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Schwäbische Sagen 14

Schwäbische-Sagen

Breithut
Eine mündlich aus Wiesensteig und Gosbach

Nach Wiesensteig im Filstal kommt in den Adventsnächten ein Mann auf einem Wagen gefahren, der mit vier schwarzen, kopflosen Rappen bespannt ist. Zuweilen soll er auch mit vier Schimmeln fahren. Er kommt aus der Blaubeurer Herrschaft, nimmt seinen Weg durch Hohenstadt und fährt dann das Tal herab und jagt durch Wiesensteig , indem er beständig mit der Peitsche knallt. Einige sagen, er fahre bald in der Luft, bald auf der Erde und rufe den Leuten zu, aus dem Weg zu gehen.

Als Wiesensteig noch Tore hatte, zog er jedes Mal, wenn er durchfahren wollte, an der Glocke. Sobald aber der Torwart aufmachte, war Breithut schon in der Stadt und jagte knallend ans andere Tor, wo er es dann ebenso machte.
Wegen des breitrandigen Lederhutes (Schlapphutes), den er trägt, heißt er allgemein der »Breithut«, und ist unter diesem Namen auch in den benachbarten Orten, in Gosbach, Drachenstein, Machtolsheim und sonst bekannt.
Breithut soll ein vornehmer Herr gewesen sein, der in der Nähe von Wiesensteig ein Schloss hatte und durch Betrug viele Ländereien an sich brachte, wofür er jetzt noch immer geistweis umgehen muss. Doch tut er niemanden etwas zuleide.
Die Wiesensteiger haben vor mehreren Jahren einmal in der Fastnacht den »Breithut« dargestellt und hatten dazu namentlich einen mächtigen Hut gemacht, der hatte einen Rand, größer als ein großer, ausgespannter Regenschirm.


Der ewige Fuhrmann
Eine mündliche Überlieferung aus Tettnang

In Tettnang und der Umgegend hörte man sonst von Martini bis nach Weihnachten den »ewigen Fuhrmann« in der Luft fahren, indem er beständig »hoho!« rief. Er kam von Wangen her und fuhr laufend über Tettnang hin nach Mariabrunn. Jetzt achtet man wenig mehr darauf.


Der Eintöffeler
Eine mündliche Überlieferung aus Kusterdingen

Im Kusterdinger Wald bei Tübingen reitet auf einem hohen Schimmel ein gespenstischer Mann, der ist immer barfuß an sinem Fuß und trägt an dem anderen einen Pantoffel, deshalb wird er der »Eintöffeler« genannt. Er erscheint oft ohne Kopf und trägt ihn unter dem Arm. Oft sitzt der Kopf wieder auf dem Rumpf, und dann schwingt er wohl einen langhaarigen Hut in der Hand. Der Eintöffeler zeigt sich immer ganz plötzlich und ist dann ebenso schnell wieder wie im Fluge verschwunden.


Der Fuchseckschäfer
Eine mündliche Überlieferung aus Schlat

Ein hoher Vorsprung der schwäbischen Alb mit weiter, schöner Aussicht, zwischen den Dörfern Schlat und Ganslosen gelegen, heißt »Fuchseck«. An die obere Kuppe dieses Berges lehnt sich der Fuchseckhof. Auf diesem Hof lebte in alten Zeiten einmal ein Schäfer, der konnte seine Schafe in »Mucken« (Fliegen) verwandeln und ließ diese dann in die Ebene von Schlat herabstiegen, dass sie daselbst die Felder und Wiesen abweideten.
Zur Strafe dafür muss dieser Schäfer seit vielen hundert Jahren noch immer schweben. Man sieht ihn alljährlich um Bartholomäi, oft acht Tage lang, auf Fuchseck und auf den Wiesen von Schlat mit einer Herde von 500 bis 600 Schafen. Er steht dann da im weißen Zwillichkittel und hat einen dreieckigen Bauernhut auf. Ein weißer Hund mit schwarzem Kopf sitzt neben ihm. Das ist der alte »Fuchseckschäfer«, den jedermann in Schlat kennt und schon oft gesehen hat. Geht man aber zu den Schafen näher hin, so sind es lauter »Mucken« vor denen man sich kaum verbergen kann.
So sagte einmal ein Bauer zu einem Gassenbuben, als eben der Fuchseckschäfer mit Hund und Herde sich wieder sehen ließ: »Lauf doch hinauf und hol mir ein Schaf da herunter!«
Und als nun der Bube hinsprang, drangen ganze Schwärme von »Mucken« auf ihn ein, sodass er eilig zurücklief und recht tüchtig ausgelacht wurde.


