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Das Geisterschiff und der Fliegende Holländer Teil 11

Das-Geisterschiff-und-der-fliegende-HollaenderDas Geisterschiff und der Fliegende Holländer
Lebendig im jüngsten Gericht oder Rache bis über das Grab hinaus
Eine höchst schaudervolle Geschichte höllischer Bosheit

Schiffbruch

Die Erscheinung des Geisterschiffes hatte auf Philipp und die ganze Schiffsmannschaft einen erschreckenden Eindruck hinterlassen. In derselben Nacht brach ein gewaltiger Sturm los, und mit dem dämmernden Tag schlug plötzlich eine riesige Welle hoch über das Deck, zertrümmerte den Kompass und dessen Gehäuse, schleuderte den Kapitän und seine zwei Offiziere an das Bollwerk des Schiffes und riss den Hauptmast über Bord. Nur mit Mühe bewog Philipp zwei Matrosen, den betäubten Kapitän in seine Kajüte hinabzubringen. Der wackere Hillebrant hatte den rechten Arm gebrochen und noch andere Verletzungen an seinem Leib.

Ohne Aussicht auf Rettung besoff sich die ganze Mannschaft am Branntwein. Das Schiff trieb gleichsam herrenlos, vom fortdauerndem Sturmwind gepeitscht, gegen das Ende der Tafelbay und stieß dort so heftig auf den Sand, dass die noch übrigen Masten über Bord stürzten, während die brüllenden Wellen durch die zersprengten Planken in das Schiff drangen und es auf die Seite warfen. Der Kapitän Kloots wurde in das Wasser rettungslos hinuntergerissen, das einzige noch brauchbare Boot ausgesetzt und von Veiten und den trunkenen Matrosen bestiegen. Philipp ließ auch den armen Hillebrant in dieses Boot hinunter, ihm selbst aber verweigerte man die Aufnahme. Winde und Wellen schleuderten das von Wasser überströmende Boot gegen die Uferklippen, wo es zerschellte und verschwand.

Philipp, der sich an den Stumpf des Mastes geklammert hatte, stürzte in das Meer, als das Schiff vollends geborsten war, gelangte aber auf einem schwimmenden Brett an das Ufer, wo er vor Erschöpfung ohnmächtig hinsank. Durch eine Berührung seiner Brust erweckt, erblickte er einen Khoikoi, welcher ihn freundlich betrachtete und ihm durch Zeichen zu verstehen gab, ihm zu folgen. Er führte ihn der Küste zu, wo sich gegen 50 andere Wilde mit dem Sammeln der Güter des gestrandeten Schiffes beschäftigten. Dort erhielt der vor Erschöpfung lechzende Philipp trübes Wasser aus einem Schlauch, das ihm köstlich mundete. Eine Handvoll Käfer, die der Khoikhoi, augenscheinlich der Häuptling, ihm als Speise anbot, lehnte er mit Ekel ab, worauf jener sie gemütlich verzehrte.

Unter den gestrandeten Gegenständen bemerkte Philipp auch seine eigene Kiste, was er durch Zeichen begreiflich machte, zog den Schlüssel aus seiner Tasche, öffnete, packte ein Bündel voll mit nützlichen Dingen und steckte einen alten, ledernen mit Geld gefüllten Beutel ohne Widerstreben der anderen zu sich, deren kostbarer Schatz nur die Knöpfe an den Kleidern der an das Ufer gespülten Leichen war. Er übernachtete in einer Hütte, wo er Milch zu trinken bekam, und bis zum Morgen vortrefflich schlief, als sein Führer mit einem Mann erschien, der ein wenig holländisch sprach. Diesem erklärte er den Wunsch, zu der holländischen Ansiedlung gebracht zu werden, und ging mit ihm dorthin fort. Gegen Abend kamen sie auf eine Anhöhe mit der Aussicht auf die Tafelbay. Philipp sah zu seiner Freude ein aus der Ferne heransegelndes Schiff, welches in der Nähe des Ufers ein Boot zur Aufnahme frischer Vorräte aussetzte. Dieses Boot brachte ihn auf das Schiff, dessen Befehlshaber ihn freundlich aufnahm, und ihm freie Passage in seine Heimat gewährte. Nach einer Fahrt von drei Monaten kam er glücklich in Amsterdam an. Den Tod des Kapitäns Kloots und des braven Hillebrant herzlich bedauernd, tröstete er sich doch mit dem Gedanken, von nun an auf immer von dem einäugigen Veiten befreit zu sein, der mit den übrigen aus dem Boot ertrunken war. Spät am Abend bestieg er ein Boot, sich über den Fluss setzen zu lassen, um in sein Häuschen nach Terneuse zu kommen. Das Wetter war rau, der Himmel mit Wolken bedeckt, durch welche bisweilen der Vollmond brach.

In seinen Mantel gehüllt, eilte Philipp seiner Wohnung zu und blieb betrachtend in einiger Entfernung stehen, als er seine geliebte Amine, vom Mondlicht beleuchtet, durch das offene Fenster zum Himmel emporschauen sah. Er trat näher. Sie erkannte ihn und begrüßte ihn unter Küssen und Liebkosungen. Ihre Wonne des Wiedersehens war eine volle Seligkeit!

Philipp erzählte ihr nun seine Erlebnisse und fragte, wie sich ihr Vater befinde?

»Ohne gerade krank zu sein«, antwortete sie, »welkt er doch sichtbar dahin. Morgen wollen wir von ihm reden«, fügte sie mit einer traurigen Miene bei. In traulichem Gespräch verschwammen einige Stunden, bis die späte Nacht sie zur Ruhe mahnte.