Fort Aldamo – Band 11
Bill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 11
Die Deserteure von Fort Aldamo
Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 05.04.2016, Titelbild von Günter König
Kurzinhalt:
Captain Link B. Mortimer, der neue Commander von Fort Aldamo, ist in die Gewalt des mexikanischen Banditenführers Asesino geraten. Die gefürchteten Bandoleros wähnen sich schon als sichere Sieger. Aber sie haben Master Sergeant Finnewacker unterschätzt. Mit seiner hartgesottenen Schar von wild entschlossenen Männern zieht er los. Und mit wütender Todesverachtung lassen Finnewacker und seine Raubeine einen Höllenwirbel los …
Leseprobe:
Die Stiefel des Festungserweiterungskommandos schlugen im Takt unter dem gewölbten steinernen Torbogen aufs Pflaster, und der Marschtritt hallte von den Mauern wider.
Finnewacker sah den Männern zufrieden nach. Dreiundvierzig Mann war das Kommando stark.
»Ein Lied!«, tönte die Stimme des Sergeants, und dann zog das Kommando singend die Rampe hinunter. Simserimsimsim!, schallte es. Es war das Lied vom wackeren Schornsteinfeger. Finnewackers Lieblingslied.
Finnewacker wartete, bis die Wachen das Tor schlossen. Dann schritt er unter dem Torbogen zur Treppe und stieg zum Turm hinauf.
Fitzgerald teilte unterdessen die restlichen Arbeitskommandos ein. Aber dafür hatte sich Finnewacker selten interessiert.
Der Mann im grauen Drillich, den alle Sträflinge trugen, nahm Haltung an, als der Master Sergeant auf dem Turm erschien.
»Infanterist Bloom auf Turmwache, Master Sergeant!«, meldete er schneidig. »Auf Posten nichts Neues!«
Finnewacker dankte und ließ sich von Bloom den Feldstecher geben.
»Ist von diesen Hurensöhnen noch immer nichts zu sehen?«, brummte er, während er durch das Glas spähte.
»Nichts, Master Sergeant!«
Mit den Hurensöhnen meinte der große und bullige Master Sergeant Asesino und dessen Bandoleros, die vor zwei Wochen Captain Link B. Mortimer, den neuen Commander von Fort Aldamo, in der Wüste geschnappt hatten. Es war klar, dass die Banditen nun die Besatzung des Forts zur Aufgabe der Festung zwingen wollten.
Finnewacker suchte angestrengt den Horizont ab, ohne jedoch einen Staubschleier zu entdecken, der das Nahen dieser mexikanischen Strauchritter angekündigte.
Mehrmals ließ er den Blick über die Gebirgszüge schweifen, die diese gewaltige sandige Weite im Osten und Westen begrenzten. Es handelte sich um sterbende Gebirge, deren Gestein zerbröckelte. Der Wind trieb den Steinstaub in die Ebene hinab und ließ sie mehr und mehr versanden.
Doch in dieser flirrenden Weite, in der die heiße Luft schon in einer Entfernung von einer knappen Meile flirrte und tanzte, war nichts zu sehen.
Fitzgerald, der kraushaarige kleine Sergeant, kam die Treppe herauf und betrat den Turm, das Gesicht sorgenvoll und fragend verzogen.
Finnewacker, der ein großer und massiger Mann von vierzig Jahren war, schüttelte den Kopf.
Fitzgerald trat zu ihm an die Brustwehr. »Die drei Tage sind nun aber um!«, meinte er.
»Setz für morgen Vormittag Exerzierdienst an. Nachmittags werde ich mir die Männer aussuchen, und in der Nacht rücke ich ab.«
»Hoffst du nicht noch immer, dass Asesino auftaucht?«, fragte der kraushaarige Sergeant, ein Mann von fünfzig Jahren.
Finnewacker holte tief Luft. »Wir können den Captain nicht einfach so hängen lassen.« –
Finnewacker, seit vielen Jahren Commander von Fort Aldamo und Herr über Leben und Sterben der Männer der Strafkompanie der US Kavallerie, fühlte sich in seiner alten Position durchaus wohl. Es gefiel ihm gar nicht, die Befehlsgewalt wieder an Captain Mortimer übergeben zu müssen. Aber durfte er deshalb den Captain seinem Schicksal überlassen?
