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Fort Aldamo – Band 12

Band-12-Jetzt-jagen-wir-AsesinoBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 12
Jetzt jagen wir Asesino!

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 19.04.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Im Höllenfort Aldamo fliegen die Fetzen. Wieder einmal ist es der mexikanische Bandenboss Asesino, der dem wackeren, raubeinigen Master Sergeant Finnewacker die Hölle heißmachen will. Er hat über ein Dutzend Männer des Forts gefangen genommen und einen von ihnen bereits köpfen lassen. Und noch mehr Köpfe sollen rollen – falls Finnewacker nicht spurt. Denn Asesino will das günstig gelegene Fort als Festung für sich und seine Banditen. Aber darauf gibt es für Finnewacker nur eine knallharte Antwort: »Jetzt jagen wir Asesino…!«

Leseprobe:

»Ist das nicht der Fall, gibt es einen Maskenball!«, hatte Master Sergeant Finnewacker versprochen.

Und es war nicht der Fall gewesen. Mehr als drei Minuten hatte die Straf­kompanie der US Kavallerie, die seit Kriegsende in Fort Aldamo stationiert war, das gesetzte Limit überschritten, ehe sie feldmarschmäßig angetreten stand.

Nun war der Maskenball voll im Gange. In Fort Aldamo ging es rund, da flogen die Fetzen.

Sergeant Fitzgerald, der kraushaa­rige altgediente Haudegen, in Fort Al­damo Finnewackers Stellvertreter, hatte die Kompanie in die Unterkünfte wegtreten lassen und dann den Mas­kenball eröffnet, indem er die Kompa­nie im Nachtzeug herausgepfiffen hatte.

Danach hatte er die Männer im Drillich antreten lassen, sie zurück­gescheucht und sie mit zusammenge­rolltem Strohsack unter dem rechten Arm erneut zum Appell befohlen.

Nun stand die Kompanie abermals feldmarschmäßig, jedoch mit vollem Gepäck angetreten.

Groß und massig, wie er nun mal war, stand Master Sergeant Finnewa­cker im Schatten des Torhauses, die Hände auf dem Rücken verschränkt und mit vorgewölbter Brust, dass ihm das große Notizbuch einen vollen Inch weit aus der Knopfleiste seines tadel­los gebürstet und gebügelten blauen Feldrockes ragte.

Mit der Zeit, die die Männer ge­braucht hatten, war er zufrieden gewesen. Aber diese Zeit hatten die Männer geschunden. Mit einem Blick hatte er das gesehen. Denn seinen Argus­augen entging einfach nichts in Fort Aldamo. Schließlich kannte er seine Pappenheimer.

Da hatten etliche Männer die Ersatz­stiefel in der Unterkunft liegen lassen, deren Sohlen seitlich aus dem Tornister zu ragen hatten, Spitzen nach unten. Andere hatten die Decke nicht um den Tornister geschnallt. Er hatte auch eine ganze Reihe Tornister entdeckt, die viel zu schlaff gepackt waren, weil die Männer die Hälfte der Sachen in den Spinden hatten liegen lassen, um schnell genug auf dem Appellplatz zu sein.

Nun rasten im Hintergrund vier Chargierte durch die Stuben und war­fen alles aus Türen und Fenstern, was die Männer zurückgelassen hatten.

Finnewacker wartete mit einem ge­nüsslichen Lächeln in den Zügen, bis die Sergeants und Corporals aus der letzten Unterkunft des vierten Zuges traten, nass geschwitzt und mit vor Eifer roten Köpfen.

Da nickte er Sergeant Fitzgerald kurz zu.

Fitzgerald trat vor die Front, nahm Haltung an und reckte sich.

»Ich lasse jetzt zur Nachtruhe weg­treten!«, rief er mit gehobener Stimme.

»In fünf Minuten liegt alles in den Betten, und die Stubenältesten halten sich zur Stubenabnahme durch den Master Sergeant bereit.«

Er schaute zu Finnewacker, ob er mit den fünf Minuten einverstanden war. Finnewacker war es und gab das mit einem gnädigen Kopfnicken kund.

Fitzgerald knallte die Sporen an­einander und legte die Hände an die Hosennaht. »Kompaniiie stillgestan­den!«, brüllte er und holte dann tief Luft. »Kompaniiie -in die Unterkünfte wegtreten – marsch marsch!«

Die Männer rannten. Fitzgerald zog die Trillerpfeife und pfiff laut.