Der Haalgeist
Eine mündliche Überlieferung aus Hall

In Schwäbisch-Hall gibt es einen Geist, den man nach dem Salzbrunnen oder »Haal«, wo er umgeht, allgemein den Haalgeist (»Hoolgaascht«) nennt. Er ist ein alter Salzsieder und zeigt sich immer drei bis vier Tage vor einer Überschwemmung, trägt eine Laterne in der Hand und schreitet vom Kocher her auf die untere Stadt zu, indem er beständig mit lauter Stimme ruft: »Raumt aus! Raumt aus!«
So weit er aber vorwärts geht, so weit tritt jedes Mal in den nächsten Tagen der Kocherfluss aus. Dieser Geist, den man auch im Kocher patschern hört, ist schon öfters bis in die Stadt gekommen, worauf die Leute Keller und Häuser ausgeräumt und durch den Erfolg bestätigt gefunden haben, dass der Haalgeist genau die Ausdehnung einer Überschwemmung anzeigt. Auch will man ihn schon vor einer Feuersbrunst gesehen und gehört haben.
Der Haalgeist, den man auch wohl »Ododele« nennt, tut niemanden etwas, der ihn ruhig gehen lässt. Ruft man ihn aber aus Fürwitz herbei, so zeigt er sich in einer erschreckenden Gestalt, zum Beispiel als schwarzer Pudel oder als zottiges Kalb mit fenstergroßen, feurigen Augen, dass die Menschen sich entsetzen und krank werden. Ganz schlimm ergeht es einem, der es wagt, ihn zu necken. So wollte einmal ein Nachtwächter, namens »Popi«, den Haalgeist »vexieren« , wurde dafür aber von ihm bei der Henkersbrücke in den Kocher geworfen und ertrank.


Der Teufel in Schwäbisch-Hall
Eine mündliche Überlieferung aus Hall

Während ein Salzsieder in Hall einmal bei Nacht siedete, erschien ihm der Teufel und steckte durch einen Spalt in der Wand des Haalhauses seine gewaltig lange Nase und sagte zum Sieder: »Ist dees nit a Noose?«
Der Sieder darauf nicht faul, füllte sogleich ein Gefäß mit siedenem Wasser und schüttete dies dem Teufel auf die Nase und sprach: »Ist dees nit a Guuß?«
Worauf der Teufel den Salzsieder packte und ihn über den Kocher auf den Gänsberg warf und hinwiederum fragte: »Ist dees nit a Wuuref?«
Das alte Halles oder Siedhaus, in welchem dies geschehen, hieß daher bis auf die neueste Zeit das »Geisterhalles«. Es stand hinter dem Schulhaus, da wo jetzt ein kleiner Garten angelegt worden war. Übrigens sagen einige, dieser Geist, der den groben Sieder über den Kocher geworfen hat, sei nicht der Teufel, sondern der bekannte Haalgeist gewesen.


Der Altvater
Eine mündliche Überlieferung aus Kalmbach

An der alten Straße von Kalw nach Kalmbach, eine Stunde vor Kalmbach, liegt im Wald ein großer langer Felsblock, den man »Altpater« (Großvater) nennt. Der Berg, auf welchem er liegt, heißt Kelbling. Hier ruht man gewöhnlich auf einer Bank. Früher sagte man, wenn man sein Ohr dran halte, könne man eine Biene (»Imme«) in dem Altvater summen hören. Horchte dann jemand hin, so stieß man ihm gewöhnlich den Kopf auf den Siein.


Der Pimperlesstein
Eine mündliche Überlieferung aus Lorch

Zwischen Lorch und Pfahlbronn ragt im Wald eine felsige Bergkappe hervor, deren oberste Spitze eine weite Aussicht gewährt.
Dieser mächtige Stein heißt der »Pimperlesstein«. Der soll sich, wie man sagt, allmählich herumdrehen.
Die Teufelsmauer oder der Pfahlgraben führt nahe an diesem Platz vorbei.


Der Kappelgeist
Eine müdliche Überlieferung aus Walddorf und Altenriet

Von Gniebel her kommt ost ein Geist in verschiedenen Tiergestalten nach Walddorf und wird der »Kappelgeist« genannt. Er kommt als Schwein, als Ochse, als Pudel, als Fohlen, und legt sich, wenn er im Herbst erscheint, den Mädchen gern unter die Hanfbrache, was immer ein gutes Jahr andeuten soll. Einst, da er sich als Ochse zeigte, führte ihn ein Bauer in seinen Stall und band ihn daselbst fest an. Am anderen Morgen aber war er spurlos verschwunden.


Der Junker auf der Kochenburg
Eine mündliche Überlieferung aus Unterkochen

Auf der Kochenburg bei Unterkochen, von der nur wenige Trümmer noch zu sehen sind, lebte in alten Zeiten ein wilder Junker, der war ein so großer Liebhaber der Jagd, dass er oftmals die Bauern von Unterkochen aus der Kirche holen ließ und sie zwang, ihm jagen zu helfen. Dafür muss er schon seit vielen hundert Jahren geistweis umgehen. Er fährt mit zwei feurigen Pferden von der Kochenburg herab durch die Mühle im Tal und dann um die Kirche herum, worauf er wieder zum Schloss zurückkehrt. Seinen Wagen begleiten bellende Hunde und er selbst ruft beständig »hoho!«
Oft hat er auch sein ganzes Jagdgefolge bei sich, das wild Heer oder »wild Gejäg.« Indes hat man schon seit längerer Zeit nichts mehr von ihm gehört.
In dem abgebrochenen Keller der Kochenburg sollen noch große Schätze verborgen sein, die ein schwarzer Pudel hütet.