Gleich, nachdem der Captain das Fort übernommen hatte, war per Brieftaube vom Regiment der Befehl eingetroffen, eine Waffenschmugglerbande zu verhaften, die in der Nähe von Fort Aldamo nach Süden zur Grenze zog. Trotz vieler Widrigkeiten, die der Captain leichtsinnig verursacht hatte, war es Finnewacker, Fitzgerald und etlichen Sträflingen gelungen, die Wagen zu stellen. Um einen Aufstand unter Fitzgeralds Leuten niederzuschlagen, die mit den Waffen nach Mexiko türmen wollten, hatte Finnewacker die Waffen kurzerhand in die Luft gejagt und damit der Meuterei den Boden entzogen.
Mit dem einzigen Pferd, das sie noch besessen hatten, war Captain Link B. Mortimer zu Beginn der Aktion allein losgeritten, um Fitzgeralds Zug in der Wüste zu übernehmen. Dabei war er verschollen. Er war schließlich ein Mann gewesen, der diese wüstenartige Einöde nicht kannte und auch sonst verdammt wenig Erfahrung besessen hatte.
Die Männer waren fest davon überzeugt gewesen, dass er sich verritten hatte und er und das Pferd vor Durst umgekommen waren.
Doch als sich die Einheiten bereits wieder auf dem Rückmarsch befunden hatten, war Asesino mit einigen seiner Bandoleros aufgetaucht und hatte Finnewacker eröffnet, dass sich der Captain in seiner Gewalt befände.
Finnewacker hatte den Bandolero-Jefe überwältigt und war entschlossen gewesen, ihn in Fort Aldamo an den Turm zu hängen, wenn die Bandoleros den Captain nicht auslieferten. Aber mit einer Gruppe Deserteure war dem mexikanischen Hurensohn auf dem Marsch zum Fort in der Nacht die Flucht gelungen.
Das Fort hatte der Bastard zum Austausch gegen den Captain haben wollen. Die Männer waren davon überzeugt, dass dieser Halsabschneider und Buschräuber nach der Flucht diesen Gedanken wieder aufgegriffen hatte.
Seit drei Tagen warteten sie nun schon darauf, dass die Bandoleros vor dem Fort erscheinen und Asesino seine Forderung wiederholen würde.
Aber die Halunken kamen nicht. Warum, zum Teufel?
Das war die Frage, die sich Finnewacker immer wieder stellte.
»Der Captain ist vielleicht tot!«, meinte Fitzgerald.
Finnewacker bedachte ihn mit einem schrägen Blick. »Vielleicht, ja! Aber eben nur vielleicht.«
»Aber weshalb kommt Asesino nicht?«, krächzte Fitzgerald. »Was kann er mit dem Captain anderes beginnen, als uns zu erpressen.«
»Ich habe ihm eins auf die Schnauze geschlagen«, sagte Finnewacker und wandte sich ab. »Daran denkt er vielleicht noch.«
Er verließ den Turm und begab sich ins Krankenrevier, um Sergeant Gammer zu besuchen, der bei der Aktion gegen die Waffenschmuggler von rebellierenden Sträflingen niedergeschlagen und einfach in der Wüste liegen gelassen worden war.
Aber er besuchte das Revier auch, um wieder Zucht und Ordnung in den Laden zu bringen. Er hatte in Fort Aldamo jegliche Drückebergerei ausgemerzt.
Aber unter dem Kommando des Captains war das alles eingerissen. Dem Feldscher hatten die Betten nicht mehr gereicht, um die faulkranken Männer unterzubringen.
Der Feldscher hatte ihn erwartet und riss ihm die Tür auf. Er und die beiden Sträflinge, die ihm als Sanitäter dienten, standen stramm, und der Feldscher salutierte schneidig.
»Master Sergeant, ich melde das Krankenrevier besetzt mit einem Feld- scher und zwei Sanis und belegt mit einem Kranken!
Finnewacker legte die rechte Hand auf seine lässige Art an den Feldhut und grinste. »Krankenzimmer. auf!
Der Feldscher boxte einem seiner Sanis in die Rippen, und der stürzte an die weiß lackierte Tür, öffnete und schlug die Hacken zusammen.
