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Der Marone – Herbert im Glücklichen Tal

Der-Marone-Zweites-BuchThomas Mayne Reid
Der Marone – Zweites Buch
Kapitel 13

Herbert im Glücklichen Tal

Für so ungeeignet auch Jacob Jessurons Nachbarn den Namen seines Gutes – das Glückliche Tal – halten mochten, Herbert Vaughan selbst hatte durchaus keinen Grund, den Namen als falsch zu bezeichnen. Von der Stunde an, wo er die Stelle als Buchhalter angetreten hatte, war für ihn eine größere Abwechslung von Vergnügungen als von zu erfüllenden Pflichten dagewesen. Sein neues Leben war, anstatt unter beständiger Arbeit geführt zu sein, lediglich eine unausgesetzte Folge angenehmen Zeitvertreibes. Statt Bücher zu führen oder nach den Sklaven zu sehen, oder sonst irgendetwas Nützliches zu verrichten, wurde seine meiste Zeit zu Ausflügen verwandt, die keinen anderen Zweck als Erholung und Vergnügen hatten. Ausfahrten zur Bay in Begleitung von Jessuron selbst, der ihn bei seinen kaufmännischen Bekannten einführte; Besuche auf den benachbarten Höfen und Pflanzungen mit der schönen Judith zusammen, wo er durch sie vorgestellt wurde; Fischpartien auf dem Wasser und Kränzchen in den Wäldern; alles dies bot sich ihm in vollstem Maße dar.

Er wurde mit einem schönen Reitpferd versehen, mit Hunden und anderen Ausrüstungen zur Jagd, kurz mit allem nötigen, um ihn in die Lage zu versetzen, das Leben eines feinen und gebildeten, nur auf seine Unterhaltung bedachten, unabhängigen Mannes zu führen. Ein halbes Jahresgehalt war ihm freiwillig im Voraus ausgezahlt worden, um ihm so in zarter und anständiger Weise die Mittel zu gewähren, seinen Kleidervorrat zu vervollständigen und bei jeder Gelegenheit in geeignetem Anzug zu erscheinen. Unbedingt schienen die Aussichten des armen Zwischendeckspassagiers eine Wendung zum Besseren angenommen zu haben, denn durch die Freigebigkeit seines unerwarteten Gönners und Schutzherrn spielte er auf der Pflanzung fast eine gleiche Rolle wie sein Reisegenosse zur selben Zeit zu Willkommenberg. Da zwischen den verschiedenen Gesellschaftskreisen, in denen sich beide bewegten, gerade kein sehr großer Rangunterschied war, so war es keineswegs unmöglich, dass sich die beiden eines schönen Tages irgendwo treffen und nun mehr auf gleichem Fuß als früher miteinander verkehren würden.

Um nun Herbert Vaughan Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muss bemerkt werden, dass er von dem guten Leben, das er führte, mehr überrascht als entzückt war. In der freigebigen Gönnerschaft des Jessuron lag etwas zu Außerordentliches, etwas, das ihn nicht wenig in Verlegenheit setzte. Wie sollte er sich nur eine solche gütige Gastfreundschaft erklären?

Mittlerweile gingen die Tage, nachdem Herbert das Glückliche Tal zu seinem Aufenthalt genommen hatte, höchst angenehm und ruhig vorüber. Kleine Unfüglichkeiten, die von Zeit zu Zeit vorkamen, wurden leicht und anständig beseitigt und der junge, nichts Arges vermutende Engländer bemerkte außer der ungewöhnlichen, ihm erwiesenen Gastfreundschaft gerade nichts Besonderes in seiner Umgebung. Wäre er von seinem israelitischen Gönner weniger rücksichtsvoll behandelt und weniger geehrt worden, vielleicht wäre er dann bei seinen Beobachtungen und Wahrnehmungen scharfsichtiger und bedenklicher gewesen. Doch die Araber besitzen ein Sprichwort: »Es ist dem Menschen nicht eigen, von dem Pferde schlecht zu reden, das ihn aus Not und Gefahr gerettet«; und die menschliche Natur ist überall ganz dieselbe, im Osten wie im Westen. So edel daher auch der Charakter des jungen Engländers war, so war er doch rein menschlich, und schlecht von der Brücke zu denken und zu reden, die ihn soeben erst von der traurigen Küste, an der er kürzlich gestrandet war, fortgeholfen hatte, würde wieder alles menschliche Gefühl gewesen sein.

