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Fort Aldamo – Band 14

Band-14-Für-Finnewacker-durch-die HölleBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 14
Für Finnewacker durch die Hölle

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 17.05.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Bereits seit einer Stunde marschierten die zwanzig Neuen im Hof der alten spanischen Festung Aldamo auf und ab. Vom Küchenbau zur Ostmauer und wieder zurück. Immer wieder. Pausenlos.

Brütende Hitze lag über dem Fort. Die Fahne der Union hing schlaff am Flaggenmast. Nicht der geringste Luftzug wehte, der den gepeinigten Männern hätte Kühlung bringen können. Allein Sergeant Larsen, der das Exerzieren kommandierte, stand im Schatten – tief im Mauerbogen unter dem Torhaus. Mit den Neuen hatte er nicht das geringste Erbarmen. Scharf bellte er ihnen die Befehle zu. Sein »Kehrt – euch!« kam stets auf dem linken Fuß, und die Phalanx der in graues Drillich gekleideten Neuzugänge der Strafkompanie ruckte herum und marschierte im gleichen Schritt und Tritt die dreihundert Yards zurück.

Leseprobe:

Hart schlugen die Stiefel der Männer auf das Kopfsteinpflaster. Der Schweiß lief ihnen über die Gesichter, und die grauen Drilliche wiesen große feuchte Flecken auf. Längst waren sie am Rand totaler Erschöpfung.

»Links, links, links, zwo, drei, vier, links!«, hallte die Stimme des grausa­men Schleifers von den hohen Mauern wider.

Die Posten dort oben standen im Schatten der Sonnensegel und sahen den Neuen mäßig interessiert zu.

In eine Miefwolke von Schweißge­ruch gehüllt, vermischt mit den Ge­rüchen von Lederzeug und Waffenöl, marschierte der gepeinigte Haufen durch den Sonnenglast, die Karabiner geschultert und die Blicke starr gerade­aus gerichtet.

Noch hatte keiner schlappgemacht. Kein gutes Zeichen für den Sergeant. Besonders harte und sture Knochen schienen ihm diese zwanzig Neuen zu sein.

Die beiden Sanis, ebenfalls Sträf­linge, lehnten hinter dem Sergeant faul an der Mauer, an die sie auch ihre Tragbahre gestellt hatten.

Seit Master Sergeant Finnewacker in dieser Strafkompanie das Sagen hatte, war es Brauch, dass während des Exer­zierdienstes Sanitäter mit einer Trag­bahre bereitstanden, um die Männer, die von der Hitze und den Strapazen zu Boden geschmettert wurden, weg­zutragen.

Doch diese armen Teufel landeten nicht unbedingt im Lazarett. Nur wem es gelang, noch schnell den Karabiner an die Brust zu reißen und sich so zu drehen, dass er auf den Rücken fiel, gelangte in den Befehlsbereich des Feldschers, und dann wartete dort auf ihn ein weiß bezogenes Bett.

Doch wer einfach zusammenbrach und die Knarre in den Dreck fallen ließ, den trugen die Sanis in den Ar­restblock, und dann war er schon am anderen Morgen wieder »gesund« und musste mit dem Festungserweiterungskommando ausrücken. Acht Tage lang – weil er seinen Karabiner hatte fallen lassen.

Sergeant Larsen reckte sich und nahm Haltung an. Noch ein paar Schritte und die Männer des ersten Gliedes berührten das Mauerwerk mit der Brust.

»Abteilung -kehrt euch!«, hellte er wie ein Schießhund.

Die Neuen ruckten herum. Einer stolperte, und der ganze Haufen geriet aus dem Tritt.

Der Sergeant trat einen Schritt, nach vorn und brüllte: »Links, links, links, zwo, drei, vier, links!«

Die Männer rissen sich zusammen, fassten Tritt und marschierten in straf­fer Haltung an Sergeant Larsen vorbei zum Küchenbau zurück.

Larsen marschierte ein Stück mit.

»Seitenrichtung! Vorder­mann!«, brüllte er. »Arschbacken zu­sammengekniffen, Brust raus und Kinn an die Brust! Finger lang!«

Hart schlugen die Stiefel den Takt.

Larsen blieb stehen und nahm stramme Haltung an. Die Männer hat­ten den Küchenbau erreicht.

