Ausschreibung
Sternenlicht-Anthologie

Download-Tipp
Band 6

Heftroman der Woche

Archive
Folgt uns auch auf

Schwäbische Sagen 13

Schwäbische-Sagen

Das Getemännle
Eine mündliche Überlieferung aus Tettnang

An der Westgrenze des Oberamtes Tettnang liegt der Gerenberg. Am Fuß dieses Berges, in der Nähe von Hefigkofen, befindet sich das Geremännlesloch, darin das Geremännle wohnt. In diesem Loch soll auch ein Schatz verborgen sein. Eine große »Krott« sitzt auf einer Truhe und hütet ihn. Wer aber die Krott fortjagen kann, der hebt den Schatz.

Andere sagen, das Geremännle selbst sitze auf einer Kiste und harre auf Erlösung. Die werde erfolgen, sobald ihm jemand die Kiste unter dem Leib fortziehen könne. So viel ist gewiss, dass schon einmal jemand das Geremännle erlösen wollte. Allein so wie er an der Kiste zog, wurde sie immer schwerer und das Geremännle so groß und furchtbar, dass der Mann, obwohl er sonst beherzt war, Angst bekam und davon lief.

Indes sagt man noch, dass ein Müller aus der Nachbarschaft einstmals gebeichtet hatte, dann in das Geremännlesloch gegangen und nachher plötzlich sehr reich geworden sei. Wahrscheinlich ist diesem die Erlösung gelungen.


Der Hafersäer
Eine mündliche Überlieferung aus Rotenberg

In dem Dorf Ehlenbogen, zwischen Loßburg und Alpirsbach, befand sich früher in einem Haus ein Geist, den man den »Hafersäer« nannte, weil er bei Tage oft im Zimmer ein Geräusch machte, als ob eine Handvoll Hafer an die Wand geworfen würde. Des Nachts band dieser Geist oftmals das Vieh los und quälte die Knechte, indem er ihnen die Decke wegzog oder sich ihnen auf den Hals legte, dass sie kaum atmen konnten und fast ersticken mussten.

Den Weibsleuten dagegen tat er nie etwas zu Leide.


Das niesende Waldmännle
Eine mündliche Überlieferung aus Bühl

Einige Bauern aus Bühl gingen einmal nach Dußlingen durch den Wald. Während sie mit einander sprachen, hörten sie in der Nähe ein Wimmern, achteten aber nicht darauf und gingen weiter. Bald darauf hat jemand im Walde »genossen« (geniest).

»Helf dir Gott!«, riefen sie ihm zu.

Da nieste es noch einmal.

»Helf dir Gott!«, riefen sie wieder.

Als es aber zum dritten Mal nieste, sagten sie unwillig: »Ei, so geh zum Teufel!«

»Ich glaube, da will uns einer zum Besten haben«, sagte ein anderer.

Alsbald aber trat ein kleines Männlein hervor, jammerte und sprach: »Ach, hättet ihr zum dritten Male ›Helf dir Gott!‹ gesagt, so wäre ich erlöst gewesen. Nun aber muss ich warten, bis eine Eichel vom Baum fällt und aus der Eichel ein Baum wächst und aus dem Baum Bretter geschnitten werden und aus den Brettern eine Wiege gemacht wird. Das Kind, das in diese Wiege zu liegen kommt, das kann mich dann erst erlösen.«


Dies hat Huonzel getan
Eine mündliche Überlieferung aus Bühlertann

Bei Bühlertann hielt sich ehedem ein Geist auf, den man »Huonzel« oder »Kuonzel«, d. i. Konradle, nannte. Derselbe spukte besonders im Hirtengarten. Da hatten sich einmal mehrere Burschen in einem Gartenhaus zusammengesetzt und spielten Karten. Einer aber, der ein mutwilliger Knabe war, spielte nicht mit und ging indes hinaus und befestigte eine Nadel an einem Stecken, öffnete dann die Gartentür ein wenig und stach mit der Nadel die Spieler, indem er jedes Mal sagte: Das hat Huonzel getan.« Nachher begab er sich wieder zu seinen Kameraden. Als diese ausgespielt hatten, gingen sie unangefochten zur Tür hinaus. Jener Stupfer aber war zufällig der Letzte. Wie der heraustrat, packte ihn mit einem Mal Huonzel, zog ihm im Nu die Haut über die Ohren, dass er mausetot war, und breitete sie über das Dach des Gartenhauses aus. Dann schrieb er mit einem seiner Finger auf die Haut: »Dies hat Huonzel getan.«


Das Hardtmännle
Eine mündliche Überlieferung aus Mittelstadt

Zwischen Mittelstadt und Neckartenzlingen liegt ein kleiner Wald, den man »Hardt« nennt, darin haust ein kleines Männlein, trägt einen runden Hut und grünen Rock und erschreckt die Leute. Zuweilen hackt es Holz im Wald, dass man es bald hier, bald dort hört. Auch hat es sich schon als Licht gezeigt und war so durchsichtig, dass man alle Rippen an seinem Leib zählen konnte. Es war, als ob ein Licht in ihm brenne. Andere haben es auch schon auf dem Rasen am Weg sitzen sehen. Man nennt es gewöhnlich nach seinem Aufenthaltsort nur »das Hardtmännle« und scheucht die Kinder damit.


