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Schwäbische Sagen 18

Schwäbische-Sagen

Der wilde Jäger

1.
Eine mündliche Überlieferung aus der Gegend von Calw

Im vorderen Schwarzwald lässt sich der wilde Jäger besonders in den Adventsnächten hören, indem er beständig Holz anschlägt. Die Forstleute tun dies sonst mit einem Hammer, der ein bestimmtes Zeichen hat, welches sie an alle Bäume, die gefällt werden sollen, einhauen. Grad so hört man den wilden Jäger dann im Wald klopfen, und zwar bald hier, bald da, in ganz entgegengesetzter Richtung, indem er blitzschnell von einem Punkt zum anderen eilt. Auch die, welche ihm jagen helfen, klopfen an die Bäume wie beim Holzanschlagen. Außerdem folgt ihm immer eine Schar bellender Hunde.

Ein Schullehrer verirrte sich einst in einem Wald, in welchem der wilde Jäger seinen Spuk trieb. Als er endlich aus dem Wald ins Freie gelangte, verfolgte ihn ein Reiter, der bald so nah hinter ihm war, dass er nur schnell zur Seite sprang, weil er besorgt war, der Mann zu Pferde werde ihn sonst überreiten. Doch da däuchte ihm der Reiter auf einmal wieder weit hinten zu sein. So kam der Schullehrer endlich zu einer Frau, die sich gleichfalls beklagte, dass ein Reiter sie beständig habe umreiten wollen. Während sie aber so miteinander noch sprachen, war der Reiter, der niemand anders als der wilde Jäger war, plötzlich verschwunden.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Maulburg

Ein Mann aus Maulburg im Wiesental (zwischen Schopfheim und Lörrach) hörte einst den wilden Jäger jagen, indem er beständig sein »Huhu!« hören ließ. Da kam es dem Mann in den Sinn, den wilden Jäger nachzuäffen und auch »Huhu!« zu schreien. Plötzlich aber warf dieser ihm einen Knochen zu und rief: »Hasch mer helfe jage, muesch au helfe nage.«

Seit der Zeit ist der Mann krank gewesen und endlich an der Auszehrung gestorben.


Der Spatzentann-Jäger
Eine mündliche Überlieferung aus Gmünd

Bei Gmünd im Remstal hörte man sonst in den Adventsnächten den Spatzentann-Jäger, der kam aus dem Wald Spatzentann bei Mutlangen mit vier Schimmeln vor die Stadt gefahren, indem er beständig knallte. Auch mehrere bellende Hunde begleiteten den Wagen. Am Tor schellte er jedes Mal. Wenn dann aber jemand aufmachte, war er bereits um die Stadt herumgefahren und zog an dem anderen Tor. Man hörte ihn oftmals seine Hunde locken, indem er rief: »Hu dax dax dax! Hu dax!«

Am Federbach nennt man denselben Jäger das »Federmännle.«


Der feurige Jäger auf Rosenstein
Eine mündliche Überlieferung aus Heubach

Der mittlere Fels von den drei großen Felsmassen auf dem Rosenstein bei Heubach heißt der »Lärmenfelsen«. Auf diesem zeigte sich früher oftmals ein feuriger Jäger, der hatte bei sich einen feurigen Hund und ein feuriges Schießgewehr und rief beständig »Ho ho! Ho ho!«, wenn er aus dem Wald kam und den Felsen bestieg. Man nannte ihn auch wohl das »feurig Männle.« Jetzt lässt er sich nicht mehr sehen.


Der Kappleimann
Eine mündliche Überlieferung

Im Kappleiwald bei Westhaufen an der Jaxt geht ein Jäger um, den man den »Kappleimann« nennt. Er zeigt sich alle sieben Jahre, schreit dann »Hoho!«, stellt die Fuhrleute, dass sie nicht fortkönnen und treibt sonst noch allerlei Spuk.


Der wilde Jäger jagt Menschen
Eine mündliche Überlieferung aus Neresheim

Auf die Schweihöfe, die unterhalb Dillingen an der Donau liegen, kam einst bei Nacht zwischen 11 und 12 Uhr ein Jäger, klopfte an und bat, der Bauer möge ihm doch seinen Hund mitgeben, er solle dafür auch ein Stück von dem Wildbret abhaben, das er jagen werde. Der Bauer band darauf seinen Hund los und gab ihn dem Jäger mit. Dieser kam etwa nach einer Stunde zurück und warf dem Bauer einen Menschenfuß durchs Kammerfenster. Der Hund aber lag vor der Haustür und war zerrissen. Aus alledem erkannte der Bauer mit Schrecken, dass der wilde Jäger oder das »Wild Heer« bei ihm gewesen war, und dass er ihm zur Umbringung eines Menschen geholfen hatte. Denn mit seinen eigenen Hunden kann der wilde Jäger niemand beikommen. Bekommt er aber von Menschen einen Hund, so kann er mit diesem leicht einen Menschen erjagen.