»In fünf Minuten Nachtruhe und Stubendurchgang!«, rief er den Sträf­lingen hinterher, drehte sich um und ging zufrieden grinsend zu Finnewa­cker. – Die Sonne wanderte gerade aus dem Zenit.

Fünf Minuten! Da hatten die Männer die Spinde einzuräumen, Ordnung in der Stube zu schaffen, sich zu entklei­den und im Nachthemd in die Betten zu kriechen. Gewiss lagen da noch in allen Stuben die Strohsäcke wie Kraut und Rüben durcheinander.

Vor den Türen und Fenstern hockten Männer in Trauben auf allen vieren und stießen und balgten sich, da jeder seine Sachen zuerst aus den Haufen zerren wollte, die von den Chargierten wie Lumpenzeug ins Freie geworfen worden waren. Diese Dinge, Hemden, Unterzeug, Schuhe, Strümpfe und an­derer Kram mussten auch noch gesäu­bert werden.

Ohrenbetäubend war das Gebrüll der Chargierten in den blauen Unifor­men der US Kavallerie. Rücksichtslos trieben die Zug- und Corporalschafts­führer ihre Männer an, weil sie un­bedingt vor Finnewacker bestehen wollten.

Finnewacker zückte seine alte sil­berne Taschenuhr, warf einen Blick aufs Zifferblatt und steckte sie wieder weg.

»Denen werden wir die lahmen Hammelbeine langziehen!«‚ sagte er und wippte auf den Stiefelsohlen. »Der Laden ist ganz schön eingerissen durch den Captain. Mein lieber Mann! Aber ich bringe den Sauhaufen wieder auf Vordermann. Und gib noch mal bekannt, dass sich in Fort Aldamo jeder im Laufschritt zu bewegen hat, der die Unterkunft verlässt, egal, ob er zur Latrine muss oder sich beim Commander zu melden hat. Ich will die Männer spritzen sehen! Die Char­gierten haben mit darauf zu achten und mir jeden Leisetreter und Schleicher unverzüglich zu melden. Drei Tage Festungserweiterungskommando – wer geschnappt wird. Das wird denen Feuer machen!«

Er wollte noch mehr sagen, ver­stummte aber, da der Captain aus seiner Unterkunft trat und zur Kom­mandantur ging, den Kopf gesenkt. Er reagierte auch nicht, als er an ihnen vorüberschritt und sie betont zackig die Sporen aneinanderschlugen und salutierten.

Forsch und schneidig hatte Captain Link B. Mortimer vor vier Monaten das Fort übernommen. Völlig neue Methoden hatte er eingeführt und Finnewacker, den erfahrenen Master Sergeant, der Fort Aldamo schon jah­relang kommissarisch befehligt hatte, auf eine recht überhebliche und für den Master Sergeant erniedrigende Art und Weise total kaltgestellt.

Finnewacker, der von den Chargier­ten teils bedauert, aber auch belächelt worden war, hatte gelassen auf seine Stunde gewartet, die einfach kommen musste, so wie der Captain mit den Sträflingen umgegangen war.

Seine weiche Tour, die er soldatisch-väterlich nannte, hatte nicht gezogen, sondern zu Laschheit, Aufsässigkeit und Desertion herausgefordert.

Und der Zusammenbruch jeglicher Disziplin war dann auch prompt einge­treten, als die Kompanie vom Regiment per Brieftaube den Befehl erhalten hatte, eine Waffenschmugglerbande dingfest zu machen.

Eine ganze Patrouille hatte draußen in der Wildnis ihren Sergeant nieder­geschlagen und war desertiert. Und dann war auch noch Captain Link B. Mortimer mexikanischen Banditen durch eigenes Verschulden in die Hände gefallen. Asesino, der gefürchtete Ban­dolero-Jefe, hatte daraufhin das Fort zu erpressen versucht:

Aber Finnewacker hatte das Heft umgehend wieder in die Hand genom­men und die Lage auf seine Weise be­reinigt. Dann war er mit einem Trupp ausgesuchter Sträflinge losgezogen und hatte den Captain befreit. Mitten aus Asesinos großem Lager hatte er mit diesen Leuten den Captain geholt und nach Fort Aldamo zurückgebracht. Ein Kabinettstück und eine soldatische Glanzleistung obendrein war das gewesen, und Finnewackers Qualitäten als Soldat und Vorgesetzter waren voll zur Geltung gekommen.

Jeder Mann im Fort wusste das, sodass Finnewackers Name auch unter den Sträflingen in hohem Ansehen stand.

