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Wolf Schreiner – Beichtgeheimnis

Wolf-Schreiner-BeichtgeheimnisWolf Schreiner – Beichtgeheimnis

Pfarrer Baltasar Senner ist ganz zufrieden mit seinem Leben als Gemeindepfarrer im Bayerischen Wald. Er veranstaltet Gottesdienste und Beerdigungen, Bibelkreise und nimmt die Beichte ab. Bei seinen Bibelgesprächen trifft er sich mit den Frauen der Honoratioren des Dorfes, erfährt bei deren Klatsch Wissenswertes und weniger Wissenswertes und kann obendrein noch Kuchen, Kaffee, Wein, Sekt und andere Leckereien genießen. Außerdem ordert er Weihrauch in allen Variationen von Lieferanten aus dem In- und Ausland und treibt damit sogar im kleineren Rahmen Handel. Auch er selbst genießt in seiner Kirche und privat die aromatischen Düfte dieser Kräuter.

Weiteren Genuss bereitet dem Pfarrer das Essen bei der hübschen Frau Stowasser im Restaurant Einkehr, die mit diversen Geschmacksrichtungen gekonnt experimentiert und ihren Gästen immer neue Gerichte anbietet. Nicht nur die leiblichen Genüsse, die die anmutige Wirtin zu bieten hat, sondern auch ihre weiblichen Reize wecken dabei das Interesse des Gottesmannes, obwohl seine Kirche den Kontakt ihres Personals mit dem weiblichen Geschlecht mit Argwohn betrachtet und die Liebe eines Pfarrers mit Frauen gänzlich verbietet.

Als Pfarrer Senner zum Bischof in der nahen Stadt beordert wird, möchte er mit diesem gern über sein Lieblingsprojekt sprechen, einen Treffpunkt für die Dorfjugend in einem Haus, das die Kirche dafür anmieten soll. Ferner möchte er, dass der Bischof ihm endlich eine Haushälterin zubilligt. Sein Vorgesetzter allerdings hat ihn wegen eines anderen Themas zu sich beordert. Er hat durch eine Denunziantin, die Senner nicht kennt, erfahren, dass der Pfarrer eine katholische Frau und einen evangelischen Mann in seiner Kirche trauen will und wünscht, dass er den Mann zuvor zwingt, zum katholischen Glauben zu konvertieren. Dies lehnt Senner ab, ohne es dem Bischof zu sagen. Da es sich dabei um seine Entscheidung handelt, beschließt er, die Trauung vorzunehmen, ohne dem Wunsch des Bischofs zu entsprechen.

Eine Haushälterin namens Teresa, eine Polin, stellt sich später bei Senner vor. Sie ist zwar recht fleißig, aber sie kocht sehr schlecht und besteht trotzdem sehr energisch darauf, dass der Pfarrer ihre Speisen verzehrt. Als sie ihn dabei erwischt, dass er bei Frau Stowasser in der Einkehr isst, nachdem er ihr gesagt hat, er könne gerade kein Essen zu sich nehmen, will sie fast kündigen, was er gerade noch verhindern kann.

Aber dieses beschauliche Leben des Pfarrers, in dem Dinge wie die, die um die Haushälterin herum geschehen, noch die Highlights sind, gerät aus den Fugen, als ihm eine Frau, die ihr Gesicht und ihre richtige Stimme geschickt verbirgt, beichtet, dass sie verschiedenen Menschen aus dem Ort den Tod wünscht und diese dann auch noch auf rätselhafte Weise ums Leben kommen. Was nur soll Senner unternehmen?

Die Polizei ist offensichtlich zu dumm, um die Mordfälle zu lösen und verdächtigt zunächst sogar ihn selbst. Und da gibt es immerhin noch das Beichtgeheimnis. Eine verzwickte Situation, in welcher der Pfarrer sich befindet. Mit der Hilfe seines Freundes Philipp Vallerot, den der Bischof gar nicht schätzt, weil er Atheist ist, und mit dem er seine Vorliebe für Rockmusik teilt, macht Senner sich schließlich selbst auf die Suche nach der geheimnisvollen Frau und den Gründen für die Morde.

 

Der Autor beschreibt seinen Hauptcharakter, Pfarrer Baltasar Senner, sehr intensiv und psychologisch treffend. Er zeichnet ihn als sehr sympathisch und sehr kritisch im Umgang mit den Prinzipien der konservativen Kreise der katholischen Kirche, wobei er selbst in puncto Menschlichkeit und Nächstenliebe durchaus ein Vorbild für andere sein kann.

Auch die anderen Figuren, fast durchweg Menschen aus Senners Gemeinde, sind sehr treffend beschrieben, und das Leben in einem Dorf im Bayerischen Wald wird für den Leser transparent. Dabei bleibt der Autor glaubwürdig bis ins Detail. Selbst die Raufereien beim Leichenschmaus in einer Gastwirtschaft nimmt man ihm ohne Weiteres ab.

Einzig die Polizei kommt in diesem Roman gar nicht gut weg, wie es allerdings bei Krimis, in welchen ein katholischer Pfarrer ermittelt, meistens der Fall ist. Man denke nur an die Geschichten um Pfarrer Braun, der den ermittelnden Beamten geistig immer turmhoch überlegen ist. Dennoch erscheint mir die beschriebene Dummheit der Polizeibeamten in all diesen Fällen, also auch im vorliegenden Buch, als unglaubwürdig. Etwas mehr Verstand dürfte Ermittlern der Mordkommission im wahren Leben denn doch zuzutrauen sein.

Fazit:
Wolf Schreiner legt mit Beichtgeheimnis einen bis zum Schluss spannenden Krimi vor und beschreibt den ermittelnden Pfarrer und die Charaktere, mit denen dieser zu tun hat, psychologisch glaubwürdig. Einzig die Polizisten kommen in dieser Geschichte ein bisschen zu schlecht weg, wobei der Autor natürlich in diesem Punkt ein wenig witzig sein will, wie die Vorbilder aus der Literatur und dem Fernsehen.

Summa summarum ist der Roman jedoch grundsätzlich lesenswert, und er sei nicht nur dem Leser empfohlen, der sich für Pfarrer der katholischen Kirche und den Bayerischen Wald interessiert, da er psychologisch doch eine ganze Menge zu bieten hat.

Wolf-SchreinerDer Autor:

Wolf Schreiner ist 1958 in Nürnberg geboren und wuchs in Oberbayern nahe Altötting auf. In München studierte er Politik, Volkswirtschaft und Kommunikationswissenschaft. Bevor er mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann, arbeitete er als Journalist für Zeitschriften, den Rundfunk und das Fernsehen.

Heute lebt der Autor in München und hat einige Regionalkrimis aus dem Bayerischen Wald veröffentlicht, die um die Figur des katholischen Pfarrers Baltasar Senner kreisen.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House GmbH.
  • Foto des Autors. © Wolf Schreiner. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House GmbH.

(ww)