Wenn er aber wirklich einen Verdacht über seines Schutzherrn Lauterkeit und Rechtschaffenheit hegte, so behielt er diesen für sich selbst, ohne doch dabei nur daran zu denken, seine Unabhängigkeit oder seine Selbstachtung dadurch in irgendeiner Weise beeinträchtigen zu können. Jedenfalls wollte er die Aufklärung über die etwas unbegreifliche und rätselhafte Höflichkeit, deren Gegenstand er war, ruhig abwarten.

Diese Höflichkeit war keineswegs bloß auf seinen Wirt beschränkt. Wie Herbert längst wusste, übte seine schöne Tochter dieselbe in ganz gleicher, nur in noch anmutigerer Weise aus. In der Tat, unter anderen im Glücklichen Tal vorgegangenen und bemerkbaren Veränderungen schien auch der Geist der schönen Judith eine nicht unbedeutende Veränderung erlitten zu haben. Obschon sich ihre stolze und herrschsüchtige Sinnesart gelegentlich wohl zeigte, so war sie nun gewöhnlich doch mehr in einer sentimentalen Stimmung, die manchmal sogar an Schwermut grenzte. Freilich zu anderen Zeiten zeigte sich auch die alte Bosheit wieder unverhüllt. Dann wurde die Nase wieder vor Zorn und Verachtung gerümpft und ihre dunklen Augen funkelten in einem unheimlichen boshaften Feuer.

Glücklicherweise kamen solche widrige und aller Anmut hohnsprechende Äußerungen gerade wie die Tornados ihres Heimatlandes nur höchst selten vor, denn ein gewisser Name, der sie so gewaltig aufregte, wurde von ihr auch nur höchst selten ausgesprochen. Dieser Name war Käthchen Vaughan.

Ihre Abneigung gegen die junge Kreolin stammte aus der Nebenbuhlerschaft ihrer persönlichen Reize. Beide besaßen einen weitläufigen Ruf wegen ihrer Schönheit, die oft von den Müßiggängern und Stutzern der Bay besprochen und verglichen worden war. Leider waren die Entscheidungen nicht immer zu Gunsten der Jüdin, und das war der eigentliche Ursprung ihrer Feindschaft.

Bisher hatte sie ihren Grund nur im Neid gehabt. Der unliebsame Gegenstand wurde jedes Mal mit Kopfschütteln und leichtem Nasenrümpfen abgefertigt. In jüngster Zeit hatte sich aber eine stärkere Regung zu zeigen angefangen. Wenn immer nur Käthchen Vaughans Name im Gespräch selbst ganz zufällig und unabsichtlich vorkam, so flammte das Auge der Jüdin von eifersüchtigem Feuer, ihre Lippen zuckten und bebten, als sprächen sie Verwünschungen aus, und sie, die noch kurz zuvor ein wahrer Engel von Sanftmut und Holdseligkeit zu sein schien, wurde auf einmal in einen wutschnaubenden Dämon verwandelt.

Man hätte wohl annehmen können, dass die Gegenwart von Käthchens Vetter solche unziemlichen Äußerungen der Leidenschaft im Zaum halten würde, aber im Gegenteil, diese schien sie lediglich noch mehr hervorzurufen, denn nur wenn Herbert zugegen war, nahm die Tochter Jessurons solch ein Ansehen an. Wenn zufällig der junge Mann von seiner Cousine günstig sprach, und anders sprach er wirklich niemals, dann beschränkte die schöne Jüdin ihren Ärger nicht länger mehr auf bloße stumme Zeichen, sondern brach sofort in die härtesten Schmähungen aus. Dann konnte Herbert sonderbare Enthüllungen hören, dann erfuhr er zuerst, dass Käthchen Vaughan seine schöne, reizende und gebildete Cousine, die Tochter einer Quadronensklavin sei.

So wurde er nun befähigt, den Beinamen kleine Quasheba zu verstehen, den Käthchen selbst nicht zu erklären vermochte. So begriff er nun auch vollständig die Klagen über freundlose Vereinzelung, die seine Cousine ihm in ihrer unschuldsvollen Offenheit bekannt hatte.

