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Slatermans Westernkurier 02/2016

Colorado-Round-up-on-the-CimarronAuf ein Wort Stranger, es wird Frühling und damit wieder Zeit für ein Round Up.

Round Up?

Spätestens jetzt wird sich mancher fragen, wer oder was zum Teufel ist das?

Die Erklärung ist ziemlich einfach, jedenfalls für jemanden, der sich für den Wilden Westen und in diesem speziellen Fall für Cowboys, ihre Arbeit und ihr Leben fernab jeglicher Lagerfeuerromantik interessiert.

Für alle anderen gibt es Gott sei Dank Slatermans Westernkurier. Eine Kolumne, die sich im Laufe der Jahre durch Dutzende von Beiträgen inzwischen zu einem Nachschlagewerk der amerikanischen Pioniergeschichte gemausert hat, das seinesgleichen sucht.

 

***

 

Round Up heißt frei übersetzt soviel wie der Zusammentrieb einer oder mehrerer Rinderherden auf offenem Gebiet.

Das Ganze war ein ziemliches Spektakel und fand damals einmal im Jahr im Frühling, zwischen März und April und einmal im Herbst, zwischen September und Oktober statt, wobei die Dauer eines solchen Round Up stark von der Größe der Herde und der Beschaffenheit des Landes abhing. Die Gründe für das Round Up waren dabei ebenso vielfältig wie die Arbeit der Männer, die daran teilnahmen.

Zunächst einmal wollte sich der Rancher einen genauen Überblick über die Gesamtzahl seiner Herde machen und damit im Vergleich zum Vorjahr feststellen, wie sich ihr Wachstum entwickelt hatte. Denn entgegen vielen anders lautenden Meinungen war damals kein Geschäft so sicher und gewinnbringend wie die Rinderzucht im Wilden Westen.

Daneben konnte man durch das Round Up den Zuwachs an Stier- und Rinderkälbern sowie das Verhältnis von Stieren zu Mutterkühen feststellen. Mit der Zählung einhergehend sortierte man auch Mavericks aus, trieb sie zum Brandplatz und erfasste zugelaufene, fremde Rinder, die man wieder ihrem Eigentümer übergab. Gleichzeitig wurden dabei die Rinder in jene unterteilt, die im Sommer nach Dodge City, Wichita oder Abilene getrieben werden sollten, um sie dort an die Schlachthöfe im Osten zu verkaufen, in jene, die auf der Heimatweide zum Abholverkauf bereitgestellt werden mussten und in diejenigen, die zur Zucht und zum Erhalt der Stammherde benötigt wurden.

Ein weiterer, gewichtiger Grund des Round Up war vor allem das Aufstöbern von Rinderrudeln, die auf den offenen Weiden im Laufe der Zeit von der Hauptherde abgewandert waren und sich in versteckten Schluchten oder im Unterholz eines Wäldchens heimisch gemacht hatten.

Ebenso diente das Round Up zur Feststellung von besonders durch Raubtiere gefährdeten Weidegründen und dem Erkennen von Viehdiebstählen durch Indianer oder weißen Banditen. Eine Vielzahl an Arbeiten also, die nur von Männern verrichtet werden konnte, die genauso zäh und hart wie das Land waren.

 

***

 

Eine solche Round Up Mannschaft wurde vom Round Up Boss oder dem Round Up Captain geleitet, der seine Männer ihren Fähigkeiten entsprechend einteilte.

Da gab es zunächst die Kreisreiter, welche die Aufgaben hatten, in Gruppen zu jeweils zweien vom vorher ausgewählten Round Up Camp her die Hauptherde durch das Reiten immer enger werdender Kreise allmählich auf einem großen Platz nahe dem Brandplatz zu konzentrieren, auf dem zumeist mehrere Feuer brannten. Dort übergaben die Cutters (Aussonderer) den Ropers (Seilfänger) die Mavericks und Kälber, worauf diese die Tiere mit Wurfschlingen einfingen und zu den Brandfeuern brachten. An den Feuern wiederum wurden die Tiere von den Rastlers (Werfern) gepackt, umgeworfen und solange am Boden gehalten, bis der Bränder mit dem Brandstempel das Brandzeichen in die Haut des Tieres gebrannt hatte. Danach war es die Aufgabe des Markers, dem Tier die Ohr und Messermarkierungen anzubringen und es gegebenenfalls auch zu kastrieren.