»Abteilung – kehrt euch!«, hallte die gewaltige Stimme im Geviert der alten Festung.

Die Neuen nickten herum, und die Karabinerschlösser prasselten kurz.

Der Vorschrift von Fort Aldamo ent­sprechend hatten die Sträflinge die Karabiner mit geöffneten Schlössern zu tragen, damit sichtbar war, dass kein Schuss in der Waffe steckte.

Munition wurde an die Sträflinge von Fort Aldamo nur bei Alarmstufe »Eins« ausgegeben.

In der Regel besaß nur der Posten auf dem Turm einen scharfen Schuss, damit er Alarm geben konnte, wenn Gefahr drohte.

Darauf wurde peinlich geachtet.

Die Männer des Stammpersonals, die im Gegensatz zu den Sträflingen das blaue Tuch mit den gelben Biesen der US Kavallerie trugen und also Char­gierte waren, trugen allesamt dafür die Verantwortung, dass nach jeder Alarmübung oder nach einem Ernst­fall die Patronen wieder vollzählig eingesammelt wurden. Zu schlechte Erfahrungen hatten die Männer des Stammpersonals mit den Sträflingen schon gemacht.

Die Neuen näherten sich wieder der Ostmauer. Sergeant Larsen zählte die Schritte mit, um das Kommando im letzten Augenblick und auf dem rich­tigen Fuß geben zu können. – Die we­nigen Yards des Innenhofes mussten ausgenutzt werden.

»Abteilung – kehrt euch!«, heulte er diesmal wie ein Wolf.

Die Neuen ruckten herum und mar­schierten stampfend zurück.

Da geschah es! Einer der Männer schlug lang hin. Hart krachte der Ka­rabiner auf das Kopfsteinpflaster und schlitterte bis unter die Brieftauben­schläge am Rundbau.

»Links, links, links, zwo, drei, vier, links!«, tönte Larsen wieder, damit ihm die Männer nicht aus dem Takt gerieten.

Wie geölte Blitze sausten die Sanis mit der Tragbahre heran, um den un­glückseligen Burschen aufzulesen.

»Seitenrichtung! Vordermann!«, brüllte Larsen und marschierte wieder ein Stück mit. »Blick geradeaus und die Finger lang!«

Die Sanis hoben den Bewusstlosen auf und legten ihn auf die Bahre, hol­ten auch den Karabiner und legten ihn dazu. Dann trugen sie den Neuen im Laufschritt über den Hof und an der exerzierenden Abteilung vorbei zum Arrestblock.

Die Gangart im Festungsgeviert war Laufschritt! Dabei spielte es keine Rolle, ob der Sträfling zum Rapport befohlen war oder sich auf dem Weg zur Latrine befand.

Wer beim »Schleichen« erwischt wurde, dem waren zehn Tage Festungserweiterungskommando sicher.

Bei der Kehrtwendung am Küchen­haus brach der zweite Mann zusammen. Auch er war ein Kandidat für das Fes­tungserweiterungskommando.

Nachdem der erschöpfte und aus­gelaugte Haufen wieder Tritt gefasst hatte, trat Sergeant Larsen in den Schatten des Torhauses zurück.

Endlich!, dachte er. Denn ihm war von Finnewacker befohlen worden, die Neuen tüchtig ranzunehmen. All­mählich empfand auch er die Hitze als unerträglich.

Immer wieder schielte er zur Kom­mandantur. Aber der Master Sergeant ließ sich nicht blicken.

 

*

 

Master Sergeant Finnewacker lehnte in seinem Sessel, die Beine auf dem Schreibtisch und daneben die Akten der Neuen. Während er las und eine seiner dicken Zigarren paffte, stand Sergeant Fitzgerald, sein Stellvertreter, am Fenster und sah dem Exerzierdienst da draußen zu.

»Die Reihen beginnen sich zu lich­ten!«, sagte er über die Schulter, als da draußen der zweite Mann zusammen­klappte.

Der bullige Master Sergeant sah auf und verzog das Gesicht.