Obwohl dies alles eigentlich nur wenig beachtend, ging Herbert auf solche Äußerungen weder ein noch widersprach er. Vollkommen mit der Lebensgeschichte seiner Cousine unbekannt, vermochte er wirklich nicht etwas gegen die angeführten Tatsachen zu ihrer Verteidigung vorzubringen. Auch wagte er es kaum, sie zu verteidigen, denn, um die Wahrheit zu sagen, hatte der herrschsüchtige Geist der Jüdin bereits eine gewisse Überlegenheit über den seinen gewonnen.

Nur wenn Käthchen Vaughans Namen oft genannt wurde, begann Judith, wenigstens vor Herbert Vaughan, düster auszusehen. Zu allen anderen Zeiten war ihr Gesicht stets vom sanften und verführerischen Lächeln erfüllt.

Das Betragen der Jüdin ist freilich leicht zu erklären. Sie war in Herbert Vaughan verliebt.

Jacob Jessuron hatte ein Spiel begonnen, wobei seine Tochter den Lockvogel machen sollte. Herbert Vaughan war der zu erlangende Gewinn. Welche auch seine Absicht sein mochte, das Spiel war tief angelegt und für den Lockvogel nicht ohne Gefahr. Wurde es gewonnen, was war dann der Vorteil? Welchen Zweck konnte er bei dem Wunsch haben, dass seine Tochter das Herz Herbert Vaughans gewinnen möge? Hier lag das Geheimnisvolle, das Rätselhafte des Spiels. Wurde es verloren, so war der Köder, der Lockvogel, ebenfalls verloren. Da lag die Gefahr. Trotz seiner gewöhnlichen Vorsicht hatte Jacob Jessuron diese Gefahr nicht vorausgesehen. Im Vertrauen auf die sonstige kühle Umsicht und die schlaue Erfahrung seiner Tochter hatte er das Spiel ohne alle Furcht angefangen.

Judith selbst hatte das Spiel in gleicher Weise unternommen, unbekümmert um die Folgen. Ihre Absichten und Neigungen wichen sehr von denen ihres Vaters ab, denn diese hatte sie eigentlich erst spät in ihrem ganzen Umfang erfahren, als die ihren bereits so stark und überwiegend geworden waren, sie blindlings zu treiben, das Spiel für eigene Rechnung fortzuführen.

Ihre ersten Triebfedern waren zumeist Eitelkeit und Koketterie, allerdings mit einer ernsthaften Bewunderung verbunden. Hierzu kam dann noch der Wunsch, Käthchen Vaughan zu ärgern, denn vom ersten Augenblick an hatte sie hier eine Nebenbuhlerschaft vermutet. Sogleich, als sie die so kurze Zusammenkunft der beiden Verwandten erfahren hatte, sah sie ein, dass dort etwas Besonderes vorgegangen sein müsse. Darauf deutete auch das kleine Stückchen Band hin, das Herbert so wert hielt und dessen Bedeutung zu erfahren sie sich vergebens bemüht hatte.

Ihr Verdacht in dieser Beziehung erlosch nicht, wie man hätte vermuten dürfen, da von Herberts Seite jede weitere Annäherung an seine Cousine unterblieb. Im Gegenteil, er wurde nur noch stärker, so wie ihre Teilnahme an dem jungen Engländer wuchs, denn jetzt konnte sie erst recht nicht mehr begreifen, wie ein junges Mädchen, mochte es Käthchen Vaughan oder eine andere sein, den Mann, der auf sie solchen Eindruck gemacht hatte, sehen könne, ohne dass bei ihr ein gleicher Eindruck hervorgerufen würde.

Bei ihr hatte Herbert Vaughan jedenfalls einen tiefen Eindruck hervorgebracht, und zwar nicht langsam und nach und nach, sondern plötzlich und auf einmal, sodass ihre Liebe sofort zur glühenden Leidenschaft geworden war, etwas in der Art, wie sie eine Tigerin für ihren braungelben Gefährten in sich trägt.

Herbert Vaughan hatte kaum eine Woche im Haus des Jacob Jessuron verbracht, als seine Herrin sich vollständig in ihn verliebt hatte, bis über beide Ohren, bis zum inneren tiefen Herzen, bis zur äußeren Grenze der brennenden Eifersucht.