Das mag sich vielleicht für einige furchtbar grausam anhören, pardon, lesen, aber es war damals für die Rancher und auch deren Männer beinahe lebensnotwendig.

Der Cowboy Harold McCracken sagte 1877 dazu: »Die Longhorn der freien Weide lassen sich nicht mit den zahmen Rindern der Siedler und Farmer vergleichen. Sie sind schlank, drahtig, wieselflink, kämpferisch und so gefährlich, dass ihnen selbst Wölfe und Pumas aus dem Weg gehen. Ein Stier, der nicht mindestens ein Rudel von 200 Kühen als Pascha sein eigen nennt, ist nur unter Lebensgefahr zu bändigen. Die Geburtsraten von Stierkälbern ist unter den freilebenden Rindern so hoch, dass sie, einmal in der Herde einverleibt, durch ihre große Anzahl ständig aufeinander losgehen würden und versuchen, sich umzubringen. Eine Herde mit zu vielen Stieren ist wie ein Sack voll wütender Hornissen.«

Übrigens nennt man das Ergebnis der Kastration auch Prairie Oysters (Prärieauster).

Es handelt sich hierbei aber nicht, wie unschwer zu erkennen ist, um jenes bekannte Rezept aus Tomatensaft, Chili, Eigelb und Ingwer, das angeblich den morgendlichen Kater vertreiben kann, sondern um die Stierhoden, die in Salzwasser eingelegt, gehäutet und danach paniert und gebraten werden – im Westen bis in unsere Tage hinein eine Delikatesse. In Europa ist dieses Gericht ebenfalls bekannt, allerdings kommt man heute nur noch in Spanien, Frankreich, Tschechien und Österreich in diesen Genuss.

Dort werden sie entweder wie panierte Schnitzel zubereitet, in Tomatensauce geschmort oder als Ragout in Sahnesauce mit Salat serviert. Doch genug davon, wenden wir uns wieder dem eigentlichen Thema zu.

 

***

 

Nachdem das Tier gebrändet, markiert und meistens auch kastriert ist, bringt es der Cutter an einen anderen Platz, wo die Flankers mit ihren Pferden einen beweglichen, weiten Trichter bilden, durch den die Tiere langsam getrieben werden. Dabei wird jedes einzelne Rind gezählt und dem Alter und Geschlecht entsprechend in einer Liste erfasst.

Die Round Up Mannschaft wird durch die Wrangler komplettiert, die für die Bewachung und Betreuung der Pferderemuda zuständig waren, durch den Cookie, den Mannschaftskoch, und im Norden durch den Kutscher des Hoodlum-Wagens, in dem man Bettrollen und Schlafzelte mitführte, auf die man im Süden aufgrund des wärmeren Klimas verzichten konnte.

Zum Abschluss wäre noch erwähnenswert, dass die Sache mit dem Brandmarken gar nicht so einfach war. Das heiße Brandeisen auf das Fell des Tieres zu drücken, umfasste nur ein Bruchteil der eigentlichen Arbeit. Ohne Spaß, das Bränden war eine Wissenschaft für sich, die selbst Cowboys nicht immer beherrschten. Aber davon mehr in einer der nächsten Kolumnen.

In diesem Sinne,

euer Slaterman

Quellenangaben:

  • H.J. Stammel: Der Cowboy, Legende und Wirklichkeit von A bis Z. Bertelsmann Verlag. ISBN 3570054381
  • Libary of Congress

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