Den Trilpetritsch jagen
1.
Eine mündliche Überlieferung aus Friedingen a. d. D. und aus Tettnang

In Spinnstuben, wenn mutwillige Burschen und Mädchen zusammen sind, veranlasst man wohl einen recht dummen Menschen, den Trilpetritsch zu fangen. Er wird während der Dunkelheit mit einem Sack ins Freie geführt und vor ein Erdloch oder eine enge Gasse hingestellt, um den Trilpetritsch, den die übrigen jagen wollen, in seinen Sack aufzufangen. Dabei muss er aber ganz still sein. Während er nun mit geöffnetem Sack an seinem Platz steht und die anderen tun, als ob sie den Trilpetritsch hineintreiben wollen, schleichen sie sich auf einem Umweg wieder ins Haus zurück und lassen den Dummen so lange draußen stehen, bis er selbst merkt, dass man ihn nur zum Besten gehabt. Nachher wird er noch lange ausgelacht und heißt der Trilpetritsch.

Gewöhnlich führt man dies Jagen des Trilpetritsch nur bei strenger Winterkälte auf, sodass der Angeführte recht frieren muss. Auch kommt es vor, dass man dem Sackhalter, wenn er lang dagestanden hat, von hinten Wasser über den Kopf gießt. Was für ein Wesen man sich unter dem Trilpetritsch bestimmter vorgestellt hatte, wusste niemand mehr zu sagen.

Einmal, erzählt man, sei in der Nähe von Friedingen einem solchen Burschen, der vor einer alten Fuchsgrube stand, ein Hase in den Sack gesprungen, worauf er ganz vergnügt ins Haus gelaufen war und gesagt hatte. er habe den Trilpetritsch gefangen. Und dann habe er zu allgemeinem Schrecken den Hasen in der Stube losgelassen.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Meratzhofen

In Leutkirch und Meratzhofen sagt man: den Drallepatsch jagen. Damit verhält es sich so. Wer beim Spiel einen Fehler macht, der wird später von den übrigen Spielern, die zwei Reihen bilden, mit geknoteten Tüchern geschlagen, indem er bestimmte Male durch diese Reihen auf- und ablaufen muss. Und das nennt man »den Drallepatsch jagen.« Auch sonst bezeichnet Drallepatsch wie Trilpetritsch und Elbertrötsch einen dummen, ungeschickten, plumpen Menschen.


Den Elbertrötsch jagen
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Wenn die Mädchen in der »Lichtkarz« zuweilen eine ganze Nacht durchspinnen, so kommt es wohl vor, dass eine oder die andere den Vorschlag macht, den Elbertrötsch zu jagen. Dazu nimmt man die dümmste, führt sie mit einem Sack, den sie geöffnet halten muss, in einen abgelegenen Winkel, damit sie den Elbertrötsch fangen soll. Die übrigen sagen, sie wollten ihn jagen, und schleichen sich dann auf einem Umweg in die Spinnstube zurück. Wenn die Dumme dann endlich auch wieder in die Stube tritt und sich beschwert, dass man sie solange habe stehen und frieren lassen, und dass sie sich so gefürchtet habe, dann will das Gelächter und der Spott kein Ende nehmen und das Mädchen bekommt den Namen Elbertrötsch. Eine alte Frau erzählte, so habe man es in ihrer Jugend gemacht.

Heute kommt der Scherz fast gar nicht mehr vor.


Irreführende Geister
1.
Eine mündliche Überlieferung aus Rotenburg

Im Winter 1846 fuhr ein Mann aus Rotenburg Dünger auf seinen Acker, der etwa eine halbe Stunde von Rotenburg entfernt lag, in der Richtung nach Hirschau zu. Als er aber heimfahren wollte, so führte ein fremdes kleines Männlein seinen Wagen hin und her, und wie er auch fluchen und drohen und sich anstrengen mochte, es half ihm nichts, er musste nachgeben. So kam er erst am anderen Morgen um fünf Uhr in Rotenburg wieder an, wo er nachmittags zuvor um vier Uhr ausgefahren war.

Überhaupt wird man auf dem Weg zwischen Rotenburg und Hirschau häufig von Geistern irregeführt. Ein glaubwürdiger und des Wegs sehr wohl kundiger Mann aus Niedernau, der abends neun Uhr von Tübingen abging, konnte erst nachts um zwei Uhr nach Rotenburg kommen, obwohl er durchaus nüchtern war.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Neuhausen

Zwischen Wankheim und Jetenburg geht ein »Wiesengeist« um und führt die Leute irre. Ebenso gibt es eine halbe Stunde von katholisch Neuhausen eine Wiese, auf der sich ein Wiesgeist zeigt und die Menschen auf Irrwege führt. Einst sah ihn jemand als Licht und rief ihm zu:

Schäuble, Schäuble
Mach dich leicht!
Dass du bald
Bei mir seist!

Da gings im Nu, als ob hunderttausend Kutschen daher rasselten und er fuhr auf den Mann zu und würde ihn umgebracht haben, wenn nicht sein Begleiter durch Sprüche den Geist gebannt hätte.

3.

Auf dem Heuberg gibt es weibliche Geister, die nach den besonderen Teilen der Markung benannt werden und die Heimgehenden bei Nacht irreleiten. Dies sind zum Beispiel das Guotteret-Weible, das Buo-Weible, Beerentaler-Weible bei Böttingen und andere.

4.
Eine mündliche Überlieferung aus Sulz

Bei Sulz am Neckar hat man diese irreführenden Geister dadurch verscheucht, dass man Bäume an den Weg gepflanzt hatte. Das können sie nicht leiden und lassen seither die Menschen in Frieden ziehen.