Nun war der Gegenstand dieser glühenden Leidenschaft der junge Mann selbst, zu jener Zeit vollkommen unfähig, sich Rechenschaft von seinen eigenen Gefühlen zu geben. Noch schwieriger mussten diese für einen fremden Beobachter zu erklären sein.

Einige wenige Tatsachen werden dies bald erläutern:

Während des kurzen Zusammenseins Herbert Vaughans mit seiner Cousine Käthchen hatte dieser zum ersten Mal in seinem Leben ein weibliches Wesen gesehen, die anzublicken, auch zu gleicher Zeit lieben hieß. Die blauäugige Schöne seines heimatlichen Dorfes, die hübsche Kellnerin im Wirtshaus, die liebliche Sängerin in der vielbesuchten Kirche, zugleich mit anderen knabenhaften, durch zweimonatliche Abwesenheit bereits größtenteils verwischten Erinnerungen waren durch ihre liebenswürdige Erscheinung sofort sämtlich ins Meer der Vergessenheit versenkt worden. Hier endlich stand er einem seiner Liebe wahrhaft würdigen Geschöpf gegenüber, einem reinen und gebildeten Mädchen, das jede zärtliche Regung seiner Seele vollkommen verdiente. Das hatte er instinktiv gleich im ersten Augenblick gefühlt, und fühlte es noch tiefer und eindringlicher, als er die trüben, doch glühenden Worte beim schmerzlichen Abschied an sie richtete. Aus diesem Gefühl entsprang das treuherzige Anerbieten eines starken Armes und eines kräftigen Herzens, aus ihm auch das ritterliche Ausschlagen ihrer Börse und das Vorziehen eines Stückchen Bandes.

Dennoch hatte er gar keinen Grund, das Letztere als ein Zeichen der Liebe zu betrachten, denn er wusste sehr wohl, dass die sanften, in jener kurzen, aber stürmischen Unterhaltung gesprochenen Worte sowie das dieselbe beendende Anerbieten des Geldes lediglich Eingebungen eines mitleidsvollen Herzens und viel mehr Zeichen einer nicht mehr vorhandenen, als einer wirklich bestehenden Liebe gewesen waren. Wenn er zuerst auch erfreut war, das Stückchen Band als Liebespfand erhalten zu haben, so konnte er bei näherer Erwägung es eigentlich doch nur für ein der Freundschaft geweihtes Andenken halten, das offenbar keine größere Bedeutung wie die Börse besaß, zu der es gehört hatte, oder wie der goldene Inhalt der Börse selbst.

Obwohl Herbert also ganz gut fühlte und es ihm bewusst war, dass er durchaus weiter gar keine Ansprüche an seine schöne Cousine zu machen habe, als lediglich die der Verwandtschaft, obwohl von ihr auch nicht ein einziges Wort gesprochen worden war, das ein anderes Gefühl für ihn als nur das der Achtung hätte ausdrücken mögen. Dennoch hatte er, merkwürdig genug, einige Hoffnung gefasst, dass doch einmal ein engeres zärtlicheres Verhältnis zwischen ihnen beiden werde angeknüpft werden können.

Worauf war nur diese angenehme Erwartung begründet? Das vermochte er selbst nicht zu sagen, da in allen ihren Reden auch nicht das Geringste war, das eine solche Hoffnung nur bestätigen konnte. Oder hatte vielleicht etwas der Art in ihrem Betragen gelegen? Obwohl dieses aufs höchste sittsam, zart und fein gewesen war, in ihm wollte Herbert dennoch ein gewisses Etwas gefunden haben, das ihm stets im Gedächtnis verblieben war. Hierauf allein gründete sich unzweifelhaft die angenehme Einbildung, der er nachzuhängen liebte.

Allein nicht lange erfreute ihn eine so süße Erinnerung, sie war doch zu flüchtig gewesen, um die Probe eine längere Zeit aushalten zu können. Auch erreichten ihn täglich Gerüchte von den Freudenfesten und Lustbarkeit zu Willkommenberg. Ganz besonders kam ihm das Einverständnis seiner Cousine Käthchen mit dem neuen Genossen, dem Herrn Smythje zu Ohren.

Die Wirkung solcher Nachrichten war ein allmähliches, wenn auch schmerzliches Erlöschen aller früher von Herbert gepflegten Hoffnungen.