Finnewacker trat über die Schwelle. Die Bude glänzte vor Sauberkeit. Alle Betten waren frisch bezogen und tadellos gebaut. Nur das Bett am Fenster war belegt. Darin lag der verletzte Sergeant.
Finnewacker trat an das Bett und gab Gammer die Hand, der müde lächelnd aufsah.
»Na, wie geht es dir, du altes Schlachtross?«, fragte Finnewacker gemütlich. »Blumen gibt es hier leider nicht.« Er griff in die Tasche und stellte eine Flasche Whisky auf den Nachttisch.
Gammer verzog das Gesicht. »Wo hast du denn die her? Von Warrenton gekauft? Zu dessen Wucherpreisen?«
»Quatsch! Aus meinen Beständen!«, sagte Finnewacker. »Und mit Warrenton, diesem Knilch, fahre ich noch Schlitten. Aber reden wir nicht von ihm. Wie fühlst du dich?«
»Es macht sich langsam,« erwiderte Gammer mit krächzender Stimme.
»Sag mal, ist das wirklich wahr? Asesino ist mit Harrison, der auf mich geschossen hat, und noch ein paar anderen abgehauen?«
»So ist es!«, knirschte Finnewacker und stemmte die Fäuste ein. »Unsere Leute haben diesem Hundesohn zur Flucht verholfen.«
»Was wirst du denn da tun? Die Bandoleros haben doch den Captain.«
»Ich rücke Asesino heute Nacht auf die Pelle!«, erwiderte Finnewacker. »Aber kümmere du dich mal nicht um solche Dinge. Werde mir gesund. Eine Tüte wie du wird hier gebraucht.«
Sergeant Gammer lächelte gequält. Zehn Minuten blieb Finnewacker an seinem Bett. Dann verabschiedete er sich wieder.
Im Vorraum stand der Feldscher mit den beiden Sträflingen.
»Willst du dir den Behandlungsraum noch ansehen?«, fragte der Feldseher eifrig.
Finnewacker grinste. »Ein anderes Mal, wenn ich überraschend hier auf- tauche.« Schnell schritt er zur Tür. Der Feldscher flitzte an ihm vorbei und öffnete.
»Achtung!«, brüllte er, und die beiden Sträflinge rissen die Absätze aneinander.
Grüßend schritt Finnewacker hinaus. Zwei Männer im grauen Drillich gingen an den Unterkünften entlang. Als sie den Master Sergeant gewahrten, rannten sie sofort los.
»Euch mache ich gleich Beine!«, rief Finnewacker röhrend. »Euch ziehe ich die Hammelbeine lang!«
Sie rannten schneller und verschwanden wie geölte Blitze im Pferdestall, in dem jetzt sechzehn Zugpferde und acht Reittiere standen. Da gab es viel zu tun.
Er ging zur Kommandantur. Fitzgerald kam vom Turm herunter, folgte ihm und trat hinter ihm ein.
Finnewacker setzte sich an den Schreibtisch, warf einen Stoß Personalakten vom Regal schwungvoll auf die Platte. Fitzgerald setzte sich an den langen Tisch und beobachtete ihn.
»Ordonnanz!«, bellte Finnewacker, während er eine Zigarre zurechtbiss.
Der Sträfling kam aus der Schreibstube gestürzt. »Infanterist Orwell zum Ordonnanzdienst kommandiert, Master Sergeant.«
Ein bekanntes Gesicht war das. Er war mit Finnewacker draußen gewesen, als sie den Wagenzug verfolgten und die Deserteure überwältigten. Er hatte sich mit einigen anderen vortrefflich gehalten, und der Master Sergeant hatte ihm umgehende Entlassung zugesagt, obwohl er noch drei Jahre abzudienen hatte.
»Komm mal her, du Tüte!«, sagte Finnewacker aufgeräumt. »Deine Akte will ich gerade zur Entlassung vorbereiten.«
Orwell trat an den Tisch und bekam rote Ohren.
Finnewacker suchte die Mappe heraus. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sie im Regal fand, legte sie auf den Tisch und schlug sie auf.
Quelle:
- Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 11. Bastei Verlag. Köln. 05.04.2016