»Hör mal zu, was ich hier lese!«, sagte er und senkte wieder den Blick, als sich der kleine kraushaarige Sergeant umdrehte. »Jessup Trenton, Dienstrang Corporal erster Klasse!«, las er vor. »Nun gib acht, Fitzgerald!«, sagte er mit bedeutungsvoll gehobener Stimme. »Wurde von einem Sergeant und einem Lieutenant, die sich in der Unterkunft der dritten Schwadron versteckten, gestellt, als er die Spinde der zu einer Strafexpedition ausgerückten Kame­raden mit einem Nachschlüssel öffnete und nach Geld durchwühlte. Am glei­chen Abend beobachtete der Master Sergeant der ersten Schwadron, wie er in der Stadt Karabiner-Munition, die er aus der Waffenkammer des Forts entwendet hatte, an Fallensteller für Bier und Schnaps verkaufte.«

Finnewacker warf die Akte wütend auf den Tisch. In seinen Augen blitzte es.

»Das schlägt doch dem Fass den Boden aus!«, bellte er. »Die Hälfte al­ler Akten habe ich erst durch und nur solche Fälle! Da haben die uns dieses Mal aber etwas geschickt, Fitzgerald! Von zwanzig Neuen zehn Kameraden­diebe. Bis jetzt, Fitzgerald. Ich bin ja noch nicht durch.«

Der kleine Sergeant schüttelte be­kümmert den Kopf. »Was ist das bloß für eine Armee geworden?«

»Da sagst du etwas Gescheites, Fitzgerald!«, brummte Finnewacker

verdrossen, schwang die Beine vom Tisch und mühte sich aus dem Sessel. »Diesen Brüdern werde ich Luft ma­chen. Kameradendiebstahl! Also in unserem Haufen wäre es das Letzte gewesen. Die Strolche bringe ich auf Vordermann! Die gehen mit dem Fes­tungserweiterungskommando raus, bis sie schwarz Werden. Reif für’n Kloster mache ich die Halunken. Wenn ich zurück bin.«

Das war es! Der Master Sergeant musste sein Fort verlassen. Er war nach Camp Lowell zum Rapport bestellt. Keine besondere Sache. Dieser Befehl ereilte ihn fast jedes Jahr einmal.

Er schnallte das Koppel um und setzte den Hut auf.

»Sag Larsen mal Bescheid, er soll halten lassen. Ich möchte den Brüdern eine Ansprache halten.«

Während er den Rest der Zigarre im Aschenbecher zerstampfte, verließ Fitzgerald die Kommandantur. Kurz darauf war Larsens scharfe Stimme zu vernehmen’. Er ließ die Neuen halten und ausrichten.

Als der große und massige Master Sergeant zur Tür schritt, betrat Ser­geant Kleiber, der Küchenbulle, die Kommandantur, ein kleines Paket in den Händen.

»Was willst du denn jetzt?«, fragte Finnewacker ungehalten.

Der dicke Kleiber grinste und hielt ihm das Paket hin. »Hier! Als Wegzeh­rung. Hab ich extra für dich gemacht. Ganz leckere Sachen.«

Finnewacker stemmte die Fäuste ein und zog die Stirn kraus.

»Was ist denn mit dir los? Das hast du ja noch nie gemacht!« Er musterte den Küchenbullen misstrauisch. »Du willst mir doch nicht etwa in den Hintern leuchten, was?«

»Schau, Finnewacker!«, sagte der Sergeant verlegen. »Ich bin schon so lange hier. Das musst du doch verste­hen. Ich habe ein Versetzungsgesuch eingereicht und möchte, dass du es beim Regiment bear . .

»Was?«, dröhnte Finnewacker.

»Ich habe es Hinkel beim letzten Transport mitgegeben«, sagte der Kü­chenbulle kleinlaut.

Finnewacker lief dunkel an. »Dir hat wohl der grüne Heinrich ins Gehirn gepustet! Ein Versetzungsgesuch hinter meinem Rücken! Und deinem Freund Hinkel, dem werde ich etwas!«

»Du hättest es doch niemals an­genommen, Finnewacker!«, sagte der Küchenbulle unterwürfig.

»Wieso auch? Warum auch? Wie stellst du Priembacke dir das vor! Ich kann doch hier nicht jeden eingespul­ten Mann einfach Leine ziehen lassen, nur weil er die Schnauze mal voll hat. Wir haben manchmal die Schnauze alle voll. Das kommt überhaupt nicht infrage.«

Finnewacker nahm ihm das Paket aus der Hand und warf es achtlos hinter sich auf den langen Tisch.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 14. Bastei Verlag. Köln. 17.05.2016