Unter diesen Umständen, in die ihn der Zufall gebracht hatte, war das Aufgehen früherer Hoffnungen jedenfalls weniger qualvoll. War doch eine Schönheit von nicht gewöhnlichem Glanz, die ihn mit ganz besonders anziehenden Blicken und freundlichem Lächeln überschütten, nun an seiner Seite, und zwar beständig an seiner Seite.

Wären ihm solche Blicke und solch ein holdes Lächeln nur einen Tag früher zuteilgeworden, bevor das Bild Käthchen Vaughans Eindruck auf ihn gemacht hatte, er hätte sich ihren Einflüssen wahrscheinlich bereitwillig gänzlich hingegeben. Und hätte er dagegen nur ahnen können, wie sein Bild ihr Herz getroffen und sich darin festgesetzt, er würde sicher den bezaubernden, sich ihm aufdrängenden Neigungen einen stärkeren Widerstand entgegengesetzt haben.

Aber liebende Herzen sind keineswegs von Glas, und wenn sie auch zu Zeiten Spiegeln gleichen, die sich ihre geistigere Bilder einander zurückwerfen. Dennoch werden diese Spiegel oftmals durch fortgesetzte Widerwärtigkeiten umgekehrt, mit dem Rücken einander zugewandt, und die sich früher einander bespiegelnden Bilder verblassen vollständig.

Dies war der Fall mit Herbert Vaughans Herzen. Kein Wunder deshalb, dass weder er selbst noch sonst jemand es richtig zu verstehen vermochte.

Käthchen Vaughan war hierbei durchaus nicht in Unwissenheit über die äußeren Begebenheiten. Ihr Mädchen Yola machte sie mit allem vollständig bekannt. Durch sie hatte sie auch von Herberts wahrem Aufenthalt, von seinem Glück und seinem Wohlergehen gehört. Diese Nachricht würde ihr große Freude verursacht haben, aber leider hatte sie gehört, er sei zu glücklich! Sonderbar genug, dass dies jetzt Veranlassung zum Kummer geben sollte.

Fast in gleicher Lage wie Herberts Herz befand sich auch das seiner Cousine, obwohl dieses viel leichter zu verstehen war, denn es klopfte und zitterte lediglich unter der Einwirkung einer ersten jungfräulichen Liebe.

Ihr hatten sich zu gleicher Zeit zwei Gestalten dargeboten, beide in der Blüte jugendlicher Männlichkeit – der eine ein unabhängiger, vom Glück begünstigter – der andere ein armer, vom Missgeschick verfolgter Abenteurer.

Der Erste von ihnen hatte noch den nicht unbeträchtlichen Vorteil, früher eingeführt zu sein, der andere war eigentlich gar nicht eingeführt worden. Allein der äußerlich Begünstigte gewinnt keineswegs immer, der Früheste beim Wettlauf mag am Ziel zuletzt ankommen, und obwohl das Herz der jungen Kreolin auf seinem reinen, nicht entweihten Grund das Bild der Liebe sogleich beim ersten Anblick in sich schloss, so war es doch nicht das Bild desjenigen, der zuerst gekommen war.

Alle die hierauf folgenden, sich jagenden und kreuzenden Gedanken – alle die Hoffnungen und Befürchtungen – alle die trüben Zweifel bei Tag und bei Nacht – alle die oft trügerisch glänzenden Träume – alles dies bedarf keiner umständlichen Beschreibung.

Es gibt wohl keinen, der nicht eine erste Liebe gekannt, und gewiss sehr wenige, die nicht deren verschiedenartig abwechselnde Gefühlsaufregung empfunden haben.

Sogar der durch die Kühle seiner Gefühle für andere bevorzugte Smythje war nicht immer in derselben gleichen Stimmung. Auch er wurde abwechselnd von Hoffnungen als auch von Befürchtungen beunruhigt. Die ersten herrschten aber jedenfalls vor, und meistenteils erfüllte ihn die stolze Zuversicht eines unwiderstehlichen Eroberers. Oftmals, wenn Thoms allein ihm zuhörte, wiederholte Smythje vor seinem Spiegel mit triumphierendem Frohlocken den etwas ruhmredigen Spruch Cäsars: »Veni, vidi, vici!« – »Ich kam, sah und siegte!«