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Interessante Abenteuer unter den Indianern 07

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Heldenmut einer Frau

Die folgende Anekdote hat wenig Erfreuliches und Angenehmes in sich. Eine Frau im Charakter einer Amazone erscheint nicht zu ihrem Vorteil. Einiges scheint darin zu fehlen, oder vielleicht ist einiges zu viel darin. Bisweilen machen es Umstände notwendig, für das schöne Geschlecht zu fechten oder zu sterben, und dann, obgleich die Erzählung blutig und empörend sein mag, fühlen wir an dem Triumph der Heldin eine Art Vergnügen. Die Umstände, die wir erzählen, ereigneten sich im Haus des Herrn Merill im Nelson County, Virginia, im Jahr 1791. In dieser Zeit verübten die Indianer große Verwüstungen, die die westlichen Niederlassungen von Pennsylvania und Virginia in einem Zustand beständiger Aufregung hielten. Im Jahr 1784 griffen sie die Dörfer am Clinch River an und, nachdem sie manche Ansiedler getötet und große Strecken Landes verwüstet hatten, zogen sie sich mit vielen Gefangenen nach Ohio zurück. Dort verbrannten sie eine Frau Moove und ihre Tochter Jane mit allen fürchterlichen Nebenumständen einer indianischen Tortur. Bei der oben erwähnten Gelegenheit griff eine große Partie das Haus des Herrn Merill an, welcher die Tür öffnete, um die Ursache des Hundegebells zu erfahren. Gleich wurde auf ihn geschossen und er fiel verwundet nieder. Die Wilden stürzten sich sogleich auf ihn, aber Frau Merill und ihre Tochter schlossen die Tür. Die Angreifer begannen nun mit ihren Tomahawks sich eine Öffnung durchzuhauen und versuchten, nachdem sie eine Bresche gemacht hatten, durch dieselbe zu dringen. Nicht entmutigt durch das Geschrei und Wüten innerhalb des Hauses und das Geheul außerhalb, ergriff die mutige Frau eine Axt, gab dem eindringenden Schurken damit einen tödlichen Streich und riss ihn durch die Öffnung der Tür. Einer nach dem anderen drängte sich hinein in der Voraussetzung, dass ihre Vorgänger im Todeswerk begriffen seien, bis vier erschlagen waren. Das Stillschweigen von Innen verführte einen durch die Ritze an der Tür in das Innere zu spähen. Nachdem sie das Schicksal ihrer Gefährten innerhalb des Hauses entdeckt hatten, so bestiegen zwei nach kurzer Beratung das Dach und begannen den weiten Holzkamin hinunterzusteigen. Durch das Geräusch der Kletternden auf das, was vorging, aufmerksam gemacht, begegnete die Frau sogleich der Gefahr. Sie befahl ihrem kleinen Sohn das Federbett aufzuschneiden und den Inhalt in das Feuer zu leeren. Die beiden Rauchfangbewohner, durch die brennenden Federn verbrannt und dem Ersticken nahe, stürzten in einem halb besinnungslosen Zustand herunter. Herr Merill, von seiner Wunde wieder sich so weit erholend, dass er seiner Heldenfrau zu helfen imstande war, überwältigte dieselben, während sie fortfuhr, mit emporgehobener Axt die Tür zu bewachen. Ein anderer Wilder versuchte einzudringen, aber auf den Gruß eines Axtstreiches floh er heulend davon. So wurde durch den Mut einer Frau die ganze Partie getötet oder verwundet. Ein Gefangener, der von den Überlebenden in dessen Heimat diese Vorgänge hörte, fragte diesen, was es Neues gäbe: »Schlechtes«, war die Antwort. »Die Frauen fechten viel teuflischer als die Langmesser.«