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Pastis für den Commissaire

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Julie Masson
Commissaire Lucien Levefre 1
Pastis für den Commissaire

Crime, Hörbuch/Download, ungekürzt, Kübler Verlag, Lampertheim, März 2015, gelesen von Martin Umbach, 578 Minuten, 9,99 Euro, ISBN: 9783863462352, alternativ 8 CD-Box, 14,95 Eur0, ISBN 9783863460150, Covermotiv: plainpicture/Folio Images, Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt
www.kueblerverlag.de

Lucien liebte den August. Es war der stressfreieste Monat des Jahres. Da seine Kollegen alle in den Urlaub fahren wollten und er zwar eine teure Scheidung, aber keine Kinder vorweisen konnte, wurde er stets für die Urlaubsvertretung eingeteilt. Im ersten Jahr hatte er zähneknirschend akzeptiert, dass ihm vorübergehend die Leitung der Abteilung überlassen wurde. Nach den ersten Tagen im vollklimatisierten und sehr ruhigen Büro hatte er aber die Vorteile zu schätzen gelernt und freute sich inzwischen schon sehr auf die ereignislosen Wochen hinterm Schreibtisch. Meist nutzte er die Zeit, um immer wieder seinen Schreibtisch  aufzuräumen, die Akten nach einem neuen System zu ordnen oder die Bleistifte zu spitzen. Eine Leiche passte ihm überhaupt nicht ins Konzept.

Sein Plan, im Urlaubsmonat August eine ruhige Kugel im klimatisierten Polizeipräsidium von Bordeaux zu schieben, verflüchtigt sich jäh, als Commissaire Lucien Lefevre einen Anruf nach Amtshilfe aus dem küstennahen Lit-et-Mixe erhält. Aufgrund der urlaubsbedingten schmalen Besetzung vor Ort ist das Präsidium Bordeaux ganz offiziell für die Atlantikküste zuständig, wo am Strand des idyllischen Örtchens Contis-Plage eine schon erheblich aufgeweichte Wasserleiche in einem Fischernetz aufgefunden wurde. Widerwillig, doch in der Hoffnung, es handelt sich um einen Badeunfall und er ist zum Feierabend wieder in Bordeaux, macht sich der Commissaire auf den Weg. Der Leichenbeschauer möchte Fremdeinwirkung jedoch so schnell nicht ausschließen, und so ist Lefevre gezwungen, noch länger in dem winzigen Feriendorf an der Küste zu verbleiben.

Gleichzeitig meldet sich die Berlinerin Sophie Schumacher, die hier ihren Bruder Thomas besuchen wollte, bei der örtlichen Polizei. Nachdem Thomas ihr bei ihrer Ankunft nicht die Tür geöffnet hat, hat sie sein Haus betreten und dort die Spuren eines Einbruchs entdeckt.

Tatsächlich erweist sich der Tote vom Strand als Thomas Schumacher, der hier in Contis-Plage einen Ökoladen unterhalten hat. Bei seinen Ermittlungen sieht sich Lefevre gleich mehreren Dorfbewohnern gegenüber, die nicht gut auf den Deutschen zu sprechen waren. Die Liste reicht von gehörnten Ehemännern über einen Fabrikchef, dem der Deutsche bei seiner Arbeit als freier Journalist zu nahe gekommen ist, bis zu den örtlichen Fischern, die ihre Lebensgrundlage bedroht sehen, als Thomas die Küstengegend zu einem Schutzgebiet für bedrohte Vögel erklären lassen wollte.

Sophie hatte die ganze Szene verfolgt und sich immer wieder gefragt, ob das alles real war. Und jetzt sollte sie mit dem zwar attraktiven, aber auch leicht cholerischen George Clooney-Verschnitt nach Bordeaux fahren und die Leiche ihres Bruders identifizieren. Was für ein Tag!

Bei ihrem Debütroman schlägt die in Berlin wohnhafte Französin Julie Masson einen bewährten Krimiweg ein, der kaum literarische Fallstricke bereithält. Nach dem obligatorischen Leichenfund führt sie zunächst – ganz dem Gusto ihres »Helden« entsprechend – in aller Ruhe ihre Hauptfigur, den etwas gemütlichen Commissaire Lefevre ein. Dieser wird als recht gutaussehend – Vergleiche mit George Clooney werden angestellt -, doch auch solide in seiner Komfortzone verhaftet, dargestellt, sodass ihm die plötzliche Abberufung aus dem heimischen Bordeaux so gar nicht in den Kram passt. Auf die Provinzkollegen, denen Lefevre bald unwillig gegenübersteht, wirkt der cholerische Städter eher schnöselig und unfreundlich, was natürlich an seiner schlechten Laune ob des Zwangsaufenthalts an der sommerlichen Atlantikküste, fernab seines gut gekühlten Büros liegt.

So wird Pastis für den Commissaire durch einen leisen Humor getragen, der oft genug auf das Konto des zwischen Phlegma und Reizbarkeit pendelnden Lefevre geht, der nun gezwungen ist, aktiv zu werden und sich als Präsidiumsvertreter von den Provinzpolizisten nicht die Butter vom Brot nehmen lassen darf. Auf die Wahrung seiner Autorität gegenüber den Provinzpolizisten bedacht, bläst er oft wichtigtuerisch und unnötig die Backen auf und bleibt doch aus Lesersicht liebenswert unbeholfen. Charmant gar, wenn er es mit Sophie Schumacher zu tun hat, für die er eine romantische Schwäche entwickelt, auch wenn er ständig an der Aussprache des Namens Schumacher scheitert (von »Schümagg« bis »Schumadsch« ist alles dabei), was zu einem amüsanten Running Gag wird.

Was den Handlungsverlauf angeht, könnte man sich hier – wären nicht die französischen Namen – genauso gut in einem englischen Krimi, Marke »Inspektor Barnaby« & Co., den sogenannten Cosy Crimes, befinden. Sobald klar ist, dass Thomas Schumacher ermordet wurde, geht es mithilfe seiner neuen Hilfspolizisten ans Recherchieren und Klinkenputzen, was so manches mögliche Motiv zutage fördert. Der Großteil hier führt nirgendwo hin und ist reiner Füllstoff. Doch unterfüttert Julie Masson diesen Füllstoff mit einer unbeschwerten und sympathischen Figurenentwicklung sowohl Lefevres selbst als auch den Mitgliedern seiner Ortstruppe.

Das Hörbuch

Gelesen wird Pastis für den Commissaire von dem gut beschäftigten Schauspieler (Tatort, Josephine Klick) und Synchronsprecher (George Clooney, Russel Crowe, Kenneth Branagh) Martin Umbach, der sich als perfekte Besetzung erweist. Ohne dass er seine Stimme verstellen muss, gelingt es ihm, einzelne Charaktere unterscheidbar zu machen. Außerdem versteht er es bravourös, die leise Ironie des Inhalts durchgehend auch in seine Lesung zu übernehmen.

Fazit:
Sympathisches Romandebüt, das gar nicht mehr sein will als ein harmlos, entspannter Urlaubs-Krimi. Der leise Humor, die unaufdringliche Romanze und vor allem die brummbärig-sympathische Hauptfigur macht Lust auf den zweiten Fall des Commissaires, der hier schon gleich vorbereitet wird.

(eh)