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Der bayerische Hiesel – Teil 23

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Der Wildschütz und der Furierschütz

Der Weg führte Hiesel mit einigen Kameraden in die Gegend von Binswangen, dessen Zollner kürzlich unter Hiesels Händen Todesangst gelitten hatte. Unvermutet kam auf der quer durch den Wald führenden Straße geschritten Johann Michael Brenner, Furierschütz aus Dillingen, den Wildschützen gerade entgegen.

»Das ist der verdammte Hund, der Brenner aus Dillingen, der vor 14 Tagen in einem Wirtshaus daselbst öffentlich gesagt hat, es schmecke ihm kein Trunk Bier und kein Stück Fleisch mehr, solange du nicht auf das Rad geflochten bist!«

Mit diesen Worten reizte einer von Hiesels Bande, ein Neuangeworbener, den ganzen Grimm des Rachesüchtigen, der sogleich dem Tiras ein Zeichen gab, ihn zu Boden zu reißen, was dann auch ohne Weiteres geschah.

Vergebens versuchte sich Brenner zu verteidigen, und behauptete, nichts anderes gesagt zu haben, als jenes, dass Hiesel gewiss noch einst auf dem Rad sein Leben beschließen werde, dass er jedoch vielmehr sein Bedauern über ein solches Schicksal als seine Freude daran oder gar einen Wunsch hierfür ausgedrückt habe.

Der Wildschütz Gregor mochte wohl aus irgendeinem persönlichen Rachegefühl diese Gelegenheit ergriffen haben, ein Opfer seiner Bosheit zu finden. Mit den grässlichsten Schwüren wiederholte er seine frühere Aussage und machte auf die Verwegenheit aufmerksam, dass der Furierschütz durch Verdrehungen, Ränke und Schwänke einen Wildschützen, der es mit seinem Hauptmann redlich meine, Lügen strafen und somit verdächtig machen wolle.

Hiesel schenkte den Worten seines Kameraden vollen Glauben und duldete es, dass alle über ihn herfielen und unter Bedrohung, ihn umzubringen oder durch den Hund in Stücke zerreißen zu lassen, nicht nur mit Schlägen und Gewehrkolbenstößen misshandelten, sondern auch durch einen Hieb über den Kopf verwundeten und seines mit Silber bortierten Livrehutes beraubten. Besinnungslos ließen sie ihn am Rand des Straßengrabens in seinem Blut liegen und zogen lachend ihres Weges.

 

***

 

Brenner war als ein ruhiger, rechtlicher Mann in Dillingen bekannt. Es ist sohin fast als gewiss anzunehmen, dass er nicht nach der Angabe des Wildschützen Gregor gegen Hiesel sich geäußert habe. Durch seinen blinden Glauben lud er eine neue Freveltat auf sein Gewissen.

Misstraut also jeder Verleumdung. Prüft selbst, bevor ihr handelt, und lasst euch nie durch Rachsucht zu Taten hinreißen, die ihr späterhin bitter bereuen müsst.