrastprogramm zu den Hörspielen der R&B-Company.

(eh)