Der wilde Jäger zieht auch sonst dort um mit Hörnerblasen, Hundegebell und Schießen wie bei einer großen Jagd.


Der Hofener Jäger
Eine mündliche Überlieferung aus Neresheim

In dem Weiler Hofen bei Neresheim lebte früher ein Jäger, der ein großer Feind der Wilderer war. Einst ertappte er einen, dem er schon lange aufgepasst hatte, und obwohl der Mann sich ohne Gegenwehr binden und fortführen ließ, so geriet doch der Jäger unterwegs noch in solche Wut über ihn, dass er sein Gewehr auf ihn anlegte und ihn totschoss. Der Wilderer bat zwar um Gotteswillen, ihn zu schonen, er sei Vater von sieben Kindern. Allein umsonst. Wegen solcher Grausamkeit hat das Weib des Wilderers dem Jäger gewünscht, dass er umgehen möge bis zum jüngsten Tag, und der Wunsch ist in Erfüllung gegangen.

Einst war der Jäger mit seinem Sohn im Wald und sie beide schossen zugleich auf ein Wildschwein, und obwohl die Kugel des Sohnes den Vater nicht hätte treffen können, so fiel er doch tot nieder. Eine Wunde konnte man nicht entdecken. Als man die Leiche aus dem Haus trug, sah man ihn zugleich oben aus dem Fenster gucken, aber ohne Kopf. Seitdem ist er oftmals in verschiedenen Gestalten gesehen worden, indem er »Hoho!« schreit wie Jäger und Eulen. Das ist der »Hofener Geist« oder »Hofener Jäger,« den man in der ganzen Gegend kennt. Auch als Tier, als Hund, Fuchs, Schwein, Pferd usw. ist er schon erschienen.


Das versunkene Heer

1.

Bei Ruffach im Oberelsass ist ein großes Tal, das man das Ochsenfeld nennt. In diesem Tal soll vor vielen hundert Jahren unter Kaiser Karl ein Kriegsheer gestanden sein, das in allen Schlachten gesiegt hatte, aber dadurch mitsamt seinem Anführer so stolz und übermütig geworden war, dass es eines Tages aus allen Kanonen und Gewehren zumal gegen den Himmel feuerte. Und das geschah auf Befehl des Anführers. Kaum hatten sie aber losgeschossen, so versank das ganze Heer in die Erde. Alle sieben Jahre indes sieht man das Heer wieder bei Nacht auf demselben Platz, wo es versunken ist, zu Pferd exerzieren.

2.
Eine mündliche Überlieferung von einem Weber ans Wurmlingen, der mehrere Jahre lang im Elsass gearbeitet hatte

Einst kam die Tochter eines Bäckers aus Ruffach über das Ochsenfeld und trug einen Korb voll weißes Brot , das sie im nächsten Dorf verkaufen sollte. Da ritt ein Soldat auf einem Schimmel zu ihr her und sagte ihr, sie möge doch mit ihm gehen. Er wolle sie an einen Ort führen , wo man ihr das Brot sogleich abkaufe und gut bezahle.

Das Mädchen war bereit dazu und folgte dem Reiter in einen unterirdischen Gang und kam durch denselben in ein weites unterirdisches Heerlager. Da war es ganz voll von Soldaten, die alle fest schliefen und große lange Bärte hatten. Hier kaufte man nun dem Mädchen das Brot ab und bezahlte es reichlich, und sagte ihr, sie solle doch jeden Tag so viel Brot hierher bringen und solle jedes Mal gut bezahlt werden, was sie denn auch gern versprach.

Das Mädchen trug nun mehrere Jahre lang das Brot in dies unterirdische Heerlager, und der Bäcker wurde bald dadurch ein reicher Mann. Da geschah es, dass das Mädchen einmal krank ward und das Brot nicht mehr austragen konnte. Sie wollte deshalb einen ihrer Brüder damit fortschicken und beschrieb ihm genau den Platz, wo er hingehen müsse. Dort, sagte sie, werde sich eine Tür vor ihm auftun und die werde ihn schon in das Lager führen. Der Bub ging nun zwar hin und fand auch richtig den Platz, allein eine Tür wollte sich ihm nicht auftun, sodass er sein Brot wieder mit nach Hause bringen musste.

Das Mädchen starb bald darauf, und seitdem ist niemand wieder in das unterirdische Heerlager gekommen.


Der Schimmelreiter bei Schlettstadt
Eine mündliche Überlieferung von dem Erzähler der vorhergehenden Sage

In der Umgegend von Schlettstadt im Elsass sieht man oft bei Nacht einen Schimmelreiter, der seinen Kopf auf einem Teller unter dem Arm trägt. Er hat Offizierskleider an und reitet hin und her auf einem Feld, wo in alten Zeiten eine Schlacht vorgefallen sein soll, indem er mit ungeheuer lauter Stimme beständig kommandiert. Man sagt, der Schimmelreiter habe während jener Schlacht ein großes Unrecht verübt und müsse deshalb noch immer hier umgehen.