Der Captain hatte sein Fehlverhal­ten, die daraus resultierenden Nie­derlagen und die Gefangenschaft in Asesinos Lager nicht verkraftet. Die Bandoleros hatten ihn gefoltert und Hunger leiden lassen.

Schwermütig war er geworden, und er hatte inzwischen seinem Master Sergeant alles wieder überlassen, sogar den Platz hinter dem Schreibtisch in der Kommandantur, den Finnewacker von einem Augenblick zum anderen hatte räumen müssen, als der Captain in Fort Aldamo eingetroffen war.

Finnewacker und Fitzgerald sahen dem Captain nach, bis er die Komman­dantur betrat.

»Du solltest dem Regiment endlich melden, dass er voll dienstuntauglich ist«, sagte Sergeant Fitzgerald.

»Nerve mich nicht! Das hat er mir erst gestern wieder ausdrücklich unter­sagt.«

Fitzgerald musterte ihn mit einem schrägen Blick.

»Ich setze mich doch nicht in die Nesseln!«, stieß Finnewacker gereizt hervor. »Stell dir vor, ich schreibe die Meldung auf eigene Kappe, und das Regiment schickt uns einen Neuen. Aber gerade in dieser Zeit erholt er sich. Dann stehe ich vielleicht da! Was glaubst du, wie der mich zur Schnecke macht, wenn er seine alte Form plötz­lich wiederfindet. Der macht mir doch hier das Leben zur Hölle. Ich habe mit dem Feldscher gesprochen. Der Klug­scheißer meint, dass Captain Mortimer durchaus wieder genesen kann – kör­perlich und geistig.«

»Das lass dir vom Feldscher aber schriftlich geben! Sonst sitzt du mal plötzlich zwischen den Stühlen, wenn hier unversehens eine Kommission auftaucht.«

Finnewacker grinste.

Fitzgerald verzog ungläubig das Ge­sicht. »Das hat der Feldscher gesagt? Von solchen Krankheiten hat der doch überhaupt keine Ahnung.«

»Ist er der Feldscher, oder ist er es nicht?« Finnewacker griente. »Oder haben wir vielleicht einen Truppen­arzt, an den ich mich wenden kann? Ich habe ein schriftliches Gutachten vom Feldscher verlangt – so oder so.«

»Dass der da mal nicht eine auf den Deckel kriegt!«, meinte Fitzgerald.

»Ist es mein Deckel?« Finnewacker zog die Uhr. »Komm! Die Zeit ist um. Heute fangen wir mit der Kontrolle mal hinten an. Damit werden die Knilche dort nicht rechnen.«

Sie schritten Seite an Seite über den Appellplatz auf die Unterkünfte des vierten Zuges zu.

Lautstark stieß Fitzgerald dabei in die Trillerpfeife.

»Zapfenstreich!«, brüllte er etliche Male. »Zapfenstreich und Stuben­durchgang.«

Eine Sekunde nach dem letzten lang gezogenen Pfiff standen Finnewacker und er schon in der Unterkunft der achten Corporalschaft.

Corporal Hardman, der vor der Tür gewartet hatte, trat hinter ihnen ein. Er hatte das Unheil schon über seine Corporalschaft hereinbrechen sehen, die Männer aber nicht mehr warnen können.

Die Sträflinge räumten noch Sachen weg, als der Master Sergeant die Tür aufriss, verharrten erschrocken und ver­schwanden dann mit mehr oder weniger flinken Hechtsprüngen in den Betten.

Der Stubenälteste trat neben sein Bett, war aber so überrascht und er­schrocken, dass er zwar salutierte, aber kein Wort hervorbrachte.

Finnewacker schritt stapfend zu ihm, verschränkte die Hände auf dem Rücken und neigte den Kopf ange­spannt lauschend vor.

»Na! Höre ich etwas, oder höre ich nichts? Wenn du ein komischer Vogel bist, dann zwitschere mir doch we­nigstens etwas ins Ohr.«

»Achte Corporalschaft!«, rasselte der Sträfling da los: »Stubenältester Infantrist Taylor! Stube belegt mit zwölf Mann, Master Sergeant.«

Finnewacker richtete sich auf, nahm die Hand kurz an den Feldhut und wandte sich den Spinden zu. Dabei streifte er den Corporal mit einem flüchtigen, aber nichts Gutes verkün­denden Blick.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 12. Bastei Verlag. Köln. 19.04.2016